Die Schlacht um Bachmut gilt als die längste und blutigste des Ukraine-Krieges mit großen Verlusten auf beiden Seiten. Wie hat sich die Lage in der Stadt im Osten des Landes entwickelt - und warum ist Bachmut so wichtig?
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Was ist bisher passiert?
Vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine lebten rund 70.000 Menschen in Bachmut. Die Kämpfe dort haben im vergangenen Spätsommer begonnen. Seitdem belagern russischen Truppen die Stadt, die in einem von Kiew kontrollierten Teil der Oblast Donezk, in der ostukrainischen Industrieregion Donbass, liegt.
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Im Laufe des mittlerweile neun Monate andauernden Grabenkriegs - der bisher längsten Belagerung im gut einjährigen Ukraine-Krieg - haben beide Seiten herbe Verluste hinnehmen müssen. Tausende Soldaten starben. Die Frontlinien haben sich dagegen wenig verschoben.
Anfang Januar reklamierte der Chef der russischen Söldner-Truppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, die völlige Einnahme der Kleinstadt Soledar in der Nähe von Bachmut. Rund zwei Wochen später bestätigte auch das ukrainische Militär, es habe sich aus Soledar zurückgezogen. Die Einnahme der Stadt ist ein Punktsieg für Russland, dessen Truppen somit näher an Bachmut heranrücken konnten.
Zuletzt behauptete Wagner-Chef Prigoschin in einem Video, die russische Flagge sei auf dem Gebäude von Bachmuts Stadtverwaltung gehisst worden und die strategisch wichtigste Stadt im Gebiet Donezk somit im juristischen Sinne erobert.
Kiew weist die Behauptungen der angeblichen Eroberung jedoch als Falschinformation zurück – und auch das russische Verteidigungsministerium bestätigte bislang keine Einnahme. Der Kampf um Bachmut geht demnach weiter.
Die Angaben der Kriegsparteien sind unabhängig kaum zu überprüfen. Klar ist aber: Die Stadt ist inzwischen weitgehend zerstört. Nur noch 3000 der ehemals gut 70.000 Bewohner sollen noch dort ausharren.
Welchen Stellenwert hat Bachmut für die Ukraine?
Die russischen Truppen belagern, die ukrainischen halten stand - so geht es mittlerweile seit neun Monaten, weshalb Bachmut fast automatisch eine hohe symbolische Bedeutung im Ukraine-Krieg zukommt. Auch ist die ukrainische Gegenoffensive im Herbst ins Stocken geraten, der letzte große territoriale Erfolg war die Befreiung des westlichen Teils der Region und der Stadt Cherson selbst im November.
Strategisch ist die Stadt im Donbass wichtig, weil sie an der Fernstraße E40 zwischen der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw und dem russischen Rostow-am-Don liegt. Bachmut würde der russischen Armee den Weg zu westlich gelegenen Städten eröffnen, etwa Slowjansk oder Kramatorsk, einem wichtigen Industrie- und Verwaltungszentrum im Gebiet Donezk. Die von Russland geplante vollständige Eroberung des Donezker Gebiets würde näherrücken.
Bachmut: Die "Festung des Donbass" an der Frontlinie
Vor der russischen Invasion lebten in Bachmut über 70.000 Menschen. Derzeit toben dort heftige Kämpfe und noch nicht alle Zivilisten haben die Stadt im Donbass verlassen. Über das Leben in Bachmut seit Kriegsbeginn.
Bild: LIBKOS/AP Photo/picture alliance
Die Stadt vor der Katastrophe
Dieses Foto, aufgenommen im Frühjahr 2022, zeigt Wandmalereien zum Thema "Familie und Kinder" in Bachmut. Im Mai näherte sich die Frontlinie direkt der Stadt und es begannen Artillerie- und Luftangriffe. Viele Häuser wurden schwer beschädigt.
Bild: JORGE SILVA/REUTERS
"Man fühlt sich obdachlos"
Wohnblöcke im östlichen Bachmut waren die ersten, die im Frühjahr 2022 von russischen Angriffen getroffen wurden. Heute unterscheiden sich die Viertel kaum von der zerstörten Hafenstadt Mariupol. "Man fühlt sich obdachlos, man hat alles verloren. Es gibt keinen Ort, an den man zurückkehren kann", sagt Halyna, eine Evakuierte aus Bachmut, deren Haus zerstört worden war, gegenüber Journalisten.
