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Politik

Ein Leben für die Politik

Kai Steinecke | Rodion Ebbighausen
1. Februar 2017

Ban Ki Moon begann seine Amtszeit als UN-Generalsekretär vor zehn Jahren als Versöhner innerhalb der Weltorganisation und ging Konflikten aus dem Weg. Jetzt kehrt er der Politik den Rücken.

Südkorea Seoul - ehemaliger U.N. Generalsekretär Ban Ki-Moon bei Pressekonferenz
Bild: Reuters/Kim Hong-Ji

Für seine Gegner wird er wahrscheinlich immer der Mann bleiben, der mit seinem zögerlichen Handeln und fehlenden Charisma zur Profillosigkeit der Vereinten Nationen beigetragen hat. Doch genau dafür schätzten ihn seine Befürworter: als ruhigen und stetigen Steuermann der 71 Jahre alten Organisation. Jetzt kündigte der südkoreanische Politiker an, der Politik den Rücken zu kehren. Zuvor war er als aussichtsreichster Kandidat für das südkoreanische Präsidentenamt gehandelt worden, das durch den Korruptionsskandal der letzten Monate schwer beschädigt ist. Auf einer unangekündigten Pressekonferenz sagte er: "Es tut mir leid, wenn ich viele Menschen damit enttäuschen werde." Zuvor hatte Ban sich mit Mitgliedern konservativer Parteien getroffen.

Schon früh strebte Ban Ki Moon eine Diplomatenkarriere an. Er studierte internationale Beziehungen in Südkorea und Verwaltungswissenschaften in Harvard. Ab 1979 war er als Diplomat in der damaligen südkoreanischen Militärdiktatur Park Chung Hee tätig und wurde dann der erste Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York. Südkorea war erst 1991 Mitglied geworden. Nach mehreren Stationen bei der UN und als Botschafter in Washington wurde er im 2003 außenpolitischer Berater und später Handels- und Außenminister des südkoreanischen Präsidenten Roo Moo Hyun, der die unter dem Stichwort "Sonnenscheinpolitik" bekannt gewordene Annäherung an Nordkorea seines Amtsvorgängers fortsetzte und sich für die Demokratisierung des Landes engagierte.

Harmonie innerhalb der UN als oberste Priorität

International bekannt wurde Ban als UN-Generalsekretär. Die Vereidigung fand im Dezember 2006 statt. Kurz vor seinem ersten öffentlichen Auftritt als Generalsekretär sorgte der neue Generalsekretär für eine Kontroverse. Der irakische Ex-Diktator Saddam Hussein war gerade hingerichtet worden. Ban ließ sich dahingehend vernehmen, dass es jedem Land freistehe, über Exekutionen zu entscheiden. Hussein war 2004 von den USA an die irakische Justiz übergeben worden und im November 2006 zum Tod durch den Strang wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden. Die Äußerung Bans hatte für weltweite Entrüstung gesorgt, weil sie mit der UN-Menschenrechts-Charta in Konflikt steht, die jedem Menschen "das Recht auf Leben" zuschreibt. Auf den öffentlichen Druck hin revidierte Ban sein Statement.

Ban Ki-Moon mit der UN-Klimabeauftragten Christina Figueres, Frankreichs Außenminister Fabius und Premier Hollande nach dem erfolgreichen Abschluss der Pariser KlimaverhandlungenBild: Reuters/S. Mahe

Seine erste Amtszeit war von dem Versuch geprägt, die Reihen innerhalb UN wieder enger zu schließen. Sein Vorgänger Kofi Annan hatte schon mit seiner Wahl für Kontroversen gesorgt, weil die USA ihn 1997 gegen den Widerstand vieler Mitgliedsländer in sein Amt gehievt hatten. Den USA blieb er aber keinesfalls treu, sondern verurteilte ihre Invasion im Irak in einem Interview als illegal, wobei er sich auf die UN-Charta stützte. Nach seiner damaligen Auslegung hätten die USA und ihre Verbündeten zunächst auf die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates warten müssen. Ban hingegen befürwortete das Handeln der USA: "Wir müssen diesen Beitrag der Vereinigten Staaten und die damit verbundenen Opfer zu schätzen wissen."

An diesem Neutralitätskurs hielt Ban auch 2009 fest , als er dem alten und neuen iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad zu seinem Sieg gratulierte, obwohl die Wahl von massiven Fälschungsvorwürfen aus dem In- und Ausland überschattet war. Später führte der Wahlausgang zu massiven Protesten und Ausschreitungen innerhalb des Landes. Damals wurden rund 4000 Bürger Irans verhaftet und ungefähr 70 getötet, woraufhin sich mehrere iranische Intellektuelle an die UN wandten. Ban Ki Moon schwieg jedoch.

