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Politik

Autor Salman Rushdie bei Attentat niedergestochen

13. August 2022

Salman Rushdie, dessen Schriften in den 1980er Jahren zu Todesdrohungen aus dem Iran führten, ist im Westen des US-Bundesstaates New York angegriffen worden. Er wurde mit Stichwunden am Hals in ein Krankenhaus gebracht.

Österreich | Salman Rushdie | indisch-britischer Schriftsteller
Bild: HERBERT NEUBAUER/APA/picture alliance

Der Autor Salman Rushdie ist bei einer Kulturveranstaltung im US-Bundesstaat New York angegriffen worden. Nach Angaben der Polizei wurden er und sein Gesprächspartner auf einer Bühne in einem Veranstaltungshaus im Ort Chautauqua im Westen des Bundesstaats New York attackiert. 

Ein Reporter der Nachrichtenagentur Associated Press sah, wie ein Mann die Bühne stürmte und begann, auf Rushdie einzustechen, als er gerade vorgestellt wurde. Die Polizei teilte weiter mit, der 75-jährige Autor sei mit Stichwunden am Hals per Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht worden. Nach Angaben seines Agenten wurde Rushdie notoperiert und an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Nervenstränge in seinem Arm seien durchtrennt und seine Leber sei beschädigt worden, erklärte der Manager. Rushdie könne ein Auge verlieren.

Der Angreifer wurde von Zuschauern überwältigt und von einem anwesenden Polizisten festgenommen. Das Motiv des 24-Jährigen aus Fairfield im nahe New York gelegenen Bundesstaat New Jersey ist bislang unklar.

Der Mann, der Rushdie interviewen sollte, sei leicht am Kopf verletzt worden, hieß es weiter. Die "New York Times" zitiert eine Zeugin: "Es gab nur einen Angreifer". Und weiter: "Er war schwarz gekleidet. Er hatte ein loses schwarzes Kleidungsstück an. Er rannte blitzschnell auf Rushdie zu."  

Helfer kümmern sich um den am Boden liegenden AutorBild: Joshua Goodman/AP/picture alliance

Wegen seines Werks "Die satanischen Verse" aus dem Jahr 1988 war Rushdie einst mit einer Fatwa belegt worden, die zu seiner Tötung aufforderte. Einige Muslime fühlten sich durch das Werk in ihrem religiösen Empfinden verletzt. Der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini erließ ein islamisches Rechtsgutachten, das zur Tötung Rushdies und all derer aufrief, die an der Verbreitung des Buches beteiligt waren.

Rushdie war bei seiner Vorstellung von einem Mann attackiert worden, der die Bühne stürmteBild: Joshua Goodman/AP/picture alliance

Ein japanischer Übersetzer wurde später tatsächlich getötet. Rushdie musste untertauchen, erhielt Polizeischutz. Geboren wurde Rushdie im Jahr der indischen Unabhängigkeit 1947 in der Metropole Mumbai (damals Bombay). Er studierte später Geschichte am King's College in Cambridge. Seinen Durchbruch als Autor hatte er mit dem Buch "Mitternachtskinder" (Midnight's Children), das 1981 mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet wurde.

Nach Angaben von Rushdies Verlag aus dem vergangenen Jahr hat die Fatwa des Ajatollahs für Rushdie inzwischen keine Bedeutung mehr. Er sei nicht mehr eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit und brauche auch keine Bodyguards mehr. Die Jahre des Versteckens gingen jedoch nicht spurlos an dem Schriftsteller vorüber. Er verarbeitete diese Zeit in der nach seinem Aliasnamen benannten Autobiografie "Joseph Anton" aus dem Jahr 2012.

Einmütige Missbilligung in aller Welt

Die Tat löste weltweit Entsetzen aus. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich bestürzt. "In keinem Fall ist Gewalt eine Antwort auf Worte, die von anderen in Ausübung ihrer Meinungs- und Ausdrucksfreiheit gesprochen oder geschrieben wurden", erklärte sein Sprecher. Guterres wünsche Rushdie baldige Genesung.

Auch die US-Regierung verurteilte die Tat. Die USA und die Welt seien Zeugen eines "verwerflichen Angriffs" auf den Autor geworden, erklärte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. "Diese Gewalttat ist entsetzlich." Die gesamte US-Regierung bete für eine schnelle Genesung des 75-Jährigen. Der US-Senator und Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, schrieb auf Twitter, die Tat sei ein "Angriff auf die Rede- und Gedankenfreiheit". 

Attacke auf die Freiheit des Denkens

Kulturstaatsministerin Claudia Roth bezeichnete die Attacke als Angriff auf die Freiheit der Literatur und die Freiheit des Denkens. Bundesjustizminister Marco Buschmann zeigte sich erschüttert und wünschte Rushdie gute Besserung. Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour schrieb von der schlimmsten "Frucht eines Hasses, der seit Jahrzehnten vom iranischen Regime geschürt und finanziert wird."

Der Schriftsteller Günter Wallraff, der Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt hatte, sagte, die Nachricht sei "natürlich ein Schlag" ihn gewesen. Der US-amerikanische Autorenverband PEN America äußerte sich schockiert über den Angriff auf seinen ehemaligen Präsidenten. Ebenso das deutsche PEN-Zentrum in Darmstadt. "Wir sind zutiefst schockiert über den Angriff", teilte Generalsekretärin Claudia Guderian mit. Ihr Mitgefühl sei bei Rushdie und dessen Familie. Der Schriftsteller lebe "für die Freiheit des Wortes" seit nunmehr 30 Jahren unter Todesbedrohung. "Einen solchen Anschlag auf sein Leben hat es bislang nicht gegeben."

uh/sti/kle/se (dpa, ap, afp, rtr)

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