Die Auktion war ein voller Erfolg: Der Streetart-Künstler Banksy will den Erlös jetzt an ein palästinensisches Krankenhaus in Bethlehem spenden.
Anzeige
"Tue Gutes und rede darüber" - dieses jahrzehntealte Leitmotiv gilt seit einiger Zeit auch für den Streetart-Künstler Banksy. Sein aus drei Bildern bestehendes Werk "Mediterranean Sea View 2017" ist am Dienstag, den 28.7.2020, vom Auktionshaus Sotheby's in London für 2,235 Millionen Pfund (umgerechnet rund 2,47 Millionen Euro) versteigert worden. Das ist weit mehr, als man sich für das auf 1,3 Millionen Euro geschätzte Triptychon erhofft hatte. Der Künstler will das Geld für den Aufbau eines Schlaganfall-Zentrums in einem palästinensischen Krankenhaus in Bethlehem zur Verfügung stellen und außerdem Hilfsmittel für die Reha von Kindern finanzieren.
Jedes der drei Bilder zeigt einen Küstenabschnitt, von den Wellen werden Rettungswesten angespült - ein Mahnmal für die im Mittelmeer gestorbenen Geflüchteten. "In 'Mediterranean Sea View 2017' verfremdete Banksy drei herkömmliche Ölgemälde mit seinen eigenen pointierten Überarbeitungen, um etwas zu schaffen, das sich zwar als Meereslandschaft des 19. Jahrhunderts ausgibt, aber eines der brennenden Themen des 21. Jahrhunderts in den Fokus stellt", sagte Sotheby's Europa-Chef für zeitgenössische Kunst, Alex Branczik.Mit der angekündigten Spende setzt Banksy einen in jüngerer Vergangenheit eingeschlagenen Weg fort - er möchte mittels seiner Kunst nicht nur politische Botschaften vermitteln, sondern unmittelbar Einfluss nehmen. Der Künstler, dessen Identität bis heute nur einem kleinen Kreis bekannt ist, erregte erstmals in den 1990er Jahren mit Graffiti in London und seiner Heimatstadt Bristol Aufmerksamkeit, zur Jahrtausendwende stieg er auf Schablonen um, deren Motive er an Hauswände sprühte.
Banksy pangert Krieg und Kapitalismus an
Bald verteilte Banksy seine Graffiti weltweit. Häufig sind Affen oder Ratten die Protagonisten seiner Werke, die sich gegen Krieg, Kapitalismus und das Establishment richten. Er kritisierte den Brexit und widmete den unbekannten Helden der Corona-Krise, den Krankenschwestern und Pflegern, ein Bild im Krankenhaus. Zuletzt erklärte er sich mit der Bewegung "Black Lives Matter" solidarisch und protestierte mit einem Kunstwerk gegen Rassismus und Polizeigewalt. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen der vermummte "Flower Thrower", der statt eines Molotow-Cocktails Blumen wirft, und "Girl with Balloon".
Im Oktober 2018 stand dieses Bildnis eines Mädchens mit einem Ballon ebenfalls bei Sotheby's zur Auktion. Nachdem es für rund 1,2 Millionen Euro den Besitzer gewechselt hatte, setzte sich das Bild plötzlich in Bewegung und kam unterhalb des Rahmens etwa zur Hälfte heraus - geschreddert in feine Streifen. Sollte das Kritik am Kunstzirkus ausdrücken, in dem es häufig um schwindelerregende Summen und Besitz geht, aber zu selten um Kunst? In jedem Fall war es für die mysteriöse Aura des Künstlers eine gelungene Aktion. Wobei - gelungen fand Banksy den Vorfall nicht: Einige Tage nach der Versteigerung enthüllte er, dass das Werk eigentlich komplett zerstört werden sollte.
Auch die vermeintliche Kritik an der Kommerzialisierung entpuppte sich als Eigentor. Das geschredderte Bild stieg im Wert und bei einer weiteren Auktion im Oktober 2019 erzielte Banksys Bild "Devolved Parliament" rund elf Millionen Euro. Damit lag der Zuschlag beim fünffachen des eigentlich geschätzten Wertes.
