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PolitikUkraine

Baerbock fordert in Kiew mehr Luftabwehr für die Ukraine

21. Mai 2024

Außenministerin Annalena Baerbock ist zu einem unangekündigten Besuch in Kiew eingetroffen. Angesichts der russischen Offensive bei Charkiw mahnte sie mehr internationale Unterstützung der Ukraine bei der Luftabwehr an.

Außenministerin Annalena Baerbock wird im Bahnhof von Kiew begrüßt
Außenministerin Annalena Baerbock wird im Bahnhof von Kiew begrüßtBild: Thomas Trutschel/AA/photothek/picture alliance

"Die Lage in der Ukraine hat sich mit den massiven russischen Luftangriffen auf die zivile Infrastruktur und mit der brutalen russischen Offensive im Raum Charkiw noch einmal dramatisch zugespitzt", sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock nach ihrer Ankunft in Kiew. "Um die Ukraine vor dem russischen Raketen- und Drohnenhagel zu schützen, braucht sie dringend mehr Luftabwehr."

Die Bundesregierung werde sich bei ihren westlichen Partnern weiter dafür einsetzen, dass sie Kiew weitere Systeme zur Luftverteidigung bereitstellen, erklärte Baerbock zum Auftakt ihres Solidaritätsbesuches in der Ukraine. "Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, damit die Ukraine bestehen kann, damit die Ukrainerinnen und Ukrainer auch in Zukunft selbstbestimmt leben können. Und damit Putins Truppen nicht bald vor unseren eigenen Grenzen stehen."

Fast eine Milliarde Euro gesammelt

Bei der von ihr gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius gestarteten globalen Initiative für mehr Flugabwehr seien fast eine Milliarde Euro zur zusätzlichen Unterstützung der ukrainischen Luftverteidigungskräfte zusammengekommen. "Und wir arbeiten intensiv daran, dass das noch mehr wird." Die Ministerin fügte hinzu: "Wir drehen jeden Stein mehrfach um und sind selbst mit einer zusätzlichen Patriot-Einheit vorangegangen."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in der vergangenen Woche erneut einen massiven Mangel an Waffen zur Luftverteidigung seines Landes beklagt. Die Ukraine verfüge nur über ein Viertel der benötigten Luftabwehrsysteme und brauche außerdem 120 bis 130 F-16-Kampfjets, sagte Selenskyj am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.

Selenskyj will mehr Patriots

Bei einem Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in Kiew forderte Selenskyj zugleich Patriot-Flugabwehrsysteme für die Verteidigung Charkiws. Die Millionenstadt im Nordosten wird von den russischen Streitkräften über die Grenze hinweg aus kurzer Entfernung bombardiert. Zum Schutz der Stadt und ihres Umlands vor Drohnen und Raketen seien zwei Patriot-Systeme notwendig.

Ein zerstörtes Wohngebäude nach einem russischen Gleitbombentreffer in CharkiwBild: SERGEY KOZLOV/EPA

Dem Vernehmen nach verfügt die Ukraine derzeit über drei der leistungsstarken Flugabwehrsysteme aus US-Produktion. Zwei davon hat Deutschland bereitgestellt, die Bundesregierung hat eine dritte Patriot-Einheit zugesagt. Derzeit ist unklar, ob das System schon in der Ukraine eingetroffen ist. Die dritte aktive Patriot-Einheit in der Ukraine stammt aus den USA. Washington prüft die Lieferung eines weiteren Systems. Die deutschen Versuche, Patriots bei Partnerländern in Europa oder in Übersee zu beschaffen, haben bislang nicht gefruchtet.

Es ist Baerbocks siebter Besuch in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022. Ziel der Reise sei es, den ukrainischen Gesprächspartnern auch in Anbetracht der sich zuspitzenden Lage in den Kampfgebieten den Beistand Deutschlands und der EU zu versichern, hieß es aus dem Auswärtigen Amt.

Ukrainische Befestigungen im Raum CharkiwBild: Hanna Sokolova-Stekh/DW/DW

Baerbock: "Wir haben einen langen Atem"

"Unsere Unterstützung ist verwurzelt in der tiefen Überzeugung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird", betonte Baerbock in Kiew. Der russische Präsident Wladimir Putin spekuliere darauf, "dass uns irgendwann die Luft ausgeht, aber wir haben einen langen Atem", sagte sie. Die Menschen in der Ukraine könnten dauerhaft auf die Unterstützung aus Deutschland und von weiteren Verbündeten bauen.

Die Ukraine ist aus einem Mangel an Waffen, Munition und Soldaten seit Monaten in der Defensive. Die Lage hat sich nach dem Beginn einer russische Bodenoffensive am 10. Mai in der nordöstlichen Region Charkiw noch einmal verschärft. Dabei drangen die russischen Truppen nach Angaben der ukrainischen Seite bislang etwa fünf bis zehn Kilometer weit vor. Es ist der größte russische Geländegewinn in dem Krieg seit Ende 2022.

Ukrainer aus Wowtschansk fliehen vor russischen Angriffen

04:29

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Viele Kraftwerk außer Betrieb

Neben militärischen Zielen hat Russland im März und April vor allem ukrainische Kohlekraftwerke beschossen. Diese sind mittlerweile fast vollständig ausgeschaltet. Auch wichtige Wasserkraftwerke sind beschädigt. Die Regierung in Kiew schätzt, dass mehr als 40 Prozent der Kapazitäten zur Stromproduktion ausgefallen sind. 

Baerbock plädierte bei ihrem Besuch in Kiew zudem für eine Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union. Die Ukraine habe beeindruckende Fortschritte gemacht und sei auf Reformkurs. "Es gilt jetzt, in den Anstrengungen nicht nachzulassen - bei der Justizreform, der Korruptionsbekämpfung und der Medienfreiheit."

kle/sti (afp, rtr, dpa)