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Politik

Baerbock: Müssen Erinnerung an Holocaust wach halten

10. Februar 2022

Zum Auftakt ihres Israel-Besuchs hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in Yad Vashem der von Nazi-Deutschland ermordeten sechs Millionen Juden gedacht. Sie rief zum entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus auf.

Außenministerin Annalena Baerbock entzündet eine Flamme
Außenministerin Annalena Baerbock in der Halle der Erinnerung der Gedenkstätte Yad Vashem Bild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

Zwei Monate nach Amtsantritt ist Außenministerin Annalena Baerbock nach Israel gereist. In der Halle der Erinnerung der Gedenkstätte Yad Vashem (hebräisch für "Denkmal und Name") entfachte sie eine Flamme und legte einen Kranz nieder. "Der Gedanke an den Schmerz jedes einzelnen Kindes, jeder einzelnen Mutter, jedes einzelnen Vaters ist kaum zu ertragen", sagte sie im Gedenken an die von den Nationalsozialisten ermordeten sechs Millionen Jüdinnen und Juden. "Aber Yad Vashem, der schmerzvolle Ort, fordert von uns gerade nicht zu verstummen, nicht zu verharren. Yad Vashem mahnt uns, die Stimmen jener, die das Grauen selbst erlebt haben, zu hören und ihre Worte weiterzugeben."

Die Grünen-Politikerin besuchte auch das 1987 errichtete "Kinder-Memorial", das an die rund 1,5 Millionen ermordeten Jungen und Mädchen erinnert. Als sie über die jüdischen Kinder unter den Holocaust-Opfern sprach, stockte Baerbock, die selbst zwei kleine Töchter hat, die Stimme.

Annalena Baerbock in der Gedenkstätte in JerusalemBild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

"Es ist unsere unbedingte Verpflichtung, gerade als jüngere Generation die Erinnerung wach zu halten, insbesondere, wenn immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen unter uns sind", sagte sie erkennbar berührt in Jerusalem.

Aufruf zum Kampf gegen Antisemitismus 

"Es ist unsere Verantwortung, unsere Stimme zu erheben gegen Antisemitismus, gegen Hass und Hetze, gegen Ausgrenzung und Gewalt", schrieb Baerbock in das Gästebuch. Ein solches Menschheitsverbrechen dürfe sich nie mehr wiederholen, "damit die Kinder dieser Erde alle eine Zukunft haben".  

Anschließend kam die deutsche Außenministerin mit ihrem israelischen Kollegen Jair Lapid zusammen. Lapid betonte nach dem Gespräch vor Journalisten, die Freundschaft zwischen beiden Ländern beruhe darauf, dass die Vergangenheit nicht geleugnet werde. Man habe eine gleiche Weltanschauung. 

Austausch über iranisches Atomprogramm

Ein Thema war auch der Konflikt um das iranische Atomprogramm. Hier sagte Lapid, ein nuklear bewaffneter Iran sei eine Gefahr nicht nur für Israel, sondern die Welt insgesamt. Baerbock betonte, die Zeit laufe derzeit gegen die Wiederherstellung des Atomabkommens, weil der Iran sein Nuklearprogramm kontinuierlich weiterentwickle. "Wir kommen jetzt in die finale Phase." Sie forderte von Teheran Verhandlungen "mit Kompromisswillen und ohne Maximalforderungen".

Regierungschef Naftali  Bennett sagte nach Angaben seines Büros beim Treffen mit der Ministerin, die Unterzeichnung eines Abkommens mit dem Iran wäre "ein Fehler, der die ganze Region gefährdet". Es müsse ein Enddatum für die Verhandlungen festgelegt werden, weil ihre Verlängerung - während die Urananreicherung weitergehe - nur Teheran in die Hände spielen würde. Israel sieht sich durch die iranische Außenpolitik in seiner Existenz bedroht und wirft Teheran vor, es strebe heimlich weiter den Bau einer Atombombe an.

Jugendaustausch soll verstärkt werden

Baerbock bekräftigte nochmals, Deutschland stehe zu seiner besonderen historischen Verantwortung für die Sicherheit Israels. Man wolle gemeinsam den Kampf gegen den wachsenden Antisemitismus in Deutschland und weltweit verstärken. Außerdem soll - so die Ministerin - der Austausch zwischen jungen Menschen beider Länder intensiviert werden. Als weiteren Schwerpunkt des Treffens nannte sie die Zusammenarbeit in der Klima- und Energiepolitik.

Außenministerin Annalena Baerbock (2.v.l.) und ihr israelischer Kollege Jair Lapid (3.v.r.)Bild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

Außerdem sprachen die beiden Politiker über den Nahost-Konflikt. Baerbock betonte, der gegenwärtige "Status quo" führe immer wieder zur Eskalation. Vertrauensbildende Schritte zwischen Israelis und Palästinensern auf politischer Ebene seien wichtig. Sie wies darauf hin, für Deutschland sei nach wie vor eine Zwei-Staaten-Lösung die beste Option. Gleichzeitig kritisierte sie den israelischen Siedlungsbau in Palästinensergebieten als schädlich und mit dem Völkerrecht nicht vereinbar. 

Baerbock besucht Westjordanland

Später kam die deutsche Außenministerin in Ramallah mit ihrem palästinensischen Kollegen Riad Malki zusammen. Dabei rief sie Israel und die Palästinenser auf, die Friedensgespräche wiederzubeleben, die seit Jahren brachliegen. Deutschland sei bereit, beide Seiten dabei zu unterstützen. "Ich bin froh, dass die Eiszeit der letzten Jahre zumindest etwas überwunden scheint", sagte sie mit Blick auf erste vertrauensbildende Schritte der neuen Regierung in Israel in Richtung der Palästinenser. Bei ihrem Besuch in Ramallah kam Baerbock auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen.

Malki beklagte, es gebe auf der israelischen Seite gegenwärtig keinen Partner für neue Friedensgespräche. Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett lehne eine Zwei-Staaten-Lösung ab. "Wir hoffen, dass Deutschland Israel überzeugen wird, sich mit uns an einen Tisch zu setzen", fügte er hinzu. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern liegt seit 2014 brach.

Am Freitag will Baerbock Jordanien besuchen. Für Samstag sind Gespräche in Ägypten geplant.

se/AR/kle (Phoenix, dpa, kna, afp)

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