"Nur neue Propaganda aus Russland"
20. Juli 2022Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat scharf auf russische Ankündigungen reagiert, weitere Gebiete in der Ukraine anzugreifen. "Russland benutzt jedes Mal ein anderes Argument. Diesmal sagen sie, es sei wegen der militärischen Unterstützung. Aber sie haben Kiew und andere Teile der Ukraine ja in der Vergangenheit schon angegriffen. Es handelt sich also nur um eine neue Propaganda der russischen Seite", sagte die Ministerin in Hannover in einem Exklusiv-Interview der DW.
Deutsche Unterstützung für die Ukraine
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte russischen Medien zuvor gesagt, dass der russische Militäreinsatz künftig auch auf Ziele in der Westukraine ausgeweitet werden solle. Die geografischen Ziele würden sich noch weiter von der derzeitigen Front entfernen, wenn der Westen die Ukraine weiterhin mit Waffen "vollpumpt", warnte Lawrow. Friedensgespräche schloss er dagegen für die nähere Zukunft aus.
Bundesaußenministerin Baerbock verspricht der Ukraine dagegen weitere deutsche Hilfen: "Wir sehen uns verschiedene Arten der Unterstützung an. Was wir tun können, ist Unterstützung zu leisten: bei Untersuchungen, bei der Entminung verschiedener Städte. Wir unterstützen die medizinische Hilfe, wir unterstützen die Flüchtlinge. Und ja, wenn es Dinge gibt, wo wir mehr tun können, auch mit direkten finanziellen Zuschüssen, die wir derzeit diskutieren, dann prüfen wir das auch", sagte sie.
Baerbock befindet sich derzeit auf einer zehntägigen Sommerreise durch Deutschland. Hashtag: #SicherLeben. Unter diesem Titel will sie die geplante nationale Sicherheitsstrategie mit Bürgern diskutieren. Im März hatte die Ministerin offiziell damit begonnen, eine entsprechende Strategie zu entwickeln.
Neue China-Politik
In diesem Zusammenhang will die Bundesregierung auch ihre China-Politik neu ausrichten. Ziel sei es, die wirtschaftliche Abhängigkeit in einigen Bereichen zu überdenken, sagte Baerbock jetzt der Deutschen Welle - zum Beispiel beim Thema Elektromobilität: "Wenn wir jetzt richtig auf Elektroautos setzen, um unsere Klimaziele zu erreichen, dann brauchen wir natürlich Batterien. Wir haben hier nicht die Batterieproduktion, die wir für unsere Elektroautos brauchen. Wir bauen jetzt eine auf, aber bei allen Materialien, die in Batterien sind, haben wir eine Abhängigkeit von 98 Prozent, und das betrifft alle Autos in Europa."
Daher werde sich Deutschland eng mit seinen europäischen Partnern und der EU-Kommission abstimmen. Die Kommission habe klargemacht, dass China bei einigen wirtschaftlichen Fragen ein Wettbewerber und im Kampf gegen die Klimakrise ein Partner, aber auch ein Systemrivale sei.
"Und weil es ein Systemrivale ist, müssen wir klarmachen, dass uns niemand so erpressen kann wie das in Sachen Abhängigkeit von Russland der Fall war", sagt die Ministerin. Das sei die Grundlage für die China-Strategie der Bundesregierung. "Wir arbeiten zusammen wo wir zusammenarbeiten können, aber wir haben auch eine europäische Strategie für Unabhängigkeit in der kritischen Infrastruktur, die zu unserer Außenpolitik passt", so Baerbock.