Kampf gegen Klimawandel

Deutlich zeigte sich an diesen Entscheidungen das diplomatische Profil Bans. In seiner ersten Amtszeit ließ er die Hände von den kontroversen Themen der Weltpolitik und legte den Fokus auf eine funktionierende UN. Viele Beobachter meinen, dass er sich in der Rolle des Kritikers nicht wohlgefühlt habe und deswegen erst in seiner zweiten Amtszeit umstrittene Themen angegangen sei.

Der Kampf gegen die Erderwärmung war für Ban dagegen von Anfang an eine Herzensangelegenheit. "Die Gefahr, die vom Klimawandel für die Menschheit und den Planeten ausgeht, ist mindestens so groß wie die durch einen (Atom)krieg", sagte der Generalsekretär auf der UN-Generalversammlung 2007 und unterstrich diese Position auch auf der UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen. Aber erst 2015 gelang mit dem Klimaabkommen von Paris der Durchbruch – zumindest auf diplomatischer Ebene. Ban bezeichnete das Abkommen von Paris später als einen der glücklichsten Momente seiner Laufbahn.

Schatten auf Auslandseinsätzen

Schon vor seiner zweiten Amtszeit hatte sich ein diplomatischer Stilwechsel bei Ban Ki Moon angedeutet. Während der Regierungskrise in der Elfenbeinküste 2011, als Machthaber Laurent Gbagbo seine Niederlage gegen Oppositionsführer Alassane Ouattara nicht eingestehen wollte, agierte Ban Ki-Moon schnell und drängte den UN-Sicherheitsrat zu der Entsendung von Friedenstruppen. Damit brachten die Vereinten Nationen zumindest einen erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs unter Kontrolle und zwangen Gbagbo zur Machtübergabe an Ouattara.

In Bans Amtszeit fallen allerdings auch zwei dunkle Kapitel in den Blauhelmeinsätzen der UN. Das ist zum einen die Cholera-Epidemie in Haiti, die von nepalesischen Blauhelmen 2010 ausgelöst wurde. Nach einem Erdbeben starben fast 9000 Menschen an der Epidemie und etwa 800.000 wurden infiziert. Ban Ki Moon entschuldigte hierfür erst kurz vor Ende seiner Amtszeit im Dezember 2016 und gestand eine "moralische Verantwortung" der UN ein. Jede juristische Verantwortung weist die Organisation aber weiter von sich.

Auch der UN-Generalsekretär kann das Töten in Syrien nicht beenden - und wird von Kritikern in Mithaftung genommenBild: Reuters/D. Balibouse

Ähnliches gilt für die Fälle von Vergewaltigung und Kindesmissbrauch durch Blauhelmsoldaten in der Zentralafrikanischen Republik im Jahr 2014. Anders Kompass, der Whistleblower, der die Informationen an die französischen Behörden weitergeleitet hatte, wurde von den UN suspendiert, gegen ihn wurde eine Untersuchung eingeleitet. Kompass, der 17 Jahre im Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte tätig war, zeigte sich von der Reaktion  sichtlich enttäuscht und bemängelte die schlechte Aufarbeitung der Taten. Schließlich legte er sein Amt nieder.

Macht und Ohnmacht

Auch der engagierteste UN-Generalsekretär stößt letztlich durch die gegebenen Strukturen und Machtverhältnisse innerhalb der UN an seine Grenzen. Das musste Ban Ki Moon zum Ende seiner Amtszeit im Herbst 2016 besonders drastisch im Syrien-Konflikt erleben. Dort ging der von äußeren Mächten angeheizte blutige Kampf um Aleppo auf Kosten der Zivilbevölkerung weiter, aller "Waffenruhen" zum Trotz und ungeachtet des Appells von Ban Ki Moons, dass "der Albtraum ein Ende haben muss." Erst die Eroberung Ost-Aleppos durch syrische Regierungstruppen im Dezember beendete den Beschuss und die Bombardements der Wohnviertel.

Auf anderen Gebieten konnte Ban Dinge anstoßen. So setzte er in der Gleichstellung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern (LGBT) neue Maßstäbe in einer UN, deren Mitgliedsstaaten oft selbst noch gegen die Rechte dieser Personen verstoßen. Bei seiner Rede "The time has come", die er im UN-Menschrechtsrat 2012 hielt, verließ eine Gruppe Delegierter aus Protest den Saal. In einem Interview gab er aber auch zu, dass es für ihn selber nicht leicht gewesen sei, sich der Problematik anzunehmen: "Ich bin in Korea in sehr konservativen Kreisen aufgewachsen." Ban Ki Moon hat zudem die  Frauenquote innerhalb der Vereinten Nationen signifikant erhöht und nach seinem Amtsantritt 2007 "mehr Frauen ernannt als je zuvor", schreibt Angela Kane, die selbst über Jahre in einer Führungsposition bei den Vereinten Nationen arbeitete.

Mit seiner überraschenden Erklärung, dass er nicht für des Präsidentenamt in Südkorea kandidieren werde, endet die wechselvolle politische Karriere des ehemaligen UN-Generalsekretärs.

 

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