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Konflikte

Autopsie: Floyd durch Polizeigewalt gestorben

2. Juni 2020

Eine Woche nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd ergibt die offizielle Autopsie, dass er durch polizeiliche Gewaltanwendung ums Leben kam. Zugleich legten Anwälte der Familie einen privaten Autopsiebericht vor.

USA Minneapolis Polizei |Tod eines Schwarzen Mannes
Bild: AFP/Facebook/Darnella Frazier

Ursache für den Tod des Afroamerikaners George Floyd vor einer Woche in Minneapolis sei ein Herz-Kreislauf-Stillstand infolge von "Druck auf den Nacken" während eines Polizeieinsatzes, heißt es in dem offiziellen Autopsiebericht, den das Hennepin County Medical Examiner's Office veröffentlichte. Als Todesart wurde "homicide" angegeben, was mit "Totschlag" oder "Tötungsdelikt" übersetzt werden kann. Zugleich wird in dem Autopsiebericht aber betont, dass es sich dabei nicht um eine rechtliche Einordnung von "Schuld oder Absicht" handele. Die Entscheidung darüber obliege der Justiz, nicht den Gerichtsmedizinern. Laut offizieller Obduktion war Floyd herzkrank und litt an Bluthochdruck. Außerdem sei bei ihm eine "Fentanylvergiftung" sowie eine kürzliche Einnahme von Methamphetaminen festgestellt worden.

Kurz zuvor war das Ergebnis einer Autopsie veröffentlicht worden, die Angehörige des 46-jährigen George Floyd in Auftrag gegeben hatten. Diese stellte "Erstickung durch anhaltenden Druck als Todesursache" fest. Druck auf Floyds Nacken habe die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen. Weiterer Druck auf Floyds Rücken habe eine Ausweitung der Lunge verhindert, sagte der Anwalt Ben Crump in Minneapolis. Der von der Familie beauftragte Mediziner Michael Baden wies unter anderem die behördlichen Angaben zu Vorerkrankungen der Herzkranzgefäße bei Floyd zurück. Er habe bei Floyd keine gesundheitlichen Probleme gefunden, die dessen Tod hätten herbeiführen können.

Polizist in Untersuchungshaft

Der 46-Jährige Floyd war festgenommen worden, weil er beschuldigt wurde, mit Falschgeld Zigaretten gekauft zu haben. Bei dem Polizeieinsatz hatte einer von vier beteiligten Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Alle Bitten des Afroamerikaners, ihn atmen zu lassen, ignorierte er. Die vier Polizisten wurden entlassen. Der weiße Ex-Polizist, der Floyd sein Knie in den Nacken drückte, ist wegen Totschlags angeklagt und befindet sich in Untersuchungshaft.

Baden sagte, es sei eine falsche Annahme der Polizei, dass man nicht sprechen könne, ohne zu atmen. In der Mitteilung der Anwälte hieß es, auch zwei weitere an dem Einsatz beteiligte Polizisten hätten zu Floyds Tod beigetragen, indem sie Druck auf dessen Rücken ausgeübt hätten. Der vierte Beteiligte sei ebenfalls haftbar, weil er nicht eingeschritten sei.

Ruf nach Gewaltverzicht

Anwalt Crump rief dazu auf, die Proteste wegen Floyds Tod fortzusetzen, die sich über das ganze Land ausgebreitet haben. Der Anwalt forderte aber zugleich einen Gewaltverzicht bei den Demonstrationen, von denen viele in Ausschreitungen und Plünderungen ausgeartet sind. Floyds vermutlich letzte Worte "Ich kann nicht atmen" sind nun der 'Schlachtruf' der Demonstranten.

Auch ein Bruder des Toten, Terrence Floyd, forderte ein Ende der Gewalt bei den Protesten. Die Demonstrationen müssten friedlich sein, sagte er bei einer Mahnwache für seinen Bruder in Minneapolis. George Floyd hätte keine Gewalt gewollt. Terrence Floyd rief dazu auf, wählen zu gehen. In den USA stehen im November Präsidentschaftswahlen an.

