1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bankenunion für die EU steht

Bernd Riegert15. April 2014

Die Abwicklung maroder Geldhäuser soll künftig die Steuerzahler in der EU weniger belasten. Das Europäische Parlament machte dafür jetzt den Weg frei. Grundlage für den Beschluss war eine Marathonsitzung im März.

Grünlicht für das Euro-Rettungsfonds
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

"Wir haben unseren eigenen Rekord gebrochen", sagte die Europa-Abgeordnete Corien Wortmann-Kool am 20. März dieses Jahres erschöpft, aber sichtlich zufrieden nach 16 Stunden Verhandlungen mit den Vertretern des Ministerrates, also der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission. Das seien die längsten und härtesten Verhandlungen in der zu Ende gehenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments gewesen, so Wortmann-Kool, die für die konservative Fraktion am Verhandlungstisch saß. Nach dem harten Ringen stand der entscheidende Teil der europäischen Bankenunion: Ein Abwicklungsfonds für marode Banken und eine neue Behörde, die über Bankenschließungen entscheiden soll.

"Das ist eine tragende Säule der Bankenunion. Sie ist wichtig, um das Vertrauen in den Bankensektor wiederherzustellen und die Verbindung zwischen Bank-Risiken und Staatsverschuldung zu kappen. Sie kann die wirtschaftliche Gesundung in Europa beschleunigen und dafür sorgen, dass die Unternehmen wieder Kredite von den Banken bekommen", sagte die Europa-Abgeordnete Wortmann-Kool.

Banken zahlen 55 Milliarden Euro in Fonds einBild: picture-alliance/dpa

Der Bankenabwicklungsfonds soll schneller als geplant - in acht statt in zehn Jahren - aufgebaut werden. Die Banken selbst sollen 55 Milliarden Euro in den Rettungstopf einzahlen. Bei der Entscheidung, ob und wann eine Bank geschlossen werden soll, wird die Europäische Zentralbank künftig den wichtigsten Impuls geben. Bei der EZB in Frankfurt am Main liegt ja auch die Aufsicht über das Geschäftsgebaren und die Risiken der wichtigsten Großbanken in Europa.

Schnelle Abwicklung maroder Banken

Die Abwicklung einer Bank soll künftig von der Geschäftsführung und der Vollversammlung der neuen Abwicklungsbehörde beschlossen werden. Der Rat, also die Finanzminister der Mitgliedsstaaten, soll nur noch ein Einspruchsrecht haben. "Die entscheidende Frage war ja, können wir übers Wochenende im Notfall eine Bank abwickeln? Wir können jetzt sagen: ja. Wir haben Vertrauen in diese Lösung. Das ist jetzt möglich", sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), zu dem vereinbarten Kompromisspaket.

Der Bankenabwicklungsfonds soll schrittweise vergemeinschaftet werden, also aus nationaler Verantwortung in europäische Verwaltung übergehen. Der Fonds kann selbst Kredite aufnehmen, um sein Volumen zu vergrößern. Bevor der Fonds aber zahlen muss, werden künftig die Eigentümer der Banken, Gläubiger und große Anleger zur Kasse gebeten. Erst ganz am Ende der Haftungskaskade sollen die Staaten, also die Steuerzahler, stehen.

Finanzminister Schäuble wurde aus dem Bett geklingelt

Rechtliche Grundlage für diesen Teil der Bankenunion bleibt allerdings ein besonderer Vertrag zwischen den 28 Mitgliedsstaaten der EU, der nicht Teil des europäischen Rechts ist. Parlament und EU-Kommission wollten eigentlich eine andere rechtliche Konstruktion, doch besonders Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte auf dem zwischenstaatlichen Vertrag beharrt. Alles andere würde ihm möglicherweise das Bundesverfassungsgericht verbieten, hatte Schäuble immer wieder argumentiert. Bei Entscheidungen, die viel Geld kosten könnten, müsse die Verantwortung bei den nationalen Parlamenten, also dem Bundestag, bleiben, so Schäuble.

Skeptisch bis zum Schluss: Finanzminister SchäubleBild: DW/B. Riegert

Mit dieser Forderung hat sich der Bundesfinanzminister durchgesetzt. Bei vielen anderen Fragen musste er zurückstecken. Das löste beim grünen Europa-Abgeordneten Sven Giegold eine gewisse Schadenfreude aus: "Das Parlament ist nicht machtlos: Wir können Herrn Schäuble morgens um 5.30 Uhr anrufen, und er musste dann aufgeben." Mit dem Finanzminister war in den frühen Morgenstunden telefoniert worden, um den Kompromiss zwischen Parlament, Rat und EU-Kommission letztlich absegnen zu lassen.

Wolfgang Schäuble erklärte in Berlin, er sei mit der Lösung zufrieden, weil künftig die Eigentümer der Banken für ihre Risiken selbst haften müssten und mit deutschen Steuergeldern keine europäischen Banken mehr gerettet werden müssten.

Das Parlament hat gewonnen: Grüner Finanzpolitiker GiegoldBild: DW/M. Banchón

Eine Säule fehlt noch

Mit der Bankenunion soll im Endausbau verhindert werden, dass die Pleite einer Bank in der Euro-Zone noch einmal zu einer Finanz- und Schuldenkrise führen kann, wie sie in den letzten fünf Jahren zu meistern war. Die erste Säule der Bankenunion, die Aufsicht der Europäischen Zentralbank über die 128 wichtigsten Banken, soll im November 2014 mit der Arbeit beginnen. Zuvor wird ein genauer Test der Banken durchgeführt, um versteckte Risiken in den Bilanzen zu finden.

2016 soll dann der heute beschlossene Bankenabwicklungs-Mechanismus (SRM) in Kraft treten. Die dritte Säule der Banken-Union wäre eine gegenseitige Sicherung der Spareinlagen in Europa. In diesem Punkt sind die Mitgliedsstaaten aber noch sehr zerstritten. Viel Stoff für weitere Verhandlungsnächte.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen