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Bürger machen Energiewende zum Erfolg

Gero Rueter14. November 2016

Erneuerbare Energien sollen weltweit die Energieversorgung übernehmen. Doch wie gelingt das schnell und günstig? Experten sehen die Beteiligung der Bürger und feste Vergütungen für Ökostrom als Schlüssel für den Erfolg.

Energiekommunen
Bild: Energiegenossenschaft Starkenburg eG

Die Weltgemeinschaft haben auf der UN-Klimakonferenz in Paris die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei - oder noch besser 1,5 - Grad beschlossen. Dieses Ziel erfordert einen möglichst schnellen Ausstieg aus der Nutzung von fossilen Energien.

Wind- und Solarkraft gelten als die wichtigsten - und günstigsten - Energien. Doch wie lassen sich die Kapazitäten aufbauen - und welche Rolle spielt die Akzeptanz? Studien und Berichte zeigen, dass vor allem die Beteiligung der lokalen Bevölkerung Vorteile hat und zugleich eine Chance für eine nachhaltige Entwicklung ist.

Deutschland und Dänemark als globales Vorbild

Vorreiter beim globalen Energieumbau sind Deutschland und Dänemark. In Deutschland werden rund 35 Prozent des Strombedarfs mit erneuerbaren Energien gedeckt, in Dänemark sind es bereits über 57 Prozent.

Ein wichtiger Faktor für einen zügigen Energieumbau ist die gesetzlich garantierte Vergütung für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Das Ergebnis: Auch Bürger, Landwirte und kleinere Kommunen konnten in erneuerbare Energien investieren. Sie bauten in Deutschland etwa die Hälfte aller Anlagen auf. In Dänemark entstanden auf diesem Weg sogar 80 Prozent der Anlagen.

Bürgerbeteiligung als Schlüssel

Treibt die Energiewende in Dänemark und international seit Jahrzehnten voran: Windpionier Preben MaegaardBild: DW/G. Rueter

Die Beteiligung der Bürger und Kommunen an der Energieerzeugung - und auch an dem daraus resultierenden Profit - ist nach Meinung von Experten ein wichtiger Schlüssel, um den Ausbau voranzubringen. Vor allem bei der Windkraft.

"Die lokale Akzeptanz ist sehr wichtig", erklärt Windpionier Preben Maegaard aus Dänemark, "Ohne Benefit und Beteiligung der Bürger vor Ort gibt es Widerstand und die Windanlagen werden nicht gebaut. Die Projekte müssen für das Gemeinwohl sein. Fremde Investoren, die nur Anlagen aufstellen und den Profit abziehen, sind nicht gewollt."

In Dänemark und Deutschland haben bereits vor allem ländliche Gemeinden die Erneuerbaren als Chance erkannt und treiben den Ausbau kräftig voran: Neue Jobs werden geschaffen, es gibt mehr Steuereinnahmen und die Wertschöpfung vor Ort steigt. "Das Geld, das vorher für fossile Brennstoffe oder für die Stromrechnung ausgegeben wurde, bleibt so im lokalen Wirtschaftskreislauf der Region ", erklärt Energieexperte Benjamin Dannemann im DW-Interview.

Protest in Mexiko gegen Windpark von ausländischen Konzernen. Die Bürger wollen von der Windkraft selber verdienen.Bild: DW/S.Oceransky

Globaler Trend zur eigenen Energie

In Mexiko sieht es mit der Akzeptanz für den Energieumbau etwas anders aus, Windkraftprojekte wurden durch Proteste bereits gestoppt. Nicht weil die Menschen generell gegen die Windkraft sind, sondern "gegen die Konzerne aus dem Ausland, die hier große Windparks bauen wollen und das ohne Beteiligung der Bevölkerung", sagt Sergio Oceransky aus dem Süden von Mexiko, einer besonders windreichen, indigenen Region. Damit die Bevölkerung vor Ort von der günstigen Windkraft selber profitiert, setzt sich der Energieexperte für die Entwicklung von Windparks in kommunaler Regie ein. Der Erste wird für zurzeit die Region Ixtepec geplant.