Bild: Aris Messinis/AFP/Getty Images
Vor den Ruinen einer Schule
Zwei Lehrerinnen in Bachmut umarmen sich vor den Ruinen ihrer Schule. Sie wurde am 24. Juli 2022 von der russischen Armee bombardiert. Das Gebäude wurde stark beschädigt. Tote oder Verletzte waren bei dem Angriff nicht zu beklagen.
Bild: Diego Herrera Carcedo/AA/picture alliance
Zerstörte Baudenkmäler
Im Laufe des Krieges wurden durch russischen Beschuss in Bachmut viele bedeutende historische Gebäude zerstört und beschädigt, darunter der Kulturpalast, das einstige Privathaus des Kaufmanns Poljakow aus den 1880er Jahren oder das ehemalige Mädchengymnasium. Zerstört wurden aber auch modernere Gebäude, die einst die "Visitenkarte" von Bachmut waren.
Bild: Dimitar Dilkoff/AFP/Getty Images
Letzte Vorbereitungen für die Evakuierung
Oleksandr Hawrys trifft letzte Vorbereitungen, um seine Frau und zwei Kinder aus Bachmut nach Kiew zu evakuieren. Am 7. März 2023 waren noch weniger als 4000 Menschen in der Stadt, die vor dem Krieg 73.000 Einwohner hatte.
Bild: Metin Aktas/AA/picture alliance
Geblieben sind Alleinstehende und Schwache
Mehr als 90 Prozent der Einwohner haben Bachmut und die Umgebung verlassen. Monatelang hatten nur wenige Geschäfte und eine Apotheke während der Feuerpausen geöffnet. Wohltätigkeitsorganisationen und Freiwillige brachten den Einwohnern der Stadt humanitäre Hilfe.
Bild: ANATOLII STEPANOV/AFP/Getty Images
Sie bleiben trotz allem
Die schwangere Olha und ihr Ehemann Wlad am 28. Januar 2023 vor einem Luftschutzkeller in Bachmut. Das Paar zählt zu den wenigen Zivilisten, die trotz der heftigen Kämpfe in der Stadt geblieben sind. Um nach Bachmut zu gelangen, braucht man heute einen speziellen Passierschein.
Bild: Raphael Lafargue/abaca/picture alliance
Ein Leben in ständiger Angst
Die 79-jährige Rentnerin Walentyna Bondarenko schaut im August 2022 aus dem Fenster ihrer Wohnung in Bachmut. Wegen des endlosen Beschusses und der ständigen Lebensgefahr haben viele Einwohner von Bachmut monatelang in Kellern und Notunterkünften ausgeharrt.
Bild: Daniel Carde/Zumapress/picture alliance
Der Alltag im Keller
"Wir sind schon diverse Pfeiftöne und Explosionen gewohnt", sagt Nina aus Bachmut (rechts im Bild) der DW. Ihre Töchter sind "nach Europa" gegangen, aber sie und ihr Mann wollten so lange bleiben, solange die ukrainische Armee in der Stadt ist. Sollte sich die Lage verschlimmern, würden sie Bachmut verlassen, "um das Militär nicht zu stören, wenn sich der Feind hinter den Häusern versteckt".
Bild: Oleksandra Indukhova/DW
Anstehen für humanitäre Hilfe
Die humanitäre Lage in der Stadt verschlechterte sich vor allem im Herbst, nachdem die russischen Truppen am 1. August 2022 eine Offensive begonnen hatten. Durch die Angriffe und Bombardierungen wurde das Stromnetz beschädigt. Die Versorgung mit Lebensmitteln war schwierig und der Mobilfunk brach zusammen. Auch freiwillige Helfer gerieten unter Beschuss.
Bild: Diego Herrera Carcedo/AA/picture alliance
Heftige Artilleriegefechte
Die wichtigsten Kämpfe um Bachmut werden zwischen Artillerieeinheiten ausgetragen. Nach Einschätzungen von Militärs ist in diesem Gebiet fast die gesamte Bandbreite an Artillerie und Mörsern im Einsatz. Bachmut wird heftig von Einheiten der russischen Privatarmee "Wagner-Gruppe" angegriffen. Das ukrainische Militär leistet nach wie vor Widerstand gegen alle Angriffe.
