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Gesellschaft

Bürgerfest für "neuen Blick auf Chemnitz"

26. August 2019

Nach einer tödlichen Messerattacke in Chemnitz vor einem Jahr erschütterten rechtsradikale "Trauermärsche" die Stadt. Zum Jahrestag wurde erneut demonstriert. Mit einem Bürgerfest hielten Chemnitzer dagegen.

Chemnitz Bürgerfest "Herzschlag"
Ein Friedenszeichen für Chemnitz Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Chemnitz nicht Radikalen überlassen - mit dieser Motivation gründete sich im April dieses Jahres ein Verein, um eine neue Veranstaltung für das abgesagte Chemnitzer Stadtfest zu schaffen. Dort war am 26. August 2018 der Deutsch-Kubaner Daniel H. erstochen worden. Und während am Wochenende vor dem Jahrestag des Verbrechens die Rechtsextremen mit nur 450 Teilnehmern weit weniger Menschen als angemeldet mobilisieren konnten, zählte das neue Bürgerfest "Herzschlag" nach Angaben der Organisatoren an drei Tagen rund 67.000 Besucher. 

Auf zehn Bühnen und an weiteren Plätzen in der Innenstadt boten Künstler, Schausteller und Vereine ein buntes Programm. Man habe mit Blick auf den ersten Jahrestag des tödlichen Messerangriffs an diesem Montag das Wochenende davor absichtlich mit dem Bürgerfest belegt, sagte Vereinssprecher Sebastian Thieswald der Deutschen Presse-Agentur. 

450 rechte Demonstranten - 700 Polizisten

Wegen der tödlichen Attacke war vergangene Woche ein Syrer zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nach einem Tatverdächtigen aus dem Irak wird weltweit gesucht.

Die rechtsextreme Vereinigung "Pro Chemnitz" mobilisierte weniger Teilnehmer als gedachtBild: picture alliance/dpa

Die Tat vor einem Jahr hatte rechte Demonstrationen und rassistische Übergriffe ausgelöst, die das sächsische Chemnitz monatelang erschütterten. Auch Mitglieder der Partei Alternative für Deutschland (AfD) zeigten sich auf den Demonstrationen. Danach rief "Pro Chemnitz" regelmäßig zu Aufmärschen auf. Die Wählervereinigung wird im sächsischen Verfassungsschutzbericht 2018 als rechtsextremistisch eingestuft.

Den rund 450 Teilnehmern Pro-Chemnitz-Kundgebung standen an diesem Sonntag knapp 700 Polizeibeamte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der Bundespolizei gegenüber. Ein Teilnehmer wurde nach dem Zeigen des Hitlergrußes laut Polizei aus der Demo gezogen.

"Der Dialog darf nicht enden"

Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) sagte, "Pro Chemnitz" suche die Bühne. Im vorigen Jahr sei das dem Bündnis gelungen. Veranstaltungen wie das dreitägige Bürgerfest seien "die stärkste Antwort" auf die Ereignisse vom vorigen Jahr. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte zu Veranstaltungen nach Chemnitz geladen. 

Man habe sich aber einen größeren Besucherzuspruch gewünscht, sagte Vereinssprecher Thieswald, sei aber mit der Qualität der Veranstaltung zufrieden. Das Fest soll auch 2020 stattfinden, denn, so betont Thieswald, man wolle Chemnitz nicht Radikalen überlassen. "Wir wollen Chemnitz zeigen, wie es wirklich ist: attraktiv, freundlich, friedlich. Der Dialog darf nicht enden."

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund zeigte mit einem Sommerfest Flagge in ChemnitzBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Schon im vergangenen Jahr hatten die ausländerfeindlichen Vorfälle in Chemnitz breiten Protest hervorgerufen. Zu einem Konzert gegen Fremdenfeindlichkeit kamen im September 2018 rund 65.000 Menschen. An diesem Montag, dem eigentlichen Jahrestag der Messerattacke, laden die beiden großen Kirchen zu einem gemeinsamen Friedensgottesdienst in Chemnitz ein. Im Anschluss daran soll als Zeichen für Frieden und Nächstenliebe eine Menschenkette um Kirche und Rathaus gebildet werden.

Auch in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden wurde am Wochenende Flagge gegen Fremdenhass gezeigt. Einem Aufruf des Bündnisses "#unteilbar" folgten laut Veranstaltern am Samstag 40.000 Menschen. Es war die größte Demonstration in Dresden seit dem Mauerfall. In einer Woche wird in Sachsen gewählt. Es wird ein abermaliges Erstarken der AfD erwartet.

cw/haz (dpa, epd)

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