Vom Vorteil der Energieerzeugung in kommunaler Hand zeigen sich auch immer mehr Kommunen in Westafrika überzeugt. "In Mali haben so 23 Dörfer eine lokale Stromversorgung mit Solarenergie und etwas Diesel und Biosprit. Und im Senegal gibt es schon 400 Dörfer mit kommunaler Energie", erklärt Ibrahim Togala vom Mali-Folkecenter Nyetaa. "Wir arbeiten daran, diese Projekte weiter auszubauen. Die nationalen Energieversorger sind allerdings dagegen."

Von Hindernissen bei der Stromerzeugung in Bürgerhand berichtet auch Neil Townsend von Just Energy aus Südafrika. Zum einen seien die großen Stromerzeuger finanzstark, machtvoll und "gewieft, um bei den Projekten für erneuerbare Energien den Zuschlag für die Installationen zu bekommen“, zum anderen sehen Menschen mit wenig Einkommen "die Vorteile einer eigenen Energieversorgung noch nicht." 

Die Anti-Atom-Protest in Japan: Die Angst vor Atomkraft ist groß. Bürger engagieren sich deshalb für saubere Energien.Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Hoshiko

Eine starke Bewegung für die Energieerzeugung in Bürgerhand erlebt derzeit Japan. "Vor Fukushima waren 80 Prozent der Bevölkerung für die Atomenergie, jetzt sind bei uns 80 Prozent dagegen", erklärt Energieexperte Tetsunari Lida vom Institute for Sustainable Energy Policies in Japan die Motivation für das Umdenken. "2015 war ein starkes Jahr für Bürgerenergie mit jetzt insgesamt 180 Windkraftprojekten. Was wir hier erleben nennen wir Energiedemokratie: Die Bürger wollen ein Recht auf eigene Energie. Es ist eine umweltfreundliche Bewegung mit dem Lernen am Projekt."

Beteiligung und Vergütung wichtig für Erfolg

Nach Einschätzung von Experten ist die Bürgerbeteiligung sehr wichtig für das Gelingen des Energieumbaus. "Wir können in Dänemark mit kommunalen Windparks Strom für fünf Cent pro Kilowattstunde erzeugen", so Maegaard.

In Dänemark ist das die günstigste Form der Stromerzeugung. "Ohne die Beteiligung der Kommunen und Bürger werden die Windparks an Land jedoch nicht mehr gebaut. Die Alternative sind dann Windparks im Meer und die Kosten für den Strom sind dann viel höher. Gerade für arme Leute wäre dieser Kostenanstieg aber fatal."


Stefan Gsänger, Generalsekretär von der World Wind Energy Association (WWEA), warnt in diesem Zusammenhang vor einer negativen Entwicklung durch die Umstellung von Vergütungssystemen weltweit.

Stefan Gsänger von der World Wind Energy Association Bild: WWEA / Birresborn

Viele Länder würden derzeit die Förderung von Erneuerbaren Energien von einer festgelegten Vergütung für den Ökostrom auf ein Modell mit Ausschreibung umstellen. Bei dem Verfahren mit Ausschreibung im Wettbewerb bekommt der günstigste Anbieter den Zuschlag und darf beispielsweise Windräder aufstellen.

Landwirte und Bürgerprojekte hätten aber bei diesem Verfahren oft das Nachsehen gegenüber großen Firmen und Investoren, betont Gesänger und damit sinke auch die Akzeptanz und das erforderliche Ausbautempo für den Klimaschutz: "Wir sehen ganz deutlich, dass in den Ländern mit der Umstellung auf Ausschreibungen der Zubau von erneuerbaren Energien nicht mehr wächst", sagt Gsänger. Mit Blick auf die Klimaziele von Paris seien deshalb Ausschreibungen "der falsche Weg. Hier brauchen wir schnelle Korrekturen." 

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