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Banken-Union soll Steuerzahler schützen

Bernd Riegert19. Dezember 2013

Kompliziert, alle Interessen ausgleichend, aber womöglich zu langsam: Die Banken-Union ist ein typischer Kompromiss. Aber immerhin nimmt die einheitliche Aufsicht von EU-Banken nun Gestalt an.

Bild von der neuen EZB-Zentrale in Frankfurt am Main (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Die Weihnachtsbotschaft lautet: Europa funktioniert", scherzte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gut gelaunt zu Beginn der Beratungen der 28 EU-Finanzminister zur Banken-Union. Nach monatelangen Verhandlungen und einem zwei Tage dauernden Schlussspurt in Brüssel wurde das gemeinsame Modell zur Beaufsichtigung und Abwicklung von maroden Banken in Europa abgesegnet. Zwar können die letzten juristischen Feinheiten wahrscheinlich erst im Februar 2014 geklärt werden, aber die politische Einigung auf einen Mechanismus zur Abwicklung einer Bank und einen Fonds zur Finanzierung dieser Abwicklung ist nun da.

Bankenunion: Durchbruch im europäischen Bankensektor

01:45

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EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach von einem "wichtigen Durchbruch", der unter den 17 Finanzministern der Euro-Währungsgemeinschaft erzielt worden sei. Bundesfinanzminister Schäuble merkte an, die nächtlichen Sitzungen der Finanzminister seien keine Zeitverschwendung: "Das muss man sich immer wieder klar machen. Wir machen es nicht aus Jux und Dollerei, sondern wir machen es! Wir sind gut vorangekommen."

Abwicklungsbehörde und Rettungsfonds mit komplizierten Regeln

Von 2014 an werden die wichtigsten 130 Banken in Europa der direkten Aufsicht durch die Europäische Zentralbank unterstellt. Sollte die Bankenaufsicht entscheiden, dass ein Geldhaus marode ist und saniert oder abgewickelt werden muss, dann tritt der so genannte "Einheitliche Abwicklungsmechanismus" (SRM) auf den Plan. Diese neue Behörde entwickelt einen Sanierungsplan, der von den Eigentümern der Banken, deren Gläubigern und einem neuen Banken-Abwicklungsfonds finanziert werden soll. Für die Entscheidungsfindung in der Abwicklungsbehörde haben die Finanzminister ein äußerst kompliziertes Modell entwickelt, um rechtlichen Bedenken Deutschlands Rechnung zu tragen. Das letzte Wort sollen im Zweifelsfall die europäischen Finanzminister und nicht die EU-Kommission haben.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, der ja Chef der Bankenaufsicht wird, nannte das Verfahren bei einer Anhörung im Europäischen Parlament "zu kompliziert". Die vielen Verfahrensschritte würden, so Draghi, zu viel Zeit kosten. Bei einer Bankenpleite müsse rasend schnell - über Nacht - gehandelt werden, um die Finanzmärkte nicht zu beunruhigen und Ansteckungsgefahren für andere Banken zu vermeiden.

Hat sich durchgesetzt: Finanzminister SchäubleBild: DW/B. Riegert

In zehn Jahren fertig: Ein Fonds zur Abwicklung von Banken

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verwahrte sich indirekt gegen solche Kritik, die auch von internationalen Finanzinstitutionen oder Finanzministern außerhalb Europas kommt. "Ich weiß, dass das kompliziert ist. Aber wenn ihr eine bessere Idee habt, wie man aus 28 selbstständigen Nationen eine politische und wirtschaftliche Union macht und aus 18 Währungen eine europäische Währung, dann lasst es mich bitte wissen."

Größter Streitpunkt zwischen armen und reichen Euro-Ländern war die Finanzierung des Banken-Abwicklungsfonds. Im Prinzip soll er von den Banken selbst über einen Zeitraum von zehn Jahren gefüllt werden und am Ende 55 Milliarden Euro umfassen. In der Zwischenzeit sollen nach deutschen Vorstellungen die einzelnen Mitgliedsstaaten im Falle einer Bankenpleite zahlen. Wenn sie dazu kein Geld haben, können sie sich Mittel beim Europäischen Rettungsfonds (ESM) in Luxemburg, allerdings unter strengen Bedingungen, ausleihen. Das hatte Spanien bereits praktiziert, um seine maroden Banken zu retten. Krisenländer wie Spanien, Italien und Irland wollten eigentlich erreichen, dass Banken direkt vom ESM, also aus einer Gemeinschaftskasse, Geld erhalten könnten. Denn diese Mittel würden dann nicht als neue Staatsschulden gelten. Mit dieser Forderung konnten sich die Krisenländer offenbar nicht durchsetzen. Bundesfinanzminister Schäuble sagte, er wolle nicht ausschließen, dass es in den nächsten Jahren weitere Vorstöße von einzelnen Ländern dazu geben könnte. "Aber wir können den ESM nicht zur Kreditlinie für jedermann machen."

