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Politik

Baerbock kündigt sicherheitspolitische Neuaufstellung an

18. März 2022

Außenministerin Annalena Baerbock hat Vorschläge zur Erarbeitung einer neuen Nationalen Sicherheitsstrategie vorgelegt. Sie betonte die Bereitschaft Deutschlands zu einem stärkeren internationalen Engagement für Frieden.

Deutschland | Außenministerin Baerbock präsentiert Nationale Sicherheitsstrategie
Außenministerin Baerbock präsentiert in Berlin ihre Ideen zur Nationalen SicherheitsstrategieBild: Annegret Hilse/REUTERS

In Berlin sagte Annalena Baerbock, das aggressive Vorgehen Russlands in der Ukraine führe vor Augen: "Bei Fragen von Krieg und Frieden, bei Fragen von Recht und Unrecht kann kein Land, auch nicht Deutschland, neutral sein." Dies gelte besonders angesichts der deutschen Geschichte. "Aus der deutschen Schuld für Krieg und Völkermord erwächst für uns, erwächst für mich in der Tat eine besondere Verantwortung", erklärte die Grünen-Politikerin zum Start der Arbeit an einer neuen Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland. Dies bedeute die Verpflichtung, "jenen zur Seite zu stehen, deren Leben, deren Freiheit und deren Rechte bedroht sind".

Der völkerrechtswidrige Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin konfrontiere mit einer neuen sicherheitspolitischen Wirklichkeit, sagte die Ministerin. Für die künftige Sicherheitsstrategie gelte: "Im Lichte von Russlands massivem Bruch mit unserer Friedensordnung müssen wir die Prinzipien, die uns leiten, noch klarer in praktische Politik umsetzen." Entscheidend seien eine klare Haltung, eine gestärkte Handlungsfähigkeit und geschärfte außen- und sicherheitspolitische Instrumente.

"Geopolitische Zäsur"

Der russische Krieg in der Ukraine sei eine "geopolitische Zäsur mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die europäische Sicherheit", betonte Baerbock. Bei der Erarbeitung einer neuen nationalen Sicherheitsstrategie müsse Deutschland deshalb "Sicherheit nicht aus der Vergangenheit, sondern aus der Zukunft heraus denken".

Als die drei essenziellen Elemente eines neuen Sicherheitsbegriffs bezeichnete Baerbock die "Unverletzlichkeit des Lebens" - also den Schutz vor Krieg und Gewalt, die "Sicherheit der Freiheit unseres Lebens" in der Demokratie und die "Sicherheit der Grundlagen unseres Lebens". Wo Krieg die Lebensgrundlagen auslösche, könne es keine Sicherheit geben, sagte Baerbock. "Aber auch dort, wo die Folgen des Klimawandels, von Hunger, Armut und fehlendem Wohlstand der Menschen Leid erzwingen, gibt es keine Grundlage für sicheres Leben in Freiheit".

Mehr Verantwortung übernehmen

Der Ukraine-Krieg zeige "einmal mehr, dass die Sicherheit von der Bündnisfähigkeit der NATO abhängt", unterstrich Baerbock. Von Deutschland forderte die Ministerin, mehr Verantwortung im Bündnis zu übernehmen. Nach Ansicht Baerbocks soll sich die neue Sicherheitsstrategie an einer werteorientierten Außenpolitik orientieren. Es müsse dabei darum gehen, Werte und Interessen gemeinsam zu verteidigen, sagte die Ministerin. Ziel sei, Außenpolitik "mit einem klaren Wertekompass in der Hand" zu gestalten.

Zugleich mahnte die Außenministerin, die Deutschen müssten sich "den wirtschaftlichen Abhängigkeiten intensiv stellen". Baerbock: "Jetzt erleben wir, dass eine einseitige wirtschaftliche Ausrichtung uns gerade verletzlich macht." Die Lieferausfälle im Zuge des Ukraine-Kriegs würden "heftig" sein, auch weil die Ukraine etwa Getreide an Länder in Afrika nicht mehr werde liefern können.

Auch mit autoritären Regimen sprechen

Deutschland müsse unabhängig werden von fossilen Energieimporten, dürfe dabei aber nicht in neue Abhängigkeiten geraten. "Natürlich müssen wir auch mit autoritären Regimen sprechen", sagte Baerbock. "Entscheidend ist dabei doch gerade, dass wir uns nicht zum Schweigen verbannen lassen, dass wir Dinge nicht herunterschlucken, weil wir etwa wirtschaftlich oder energiepolitisch abhängig sind, sondern dass wir Position beziehen, auch wenn es schwierig ist."

Außenministerin Annalena BaerbockBild: Annegret Hilse/REUTERS

Baerbock, in deren Ministerium die Sicherheitsstrategie federführend erarbeitet werden soll, kündigte an, den Prozess mit den anderen Bundesministerien, fraktionsübergreifend im Bundestag sowie mit nationalen und internationalen Partnern zu gestalten. Im Zuge dessen werde die Bundesregierung auch eine neue China-Strategie erarbeiten.

Die deutsche Sicherheitsstrategie soll verknüpft werden mit entsprechenden Bemühungen auf EU- und auf NATO-Ebene. Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatte die sogenannte Ampel-Regierung in Berlin festgelegt: "Wir werden im ersten Jahr der neuen Bundesregierung eine umfassende Nationale Sicherheitsstrategie vorlegen." Es handelt sich um das erste Projekt dieser Art in der Geschichte der Bundesrepublik.

kle/pg (dpa, rtr, afp)

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