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Unfreundliche Übernahme?

Jochen Faget (Lissabon)6. Mai 2016

Großbanken aus Spanien kontrollieren immer mehr portugiesische Finanzinstitute. Der Einfluss ihrer einzigen Konkurrentin, der Angolanerin Isabel dos Santos, wird zurückgedrängt. Jochen Faget aus Lissabon.

Novo Banco
Bild: Jochen Faget

Portugals Banken kommen einfach nicht aus den Schlagzeilen: Rund 14 Milliarden Euro hat den Steuerzahler die Rettung des maroden Finanzsektors bereits gekostet. Einst honorige Bankchefs sitzen in Untersuchungshaft, warten auf ihre Prozesse wegen höchst krimineller Handlungen, oder sind auf der Flucht vor der Justiz. Und jetzt streiten sich Spanier und Angolaner um die Kontrolle der BPI, der Portugiesischen Investmentbank, eines der wenigen Institute, denen es - zumindest anscheinend - noch gut geht.

Viele Wirtschaftsfachleute des Landes schlagen Alarm."Die Banken sind ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Wirtschaft", erklärt Professor Francisco Louçã. "Darum lassen andere Länder wie Frankreich oder Deutschland den Verkauf ihrer wichtigen Finanzinstitute an ausländische Wirtschaftsgruppen nicht zu. Eine solche Abhängigkeit ist auch für Portugal ein Problem."

Wirtschaftsprofessor Francisco Louçã: "Notfalls muss der Staat die Banken führen."Bild: Jochen Faget

Vor allem, weil der große Nachbar Spanien im kleinen Portugal bereits verschiedene Banken übernommen hat. Zuletzt die Pleitebank BANIF, die ihren Sitz auf der Atlantikinsel Madeira hatte und von der spanischen Santander-Gruppe geschluckt wurde. Weil sowohl die EU als auch die Europäische Zentralbank (EZB) unzulässigen Druck ausgeübt haben, so Louçã. Seit Wochen versucht ein Untersuchungsausschuss des Parlaments herauszufinden, was da passiert ist. Bis jetzt ohne Erfolg.

Verschwörungstheorien

Die bösen Spanier übernehmen mit Europas Hilfe Portugals Banken - ein perfekter Stoff für Verschwörungstheorien. Oder die Wahrheit? Der Fall BPI kommt beiden Seiten wie gerufen. Denn bei der Bank hat die angolanische Präsidententochter Isabel dos Santos das Sagen, obwohl sie nach der mächtigen spanischen Caixa-Gruppe nur zweitgrößter Anteilseigner ist. Denn die portugiesische Bank ist ihrerseits an einer angolanischen beteiligt, die ebenfalls von der umtriebigen Geschäftsfrau kontrolliert wird. Darum hat sie eine Sperrminorität in Portugal.

Das soll sich jetzt ändern, nachdem Europa immer wieder gefordert hatte, den angolanischen Einfluss wegen der großen Risiken dort zurück zu drängen. Die Regierung in Lissabon erließ darum ein Gesetz, das die Sperrminorität dos Santos' aufhebt - der Weg der Spanier zur Kontrollübernahme scheint jetzt frei.

"Gut", mögen viele sagen. Denn der Ursprung des Vermögens der angolanischen Präsidententochter ist höchst zweifelhaft, das Regime des westafrikanischen Öl- und Diamantenlandes alles andere als demokratisch. "Doch Portugal und seine Ex-Kolonie verbinden enge wirtschaftliche und kulturelle Bande", gibt der Wirtschaftsprofessor João Duque zu bedenken. Da werde sich dieser Affront negativ auf die Beziehungen der beiden Länder auswirken, Portugal womöglich noch tiefer in die Krise rutschen. Obendrein befinde Angola sich im Umbruch - ein weiterer Grund, die wirtschaftlichen Beziehungen zu vertiefen, statt sie zu kappen.

João Duque: "Ein Bankenkrieg mit Angola schadet Portugal."Bild: Jochen Faget

Schlechter Einfluss aus Spanien?

Eine spanisch kontrollierte Bank werde portugiesischen Unternehmen keine Kredite geben, wenn die in direkter Konkurrenz zu spanischen Unternehmen stehen, an denen sie womöglich auch noch beteiligt sei, gibt Wirtschaftsprofessor Louçã zu bedenken. Darum dürfe der Staat den Sektor nicht aus der Hand geben. Seine Aufgabe sei es, für ein funktionierendes Banksystem zu sorgen, das Wirtschaftswachstum durch Kreditvergabe fördere.

Das ist sicher auch richtig, nur hat die portugiesische Regierung sich auf diesem Gebiet bis jetzt nicht sonderlich hervorgetan: Einerseits zeigt Portugals größte Bank, die Caixa Geral de Depósitos, die zu hundert Prozent dem Staat gehört, nicht viel mehr Risikobereitschaft als die privaten Banken. Andererseits hat die mit der Troika ausgehandelte Gründung einer eigenen Förderbank nach dem Beispiel der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau keine Ergebnisse gebracht. Das gibt auch Francisco Louçã zu: "Die zahlt nur ihren Direktoren fette Gehälter, sonst ist nichts geschehen."

In einem Punkt jedoch sind die beiden Wirtschaftler sich einig: Die offensichtlich von der EZB bevorzugte spanische Dominanz im heimischen Bankgeschäft ist schlecht für Portugal. "Das ist kein falsch verstandener Nationalismus, keine Wirtschaft darf von nur einem Kreditgeber beherrscht werden", findet João Duque. Diese Gefahr aber scheint real.

Demnächst wird eine weitere Großbank zum Verkauf stehen: Die Novo Banco, die nach der aufsehenerregenden Pleite der Espirito-Santo-Bank gegründet wurde, muss privatisiert werden. Natürlich stehen die spanischen Banken dafür bereits Schlange; Isabel dos Santos aus Angola, die da wohl auch gern mitgepokert hätte, scheint erst mal aus dem Rennen. Auf die Frage, warum sich nur spanische und angolanische Investoren für Portugals Banken interessieren, weiß allerdings auch João Duque keine Antwort.

Spanische und angolanische Investoren streiten sich um die Bank BPIBild: Jochen Faget

Wahl zwischen Pech und Schwefel

Der Kampf um die BPI-Bank sei verloren, prophezeit Wirtschaftsprofessor Francisco Louçã. Die werde von der spanischen Caixa-Gruppe übernommen, da sei nur noch Schadensbegrenzung bei den Beziehungen zu Angola angesagt. Der Krieg um die Banken in Portugal gehe jedoch weiter und die Wahl zwischen ausschließlich spanischen und angolanischen Investoren sei bestenfalls eine Wahl zwischen Pech und Schwefel.

Wenn alles andere den Interessen des Landes schade, müsse eben der Staat die viel wichtigere und größere Bank Novo Banco weiter führen, statt sie zu verkaufen. Es ist jedoch höchst zweifelhaft, dass Brüssel und die EZB da mitmachen. Und andere Interessenten als spanische Banken haben sich bis jetzt nicht gemeldet.

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