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Politik

Balten gegen Abzug von US-Truppen aus Europa

20. Juli 2020

Der geplante Teilabzug von US-Truppen aus Deutschland verstärkt die Ängste der drei baltischen Staaten vor dem übermächtigen Nachbarn Russland. Zur Abschreckung seien eher mehr als weniger US-Truppen in Europa notwendig.

Außenminister Heiko Maas und Urmas Reinsalu bei Beratungen in Tallinn
Ministertreffen mit Heiko Maas (l.) spricht mit seinem Amtskollegen Urmas Reinsalu in TalllinnBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Bei einem Besuch des deutschen Außenministers Heiko Maas in der estnischen Hauptstadt Tallinn sprachen sich Litauen, Lettland und Estland gemeinsam gegen einen Abzug von US-Truppen aus Europa aus. Nach einem Treffen mit dem Bundesaußenminister betonten die Ressortchefs aus den kleinen Ostseestaaten, zur Abschreckung Russlands seien eher mehr als weniger US-Truppen notwendig.

Nicht auf Kosten Deutschlands

Mit ihrem Vorstoß reagierten die drei Minister auf die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Truppenstärke in Deutschland um 9500 auf 25.000 US-Soldaten zu verringern. "Es ist kein großes Geheimnis: Uns fehlen definitiv einige (militärische) Fähigkeiten", sagte der litauische Außenminister Linas Linkevicius. Man setze dabei auf die Hilfe der Alliierten und würde sich auch mehr US-Soldaten im Baltikum wünschen - aber nicht auf Kosten der Stationierung in Deutschland. "Wir brauchen auf jeden Fall generell ein größeres Engagement der Amerikaner in Europa", sagte Linkevicius. Ähnlich äußerten sich seine Kollegen aus Estland und Lettland, Urmas Reinsalu und Edgars Rinkevics.

Einig: Edgars Rinkēvičs, Urmas Reinsalu, Heiko Maas und Linas Linkevičius (v.l.)Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Trump hatte den Truppenabzug aus Deutschland unter anderem mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben des wirtschaftsstärksten NATO-Partners in Europa begründet. Einen Teil der Soldaten will er zurück in die USA holen, aber es sollen auch einige innerhalb Europas verlegt werden - unter anderem nach Polen. Die Bekanntgabe der Details wird in Kürze erwartet.

Litauen, Lettland und Estland suchen seit ihrer wiedererlangten Unabhängigkeit von der damaligen Sowjetunion 1991 den Schulterschluss mit den USA. Die drei Ostsee-Staaten gehören seit 2004 der NATO an und fühlen sich seit Beginn der Ukraine-Krise 2014 zunehmend vom mächtigen Nachbarland Russland bedroht.

Zur Abschreckung Russlands schicken die USA immer wieder Soldaten zu Übungen in die drei Länder, haben aber keine Kräfte fest dort stationiert. Auch die NATO hat ihre Präsenz in der Region verstärkt und jeweils gut 1000 Soldaten in die baltischen Staaten und Polen entsandt. In Litauen sind deutsche Soldaten stationiert.

Reisen in Zeiten von Corona: Heiko Maas im BaltikumBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Zu Zeiten des Kalten Krieges waren rund 250.000 US-Soldaten in Westdeutschland stationiert, um der Sowjetunion die Stirn zu bieten. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts wurde radikal reduziert: Im Jahr 2000 waren es nur noch 70.000 US-Soldaten, zehn Jahre später 48.000, heute sind noch knapp 35.000 übrig.

US-Politik steht nicht geschlossen hinter Trump-Plan

Die Bundesregierung in Berlin wurde von Washington vor der Entscheidung über den Abzug von weiteren 9500 Soldaten nicht konsultiert, sondern lediglich grob darüber informiert. Berlin verwies bereits darauf, dass eine Verlegung von Truppen nach Osten die Spannungen mit Russland verschärfen könnte.

Widerstand gegen die Pläne des Präsidenten gibt es auch im US-Kongress, sowohl bei Trumps Republikanern, als auch bei den Demokraten. Der Plan wird im Kongress vor allem kritisch gesehen, weil er das Verteidigungsbündnis NATO schwächen und Russland in die Hände spielen könnte. Im Senat und im Repräsentantenhaus gibt es daher Pläne, den Teilabzug über das Gesetz zum Militärhaushalt zu verhindern.

Putin rüstet derweil weiter auf

Bei einem Besuch auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim hat Kremlchef Wladimir Putin einen Ausbau der russischen Kriegsflotte angekündigt. In der Hafenstadt Kertsch brachte er den Bau von sechs Kriegsschiffen auf den Weg, darunter je zwei große Angriffskreuzer, Atom-U-Boote und Fregatten. Sie würden mit modernen Waffensystemen ausgestattet, sagte der russische Präsident.

qu/kle (dpa, AA, afp)

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