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Politik

Bahrain: Wahl mit magerer Auswahl

Meriem Marghich | Kersten Knipp
24. November 2018

Bei den Parlamentswahlen in Bahrain treten viele Parteien an. Allerdings vertreten sie politisch nur ein eingeschränktes Programmspektrum. Denn zwei wichtige Oppositionsparteien dürfen nicht antreten.

Bahrain Hauptstadt Manama
Bild: Getty Images/AFP/M.Al-Shaikh

40 Sitze und knapp 350 Kandidaten: Am Wochenende haben die Bürger Bahrains die Wahl, wer sie während der kommenden Legislaturperiode im Parlament vertreten soll. Außerdem stimmen die rund 365.000 Wahlberechtigten über die Besetzung der Stadträte ab. Um die Sitze in den großen Kommunen bewerben sich 75 Kandidaten.

Trotz dieser Zahlen gilt Kritikern das politische Angebot als eingeschränkt. Zwar mangele es nicht an Bewerbern, wohl aber an ernsthaften politischen Alternativen. Denn zwei der großen oppositionellen Parteien das Königreichs, die schiitische Al-Wefaq und die säkulare "Demokratische Vereinigung für das Vaterland" (Waad), dürfen nicht antreten. Vertreter beider Parteien forderten ihre Anhänger darum auf, die Wahlen zu boykottieren.

Berufen können sie sich auf internationale Menschenrechtsorganisationen. Die kommenden Wahl fänden in einer "repressiven politischen Umgebung" statt, heißt es in einer Mitteilung von "Human Rights Watch". "Bahrains Verbündete sollte die Regierung dazu ermutigen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diejenigen Gesetze zu reformieren, die die Rede- und Versammlungsfreiheit beschränken. Auch sollten sie die Regierung ermutigen, verhaftete Oppositionspolitiker freizulassen."

Nicht abreißende Proteste: Szene aus Manama, 2016Bild: picture-alliance/dpa/S.B.AlKamel

Folgen des Revolutionsjahrs 2001

Die derzeitigen Spannungen gehen auf das arabische Revolutionsjahr 2011 zurück. Damals gingen auch in Bahrain viele, insbesondere schiitische Bürger auf die Straße. Das sunnitische Königshaus, so ihr Vorwurf, betreibe eine in Teilen konfessionell motivierte Politik. Die Sunniten würden im öffentlichen Leben, etwa bei der Vergabe von Posten im Öffentlichen Dienst, benachteiligt. Schiiten, so ihre Behauptung, würden bei der Einstellung bevorzugt. 

Die Proteste wurden mit Hilfe des verbündeten Saudi-Arabiens niedergeschlagen. Sie rissen aber nicht ab. In der Folge wurden hunderte Oppositionelle verhaftet, vielen wurde die Staatsangehörigkeit entzogen.

In Reaktion darauf hatten Teile der Opposition bereits die Wahlen des Jahres 2014 boykottiert. Diese seien eine "Farce", hatten sie erklärt. In Reaktion auf die anhaltenden Proteste verbot ein Gericht 2016 die Wefaq-Partei. Der Vorwurf lautete, einige ihrer Mitglieder unterstützten Terrorismus, stifteten zur Gewalt an und riefen zu Demonstrationen auf, die ihrerseits eine konfessionelle Spaltung des Landes begünstigten. Der Führer der Wefaq-Partei, Scheich Ali Salman, wurde unter dem Vorwurf der Spionage für das benachbarte Katar zu einer lebenslangen Haft verurteilt.

Im Juni 2017 dann wurde auch die Waad-Partei verboten. Auch sie wurde der Unterstützung des Terrorismus beschuldigt. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verurteilten das Verbot.

Vorwurf der Scheinwahlen

Insgesamt stehe es um die politische Kultur des Landes derzeit schlecht, sagt Ahmed al-Wadaa, Direktor das "Bahrainischen Instituts für Demokratische Rechte". "Die Menschenrechtssituation durchläuft derzeit eine ihre dunkelsten Phasen", so al-Wadaa im Gespräch mit der DW. Bei dem Urnengang handele es sich um Scheinwahlen, die in einem Umfeld schlimmer Menschenrechtsverstöße stattfänden.

Lebenslänglich in Haft: Scheich Ali Salman, Führer der Wefaq-ParteiBild: Reuters/H. I. Mohammed

Omar al-Hassan, Direktor des "Gulf Center for Strategic Studies" mit Sitz in London und Nebenstellen unter anderem in Bahrain, widerspricht dieser Einschätzung. "Solche Beschreibung sind unzutreffend", so al-Hassan im Gespräch mit der DW. Sunniten und Schiiten hätten über Jahrhunderte einvernehmlich miteinander gelebt. "Die derzeitigen Spannungen in der Gesellschaft gehen auf Aktivitäten des Iran zurück".

Ähnlich sieht es auch Walid Sabri, Kolumnist von "Al Watan", einer der größten Tageszeitungen Bahrains. "Die Bahrainis setzen ihren Kurs in Richtung Demokratie, Bürgerrechte und Freiheiten fort", schreibt Sabri in der Freitagsausgabe des Blattes. "Sie werden jenen destruktiven Stimmen, die zum Boykott der Wahlen aufrufen, keinerlei Beachtung  schenken - dies schon darum nicht, weil diese Stimme vom Iran unterstützt werden."

"Fairste Wahlen in der gesamten Region"

Menschenrechtsvertreter sehen es anders. "Die Opposition kann an diesen Wahlen nicht teilnehmen", sagt Ahmed al-Wadaa. "Denn das würde die Diktatur der Erbherrschaft nur stützen. Mit demokratischer Repräsentation hat dies nichts zu tun." Das Ergebnis, glaubt al-Hassan, stünde ohnehin bereits fest. "Somit sind die Wahlen nichts anderes als eine formale Bestätigung der Diktatur."

Reformistisch oder rigoros? König Khalifa von BahrainBild: picture-alliance/dpa

Auch dies sieht Omar al-Hassan anders. Die Wahlen würden glatt und ohne Probleme verlaufen, erwartet er. Es werde sich zeigen, dass diese "die fairsten Wahlen in der gesamten Region" seien.

Bahrainische Kritiker wie Ahmed al-Wadaa kritisieren nicht nur die Situation der Menschenrechte. Unwohl ist ihnen auch angesichts der außenpolitischen Verhältnisse, insbesondere die aus ihrer Sicht zu große Nähe Bahrains zum Nachbarn Saudi-Arabien. Sie ist seiner Einschätzung nach verheerend für das Land. Seitdem die Führung in Riad der in Manama bei der militärischen Bekämpfung der Proteste des Jahres 2011 beigestanden habe, sei der Einfluss Saudi-Arabiens auf Bahrain erheblich gewachsen. "Bahrain ist völlig abhängig von Saudi-Arabien geworden, einschließlich seiner Wirtschaft", so al-Wadaa.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika