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Politik

Bahrain und die Menschenrechte

15. Januar 2017

Zum ersten Mal seit sechs Jahren wurden in Bahrain Staatsbürger hingerichtet. Die Verurteilten wurden eines tödlichen Angriffs auf drei Polizisten für schuldig befunden. Nicht nur Menschenrechtler kritisieren die Strafe.

Bahrain Demonstration für Demokratie und die Freilassung inhaftierter Aktivisten
Bild: Getty Images/AFP/M. Al-Shaikh

Kaum eine Woche war es her, dass das oberste Gericht Bahrains die Todesstrafe gegen drei des Mordes an Polizisten für schuldig befundene Bürger bestätigt hatte, da wurde dieses Urteil umgesetzt: Ein Erschießungskommando richtete am Sonntagmorgen Sami Mushaima (42), Ali Al-Singace (21) and Abbas Al-Samea (27) hin.

Die drei Männer sollen im März 2014 mit Sprengstoff drei Polizeioffiziere getötet haben, darunter einen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Februar 2015 war der Schuldspruch gefallen, mit dem den Angeklagten auch die bahrainische Staatsbürgerschaft entzogen wurde.

Dem Bahrain Center for Human Rights zufolge waren die drei Verurteilten über die Vollstreckung des Todesurteils vorab nicht informiert worden. Sie hätten "überrascht" gewirkt, erklärte das Zentrum unter Berufung auf Angehörige der drei Männer.

Vorwurf der Folter

Zugleich erhebt das Zentrum schwere Vorwürfe hinsichtlich der Haftbedingungen der drei Angeklagten wie auch des gegen sie geführten Prozesses. So seien die drei Männer nach ihrer Verhaftung im März 2014 wiederholt gefoltert worden - unter anderem durch Schläge, Elektroschocks und sexuelle Übergriffe. Der Prozess selbst sei "unfair" verlaufen, erklärt das Zentrum auf seiner Website, ohne diesen Vorwurf aber näher zu erläutern. Moniert wird der Umstand, dass die Foltervorwürfe von dem Gericht abgewiesen oder ignoriert worden seien.

"Arabischer Frühling" in Bahrain: Demonstrationen gegen die Regierung im Jahr 2011Bild: AP

Die drei Verurteilten waren die ersten seit dem Jahr 2010, an denen die Todesstrafe vollstreckt wurde. Sayed Ahmed Alwadaei , Co-Direktor des Bahrainischen Instituts für Menschenrechte, bezeichnete die Hinrichtung als "Sicherheitsbedrohung für Bahrain und die gesamte Umgebung".

In Bahrain sind 70 Prozent der Bevölkerung schiitisch. Die Mitglieder des Königshauses sind Sunniten. Seit Jahren sehen sich die Schiiten des Landes benachteiligt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen schiitischen Demonstranten und der Polizei.

Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung

Sowohl Amnesty International (AI) als auch Human Rights Watch (HRW) hatten in der Vergangenheit wiederholt auf Menschenrechtsverletzungen in Bahrain hingewiesen. In seinem World Report 2017 spricht HRW von einer "deutlichen" Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Bahrain seit der Jahresmitte 2016. Zu diesem Zeitpunkt lösten die Behörden die bedeutendste politische Oppositionskraft, "Al-Wefak" auf; deren Führer, Scheich Ali Salman, wurde verhaftet; ebenso wurden führende Menschenrechtsaktivisten sowie mit friedlichen Mitteln agierende schiitische Kleriker festgenommen.

Scheich Ali Salman wurde in einem ersten Prozess zu vier, in einem Berufungsprozess dann zu neun Jahren Haft verurteilt. HRW spricht von einem "koordinierten Angriff auf die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit". Dieser unterstreiche, "dass sich die Menschenrechtslage deutlich verschlechtert hat". Eine politische Lösung der inneren Unruhen in Bahrain erscheine "immer unwahrscheinlicher".

Amnesty International bezeichnete das Urteil gegen Ali Salman als "weiteres Beispiel für Bahrains unverhohlene Missachtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung".

Verurteilt zu neun Jahren Haft: Scheich Ali Salman, Führer der Oppositionspartei Al- WefakBild: picture-alliance/dpa/M. Mahdi

Offener Brief aus dem Gefängnis

Auch andere Oppositionelle und Regierungskritiker sitzen in Gefängnissen des Landes ein. Der Menschenrechtsaktivist Nabeel Radschab, Gründer des Bahrain Center for Human Rights, sitzt seit Juni 2016 in Haft. Ihm droht eine fünfzehnjährige Gefängnisstrafe. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, er habe die von Saudi-Arabien geführte Militäroperation im Jemen kritisiert.

Am 22. Dezember 2016 hatte Radschab in der französischen Tageszeitung "Le Monde" einen Offenen Brief an die Regierungen von Frankreich und Deutschland veröffentlicht. Schon im Titel forderte er die beiden Länder auf, ihre Beziehungen zu Bahrain zu überdenken. Sein Prozess, so Radschab in dem Brief, sei nichts Ungewöhnliches. "Tausende Bahrainer befinden sich im Gefängnis, weil sie Kritik an der Regierung geäußert und gegen diese demonstriert haben." Auch kritisiert er das Königreich Saudi-Arabien, einen engen Verbündeten Bahrains. Saudi-Arabien hatte im Jahr 2011 Sicherheitskräfte nach Bahrain entsandt, um dort die im Rahmen des so genannten "Arabischen Frühlings" angelaufenen Proteste zu bekämpfen.

Offener Brief aus dem Gefängnis: der Menschenrechtler Nabeel RadschabBild: picture-alliance/AP Photo/H. Jamali

"Der Gipfel der Ironie", so Radschab in seinem Brief, sei es, dass Saudi-Arabien behaupte, sich für die für ihre Freiheit kämpfenden Syrer sowie die legitime Regierung des Jemens einzusetzen, während in Saudi-Arabien selbst "eine der weltweit gewalttätigsten Regierungen" installiert sei. Die Politik der Golfstaaten bezeichnet er als verhängnisvoll: "Anstatt den Flüchtlingen ihre Türen zu öffnen, haben die Golf-Monarchien dazu beigetragen, diese Fluchtbewegungen überhaupt erst zustande kommen zu lassen."

Wegen angeblich über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreiteter Nachrichten geht Bahrain zusätzlich gegen Radschab vor. Dieser habe "irreführende und ungenaue Informationen über Bahrain" sowie "Gerüchte während Kriegszeiten" verbreitet, heißt es in einer Regierungsmitteilung. Der Prozess gegen Radschab wird fortgesetzt.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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