Die Banken-Union soll Sparer und Steuerzahler vor der nächsten Finanzkrise schützenBild: picture alliance/dpa

Eigentümer der Banken sollen stärker haften

Die Banken-Union ist nach Ansicht des Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, das wichtigste Projekt der Europäischen Union. Es solle verhindern, dass bei einer erneuten Bankenkrise wieder die europäischen Steuerzahler die Verluste zahlen müssten. Für Bankeigentümer und Investoren wird allerdings klar, dass ihr Risiko bei Bankgeschäften steigen wird, weil sie jetzt haften müssen. Trotzdem, so Bundesfinanzminister Schäuble, werde die Banken-Union die Gemeinschaftswährung Euro stabiler machen. "Die Banken-Union ist ein wesentlicher Schritt für die erfolgreiche Stabilisierung unserer Währung und für die Überzeugung der Finanzmärkte, dass die europäische Währung trotz der komplizierten europäischen Strukturen funktioniert", sagte Schäuble am Mittwoch in Brüssel.

Langfristig tritt Deutschland dafür ein, die europäischen Verträge zu ändern, um aus der juristisch komplizierten Bankenunion eine echte europäische Einrichtung nach Gemeinschaftsrecht zu machen. Das Europäische Parlament, der Ministerrat und die EU-Kommission einigten sich darauf, dass Guthaben von bis zu 100.000 Euro europaweit bei einer möglichen Bankenpleite künftig geschützt sein sollen. Die EU folgt damit dem deutschen Modell der Einlagensicherung. Kurz vor Weihnachten beschrieb der Bundesfinanzminister die Aussichten für die Bankenunion und die Euro-Zone biblisch: "Wir sind noch nicht im Himmlischen Jerusalem, ja, aber ich beschreibe den Weg, den wir gehen." In ferner Zukunft werde man dann auch den Europäischen Rettungsfonds ESM nicht mehr brauchen.

EU-Gipfel will sich mit Drohnen statt Banken beschäftigen

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten eine Einigung bei der Bankenabwicklung bis Jahresende mehrfach gefordert. Bei ihrem am Donnerstag (19.12.2013) beginnenden Gipfel müssen sie sich mit diesem äußerst komplizierten Thema nun nicht mehr im Detail beschäftigen, sondern können sich unter anderem auf die europäische Verteidigunspolitik konzentrieren. Diese hatte der Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy auf Tagesordnung gesetzt.

Gewichtige Beschlüsse sind allerdings nicht zu erwarten. Eigene Kampftruppen wird die EU nicht einsetzen. Die theoretisch vorhandenen "Battle groups", also Kampfverbände, die aus Soldaten der EU-Mitgliedsstaaten bestehen, sind bislang noch nie ausgerückt. Die EU baut viel mehr auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit regionalen Zusammenschlüssen wie der Afrikanischen Union. Frankreich verlangt von der EU Geld für seinen laufenden militärischen Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik. Deutschland und andere EU-Mitglieder stehen der Forderung ablehnend gegenüber.

Beschlüsse über größere gemeinsame Rüstungsprojekte werden ebenfalls nicht erwartet. Im November hatten sich sieben EU-Staaten zusammengeschlossen, um gemeinsam von 2020 an unbemannte Drohnen einzusetzen. Dass die Mehrheit der EU-Staaten sich diesem Drohnen-Projekt anschließen wird, sei eher unwahrscheinlich, so EU-Diplomaten. Die Verteidigungspolitik der EU wird außerdem eifersüchtig von der ebenfalls in Brüssel ansässigen transatlantischen Verteidigungsallianz NATO beobachtet. Besonders die USA, als stärkste NATO-Macht, wollen Parallel-Strukturen und Kompetenz-Wirrwarr vermeiden. Die meisten EU-Mitglieder sind ja Mitglieder der NATO. Deshalb wird auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am EU-Gipfel teilnehmen.

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