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Azubis aus Südeuropa gesucht

Gaby Reucher (Text), Laura Döing (Video)12. September 2013

Kein Job in der Heimat, aber Fachkräftemangel in Deutschland? Das Programm "The Job of my Life" soll Abhilfe schaffen. Es bietet jungen Leuten aus EU-Ländern die Chance, in Deutschland eine Berufsausbildung zu starten.

Der Spanier Jon Serrano, Praktikant im Bad Homburger Sanitärbetrieb Bruder + Feucht, sägt ein Stück eines Kupferrohrs ab(Foto: dpa)
Der Spanier Jon Serrano macht ein Praktikum in einem deutschen SanitärbetriebBild: picture-alliance/dpa

Etwas ungeübt spachtelt Byron Javier Sigcha Patango den Fliesenkleber an die Wand eines Neubaus in Kleve. Die Handgriffe des 24-Jährigen werden immer routinierter, je öfter er das graue, körnige Material aus dem Eimer auf dem Boden löffelt. "Was ich hier mache, fällt mir nicht schwer", sagt er auf Spanisch, denn Deutsch spricht er noch nicht so gut. Eigentlich hatte Byron in Spanien angefangen, Bauingenieurswesen zu studieren, dann aber hat er das Studium abgebrochen und sich mit Jobs über Wasser gehalten - im Callcenter zum Beispiel.

Byron ist einer von mehreren Hundert Auszubildenden, die die Bundesregierung mit dem Programm "The Job of my Life" nach Deutschland holen will, damit sie dort eine Ausbildung beginnen können. Seit Februar dieses Jahres werden junge Leute aus finanzschwachen EU-Ländern angeworben. Sie können in einem von rund 350 anerkannten Berufen eine Ausbildung machen. Das Projekt ist Teil der Initiative zur Förderung der beruflichen Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften aus Europa - kurz: "MobiPro-EU". Organisiert wird die Vermittlung der Ausbildungskandidaten aus dem Ausland von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV). Diese kooperiert mit verschiedenen Institutionen in den EU-Ländern.

140 Millionen Euro für mehr Mobilität

Insgesamt stellt die Bundesregierung für dieses Programm bis 2016 rund 140 Millionen Euro zu Verfügung. Auch Byron wird finanziell unterstützt. Die Kosten für die Anreise zum Bewerbungsgespräch und für den Deutschunterricht trägt der Bund, außerdem bekommt er während der Ausbildung einen Zuschuss zum Lebensunterhalt.

The job of my life

03:11

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Bevor es in die Ausbildung geht, ist ein Praktikum vorgesehen. Das macht auch Byron gerade, um dann zu entscheiden, ob der Beruf des Fliesenlegers überhaupt das Richtige für ihn ist. Das Praktikum dient aber auch dem Betrieb dazu, sicherzugehen, ob man die nächsten drei Jahre miteinander verbringen möchte. Byrons Chef Sebastian Koppers ist zuversichtlich: "Wenn Byron sich entscheidet, in Deutschland zu bleiben, würden wir ihm gerne die Möglichkeit geben, sein erstes Lehrjahr bei uns zu absolvieren."

Ein umstrittenes Programm

Die Bundesregierung bietet diese Chancen natürlich nicht nur aus europäischer Hilfsbereitschaft an: In Deutschland fehlen geeignete Bewerber für Ausbildungsplätze. Allein im vergangenen Jahr blieben über 33.000 Lehrstellen unbesetzt. Das liegt zum einen an der geringen Geburtenrate in Deutschland, zum anderen daran, dass die Betriebe bereits vor Antritt einer Lehre bestimmte Fähigkeiten von den Bewerbern erwarten.

In der Alten- und Krankenpflege herrscht ein Mangel an geeigneten Bewerbern für AusbildungsplätzeBild: picture-alliance/dpa

Mit einer Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent steht Deutschland im Vergleich zu anderen EU Ländern gut da. Das findet auch Byron, denn in seiner spanischen Heimat waren im Juni mehr als die Hälfte der unter 25-Jährigen ohne Arbeit. In Griechenland sind es noch mehr, nämlich 58,7 Prozent. Es scheint also logisch, die Auszubildenden dort zu suchen, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist. Doch Fachkräfte und Ausbildungswillige aus dem Ausland einzuladen, ist in Deutschland umstritten. Die Gewerkschaften befürchten, dass viele deutsche Jugendliche, die zwar eine Ausbildung suchen, aber noch nicht qualifiziert genug sind, auf der Strecke bleiben könnten.

Bessere Betreuung in den Betrieben

Tatsächlich stecken rund 250.000 bis 300.000 Jugendliche in einer Warteschleife zwischen Schule und Ausbildung, in sogenannten Übergangsmaßnahmen. Der Göttinger Sozialforscher Martin Baethge mahnt an, dass man sich in den Betrieben selbst um diese Jugendlichen kümmern müsse: "Sie müssen sich auch auf Jugendliche einrichten, deren Allgemeinbildung und soziale Verhaltensweisen den Anforderung einer Berufsausbildung noch nicht entsprechen." Auch kognitive Fähigkeiten seien nicht allein Sache der Schulbildung, sondern sollten noch während der Ausbildung vermittelt werden. Schließlich müssen auch die jungen EU-Bürger im Betrieb betreut werden, und darauf seien viele Arbeitgeber noch nicht genügend vorbereitet.

Während der Ausbildung sollen nicht nur fachliche Fähigkeiten vermittelt werden, fordern ExpertenBild: picture-alliance/dpa

Dominik Ziller, Migrationsexperte von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), hält die Anwerbung ausländischer Fachkräfte und Auszubildenden für unverzichtbar, wenn Deutschland sein Wohlstandsniveau aufrechterhalten wolle: "Bis 2025 werden wir sechs Millionen Menschen mehr auf dem Arbeitsmarkt verlieren als nachwachsen." Selbst wenn man alle Potenziale innerhalb Deutschlands ausschöpfe, bräuchte man nach offiziellen Schätzungen immer noch 300.000 bis 400.000 Zuwanderer jährlich, meint Zille. Dabei stehe man noch im Wettbewerb mit anderen Industriestaaten und müsse ausländischen Arbeitnehmern Anreize bieten, damit sie in Deutschland bleiben wollen.

Der Weg nach Deutschland

Ob die jungen Menschen aus Südeuropa bleiben werden, ist unklar. Das größte Problem ist und bleibt die deutsche Sprache. Gute Deutschkenntnisse sind gerade bei kleineren Betrieben, die nicht international orientiert sind, wichtig. Auch Byron hat mit dem Deutschen noch seine Schwierigkeiten. "Im Moment bringe ich erst einmal das Praktikum zu Ende und lerne dabei Deutsch", sagt er. Wenn er die Sprache besser beherrscht und nach seiner Ausbildung einen Job findet, kann er sich allerdings gut vorstellen, ganz in Deutschland zu bleiben.

Ausbildungsinteressierte Jugendliche können sich auf der Website "thejobofmylife.de" informierenBild: Bundesagentur für Arbeit
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