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Kein Platz mehr auf den Balearen

15. September 2017

Strengere Kontrollen bei Vermietung und eine Aussetzung der Vergabe von touristischen Lizenzen sollen Mieten senken und Platz für Einheimische schaffen.

Spanien Mallorca Strand Sangria
Bild: picture-alliance/ZB/A. Lander

Matthias Meindel hat lange gewartet, bis er sich auf Mallorca am Fuβe des Tramuntana-Gebirge ein Haus kaufte. Als er 2016 den Schritt wagte, wurde ihm von der balearischen Regierung ein Jahr später ein Strich durch die Rechnung gemacht: "Die touristische Vermietung dieses Hauses ist erstmal nicht möglich." Denn nach einem erneuten Besucherrekord auf den Balearen, der dazu geführt hatte, dass auf Ibiza sogar Matrazen auf dem Balkon als Schlafplätze zu horrenden Preisen an Urlauber vermietet worden waren, hat die balearische Regierung mit dem Erlass zahlreicher Restriktionen die Bremse für die Ferienvermietung gezogen. 

Ibiza vertreibt Einheimische aufs Festland

Allein 4,5 Millionen Deutsche besuchten die Balearen in 2016, insgesamt kamen mehr als 15 Millionen Touristen aus der ganzen Welt. Die auch durch Terror in anderen internationalen Feriengebieten erzeugten Boomjahre haben Ferienwohnungs-Mieten auf der Inselgruppe allein im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 19 Prozent in die Höhe getrieben. Das ergibt eine Studie des Internetportals pisos.com. Der durchschnittliche Mietpreis für eine Ferienwohnung für vier Personen oder ein Haus am Strand liegt im Sommer bei 1.489 Euro wöchentlich, so hoch wie nirgendwo anders in Spanien.

Gemäss der Internetseite Holidu ist Ibiza inzwischen der teuerste Fleck Spaniens. Hier kostete in diesem Sommer eine Nacht in einer Ferienwohnung am Strand für 2 Personen im Durchschnitt 314 Euro, das ist das Niveau von einem Fünf-Sterne-Hotel.  Dieser Trend hat auch den Wohnungsmarkt der Einheimischen erreicht (siehe Grafik), die sich in vielen Fällen nicht mehr leisten können, auf ihren Inseln zu leben. "Das können wir bei aller Liebe zum Tourismus nicht zulassen", sagte der Vize-Präsident der balearischen Regierung, Gabriel Barceló. Ab kommenden Jahr zahlen deswegen internationale Besucher drei statt 1,50 Euro am Tag an Touristensteuer, es wird jetzt auch für ein Jahr keine Lizenz mehr für Ferien-Vermietung ausgegeben. Als solche gelten alle Mietverhältnisse unter einem Monat.

Ferienwohnungs-Besitzer haben das Nachsehen

Der deutsche Immobilien-Makler Engel & Völkers ist zwar nicht direkt von dem Moratorium betroffen, da er nur Ferien-Miethäuser mit Lizenz im Angebot hat: "Aber es ist natürlich klar, dass jetzt keiner kaufen will, mit der Absicht zu vermieten, wenn wir nicht genau wissen, ob ab 2018 dort, wo dieses Objekt liegt, überhaupt wieder Lizenzen ausgeben werden", sagt der in Palma ansässige Mitarbeiter Patric Boes. Denn die Autorisierungen für touristische Vermietungen erfolgen im Prinzip nur noch da, wo es wenig Angebote für Urlauber gibt: auf kleinen Dörfern oder im Hinterland.

Privatwohnungen an Urlauber zu vermieten ist auf Mallorca seit 2012 eigentlich sowieso verboten, aber es hält sich keiner dran. Drakonische Strafen, die bis zu 400.000 Euro hochgehen, sollen Vermieter und Vermittler von diesem Geschäft abhalten. Die Regierung der Balearen will außerden nicht mehr als 623.624 Urlauber gleichzeitig auf den vier Inseln haben (siehe Grafik). Anbieter müssen zudem in Zukunft zum Erwerb der Ferienvermietungs-Lizenz Betten auf einer virtuellen Börse kaufen. Jedes Bett, das Urlaubern angeboten werden soll, kostet 4000 Euro.

Preise werden tendenziell nach unten gehen

"Mit den neuen Reglungen sollen die Mieten zumindest stabil gehalten werden, mehr Wohnraum auf den normalen Markt kommen und damit auch die Preise insgesamt gedrückt werden", sagt Enrique Alvarez Bernardo vom Palma-Büro der Kanzlei Cuatrecasas. Er weist darauf hin, dass mit dem neuen Gesetzeswerk auch der Umwandlung von Büroraum in Ferienwohnungen ein Riegel vorgeschoben wurde: "Was passieren wird auf dem Markt, ist, dass Häuser und Wohnungen mit touristischer Lizenz enorm an Wert gewinnen und die ohne enorm an Wert verlieren werden."

Aber der Anwalt glaubt, dass die Regierung handeln musste: "Denn die aktuelle Preissituation hat viele Einheimische bereits aufs Festland getrieben beziehungsweise das Ausziehen der bereits sehr grossen Kinder von zuhause verhindert." Zu den Opfern gehört auch die 28jährige Irene Lazarro, die seit Jahren auf Ibiza keine eigene Wohnung findet, um mit ihrem Freund zusammen zu ziehen: "Die Insel ist für uns Einheimische mit im europäischen Vergleich eher niedrigeren Gehältern, zu einem Luxus-Standort geworden." (siehe auch Grafik)

Für ausländische Hausbesitzer ist die Party erstmal vorbei

Zu den grössten Geschädigten auf der anderen Seite gehören Vermittler wie Hundredsroom, die ihren Sitz auch auf Mallorca haben oder Airbnb. Sollten Angebote auf ihren Webseiten stehen, die illegal sind, können nicht nur die Vermieter, sondern auch sie mit bis zu 400.000 Euro Strafe belangt werden. "Diese Unternehmen hoffen natürlich, dass das gerade verabschiedete Gesetz, wie bereits auf den Kanaren geschehen, in Teilen wieder gekippt wird", sagt Alvarez Bernardo.

Aber bis dahin gilt, dass die Nummern der Ferienvermietungs-Lizenzen demnächst über eine Internetseite abrufbar sein werden. Das heißt, Eigentümer können nicht einfach eine Nummer erfinden wie bisher. Das Register wird öffentlich zugänglich sein. Außerdem werden nach dem Moratorium die Gebühren und die Auflagen für den Erwerb der Lizenzen und auch die Grundsteuer erhöht, um das Geschäft weniger attraktiv zu machen. "Und Häuser, die nicht älter sind als fünf Jahre, dürfen ab der Aufhebung des Moratoriums überhaupt nicht vermietet werden", sagt Boes von Engel & Völkers. Außerdem: Betten in normalen Wohn-Gebäuden können nur noch an Touristen vermietet werden, wenn die Mehrheit der Eigentümer diesem Vorhaben zustimmt.

Für Irene Lazarro sind das alles gute Nachrichten: "Vielleicht bekomme ich ja so endlich eine Möglichkeit, mit meinem Freund zusammenzuziehen."

 

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