Inzwischen hat sich auch UN-Generalsekretär António Guterres in den Fall eingeschaltet. Über seinen Sprecher mahnte er Ermittlungen zur Polizeigewalt bei den Anti-Rassismus-Protesten in den USA an. Die Behörden müssten im Umgang mit Demonstranten zurückhaltend agieren, sagte Guterres' Sprecher Stéphane Dujarric in New York. In den vergangenen Tagen seien Fälle von Polizeigewalt beobachtet worden. Alle diese Fälle müssten untersucht werden. Zugleich mahnte Dujarric, die Proteste müssten friedlich bleiben.

Ausgangssperren in 40 Städten

Ein Video des Vorfalls in Minneapolis löste landesweit Entsetzen und Empörung aus. In zahlreichen Städten demonstrierten Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Überschattet wurden die Demonstrationen immer wieder von Krawallen. Rund 40 Städte, darunter die US-Hauptstadt Washington, haben deswegen Ausgangssperren verhängt. Davon betroffen sind etwa zehn Millionen Menschen. Mehrere Bundesstaaten haben angesichts der Proteste die Nationalgarde mobilisiert.

In Louisville im Bundesstaat Kentucky erschossen Angehörige der Nationalgarde in der Nacht zu Montag einen Menschen. Polizeichef Steve Conrad sagte, die Nationalgardisten hätten das "Feuer erwidert", nachdem sie beim Auflösen einer Menschenansammlung beschossen worden seien. Gouverneur Andy Beshear kündigte eine unabhängige Untersuchung an.

Übergriffe gegen DW-Korrespondenten

Die angespannte Lage erschwert Journalisten in den USA zunehmend ihre Arbeit. Der in Minneapolis tätige DW-Korrespondent Stefan Simons wurde bereits zweimal von Polizisten bei seiner Arbeit behindert. Am Sonntag kamen mit Gewehren bewaffnete Beamte auf Simons zu, um ihn zur Beendigung seiner Tätigkeit zu zwingen. Nach einem kurzen Wortgefecht entschloss sich Simons dazu, mit seinem Kamerateam wegzufahren. Bereits in der Nacht zum Sonntag war Simons kurz vor einer Liveschalte offenbar von einem Polizeischuss aufgeschreckt worden: "Fünf Minuten, bevor wir eine Liveschalte machen wollten, hörten wir etwas an unseren Ohren vorbeisausen, das war ein Schuss."

DW in der Schusslinie der Polizei

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Noch mehr Einsätze der Nationalgarde?

Auch die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, verlangte ein sofortiges Ende der Unruhen in US-Metropolen. "Was wir auf Amerikas Straßen sehen, ist nicht hinnehmbar", sagte McEnany in Washington. "Plünderungen, Anarchie und Gesetzlosigkeit dürfen nicht toleriert werden." Präsident Donald Trump fordere Maßnahmen zum Schutz amerikanischer Bürger und Geschäfte. Auch McEnany drängte die Gouverneure der Bundesstaaten, verstärkt die Nationalgarde einzusetzen. Die Sprecherin sagte, wegen der Unruhen seien 17.000 Soldaten der Nationalgarde in 24 Bundesstaaten im Einsatz. Nur zwei Bundesstaaten hätten aber mehr als 1000 Soldaten zu Hilfe gerufen. Angesichts der Lage müsse "viel mehr getan werden". Insgesamt stünden 350.000 Soldaten der Nationalgarde zur Verfügung.

Kritiker werfen Trump vor, die Stimmung mit seinen Äußerungen weiter anzuheizen. So sagte der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Joe Biden, am Montag bei einem Treffen mit afroamerikanische Politikern und Geistlichen, Trump schüre Hass. "Der Hass versteckt sich nur, er geht nicht weg", sagte der frühere Vizepräsident. Wenn Trump dem "unter einem Stein" versteckten Hass frischen Sauerstoff zuführe, "dann kommt der Hass unter dem Stein hervor".

kle/rk (dpa, afp, rtr, ape)

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