Bild: Bulent Kilic/AFP/Getty Images
Ukrainische Flagge aus Bachmut im US-Kongress
Am 20. Dezember besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die ukrainischen Soldaten bei Bachmut. Von dort nahm er eine ukrainische Flagge mit, die er zwei Tage später bei seinem Besuch im US-Kongress der Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi überreichte. Auf der Flagge sind Unterschriften von Soldaten, die die Souveränität der Ukraine an der Front verteidigen.
Bild: Carolyn Kaster/AP Photo/picture alliance
Behandlung Verwundeter in Bachmut
Zu den Hauptaufgaben der Militärsanitäter im Fronteinsatz zählen: Verwundete zu stabilisieren, Todesfälle durch Blutverlust und Schock zu verhindern sowie in schweren Fällen den Abtransport in Lazarette im sicheren Hinterland zu gewährleisten.
Bild: Evgeniy Maloletka/AP Photo/picture alliance
80 Prozent der Stadt liegen in Trümmern
Ein Bild aus den letzten Dezembertagen 2022. Rauch steigt über den Ruinen von Privathäusern am Stadtrand von Bachmut auf. Nach Angaben der Behörden vor Ort wurden durch die heftigen Kämpfe mehr als 80 Prozent des Bestands an Wohnraum der Stadt zerstört (Stand März 2023).
Bild: Libkos/AP/picture alliance
Blick auf die Zerstörung vom Satelliten aus
Ein von Maxar veröffentlichtes Satellitenbild vom 4. Januar 2023 zeigt das Ausmaß der Zerstörung bei Bachmut. "Die Stadt war in den letzten Monaten das Zentrum intensiver Kämpfe zwischen russischen und ukrainischen Truppen, und Bilder zeigen erhebliche Schäden an Gebäuden und Infrastruktur", so das Luft- und Raumfahrtunternehmen.
Bild: Maxar Technologies/picture alliance/AP
Eine Geisterstadt
Dieses Foto vom 13. Februar, aufgenommen von einer Drohne der Nachrichtenagentur AP, zeigt das Ausmaß der Zerstörung durch die Kämpfe. Ganze Reihen von Wohnhäusern sind zerstört, nur die Außenmauern und die beschädigten Fassaden stehen noch. Dächer sowie Decken und Böden im Innern sind eingestürzt und Schnee fällt ins Innere der Ruinen.
Bild: AP Photo/picture alliance
"Festung Bachmut"
Ein ukrainischer Soldat läuft im Stadtzentrum an einer Wand mit der Aufschrift "Bachmut liebt die Ukraine" vorbei. Die politische und militärische Führung der Ukraine hat beschlossen, die Verteidigung der Stadt fortzusetzen. Die NATO schließt jedoch nicht aus, dass Bachmut fallen könnte, was aber nicht unbedingt einen Wendepunkt im Krieg bedeuten würde.
Bild: Libkos/AP Photo/picture alliance
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Wie könnte es weitergehen?
Bislang scheinen weder Russland noch die Ukraine willens, die zu einem Großteil in Trümmern liegende Kleinstadt aufzugeben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mehrfach erklärt, in Bachmut standzuhalten. Dazu haben sich Militäranalysten kritisch geäußert. Demnach könnte es sinnvoller sein, sich auf eine neue Verteidigungslinie zurückzuziehen. Ansonsten würden Reservisten sterben, die in Gegenoffensiven benötigt würden, so etwa der ukrainische Analyst Oleh Schdanow.
Der Militärhistoriker Roman Ponomarenko erklärte gegenüber Medien: "Wenn wir Bachmut einfach aufgeben und unsere Truppen und Ausrüstung zurückziehen, kann nichts Schlimmes passieren. Wenn sie den Ring schließen, werden wir Männer und Ausrüstung verlieren."
Ralph Thiele, ehemaliger Mitarbeiter im Private Office des NATO-Oberbefehlshabers, sagte der DW Anfang März, er schätze die Chancen der Ukrainer im Kampf um Bachmut als geringer ein. Sie seien weitgehend umzingelt und den Russen bei Bachmut militärisch unterlegen.