Anzeige
"Venice in Oil" als Kritik am Massentourismus
Sehr viel bodenständiger war dagegen Banksys unbehelligter Auftritt als Straßenkünstler in Venedig im Frühjahr 2019. Aus neun neben- und untereinander aufgestellten Bildern ergab sich ein Gesamtmotiv: ein Kreuzfahrtschiff. Die Aktion "Venice in Oil" kritisierte den Massentourismus und die mit ihm verbundene Umweltverschmutzung. Kurz darauf hinterließ Banksy auch ein Graffito an einer venezianischen Hauswand – und steigerte damit den Wert des leerstehenden Hauses, das ein internationales Immobilienbüro bald als "The Banksy Estate" bewarb.
Das nun versteigerte Triptychon hing zuvor im Bethlehemer Hotel "Walled Off", das spöttisch mit seinem Ausblick auf das umkämpfte Westjordanland wirbt und von Banksy mitgegründet wurde. Zum vergangenen Weihnachtsfest schuf Banksy dort eine Krippe vor einer zerschossenen Betonwand.
Auch auf die Corona-Pandemie hat Banksy reagiert: Mit einem Rattenbild in der Londoner U-Bahn warb er für das Tragen von Masken. Und im Mai hinterließ er in einem Krankenhaus in Southampton ein Kunstwerk als Dank an die Pflegekräfte. Das Bild soll im Herbst für einen guten Zweck versteigert werden.
Rekord: Banksy-Werk erzielt 21,8 Millionen Euro
Es war ein Clou, als Banksy nach einer Auktion dafür sorgte, dass sein Bild sich selbst zerstörte. "Girl with Balloon" erzielte jetzt 21,8 Millionen Euro.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Die Liebe ist im Eimer
Im Jahr 2018 hatte das Auktionshaus Sotheby's Banksys "Girl with Balloon" versteigert. Wenige Augenblicke nach dem Verkauf begann ein Schredder, es zu zerstören. Nun kam es in London erneut unter den Hammer und erzielte umgerechnet 21,8 Millionen Euro - ein neuer Rekord für ein Banksy-Werk. Der Hype um den Street-Art-Künstler bricht nicht ab. Immer wieder tauchen über Nacht neue Kunstwerke auf.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Wir sitzen alle im selben Boot
Seit dem 7. August schmückt dieses Werk eine Wand im Nicholas Everitt Park in Lowestoft, England. Das Graffito zeigt drei Kinder, die in einem Boot stehen: Eines von ihnen blickt zurück, eines sucht den Horizont ab und eines lehnt sich mit einem Eimer über den Rand des Bootes. Wenige Tage später bestätigte Banksy seine Urheberschaft an diesem und weiteren Werken an der englischen Nordseeküste.
Bild: Justin Tallis/AFP/Getty Images
Mann mit Schreibmaschine bricht aus
Ein am 4. März 2021 auf Instagram veröffentlichtes Video zeigt die Entstehung dieses Bildes auf dem Gebäude im britischen Reading. Über die Zukunft der ehemaligen Haftanstalt, in der einmal der Schriftsteller Oscar Wilde einsaß, ist noch nicht entscheiden, es steht zum Verkauf. Banksy macht mit seinem Bild ein eindeutiges Statement für die Umwandlung des Ex-Knastes in einen Ort der Kunst.
Bild: Ben Stansall/AFP/Getty Images
Ein herzförmiger Rettungsring
Ein Mädchen mit Schwimmweste und einem herzförmigen Rettungsring ziert die Bordwand der "Louise Michel". Der Streetart-Künstler Banksy hat das Rettungsschiff gesponsort, bemalt und der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch zur Verfügung gestellt. Das Schiff habe bereits 89 Geflüchtete im Mittelmeer gerettet, twitterte die Organisation. "Wir sind begeistert über die rosa Verstärkung!"
Bild: Reuters/MV Louise Michel
Die USA stehen in Flammen
Nicht nur Schwarze sollen nach dem Tod von George Floyd gegen Rassimus kämpfen, findet Banksy. Zuerst habe er gedacht, dass er bei diesem Thema einfach die Klappe halten und den Schwarzen zuhören solle, schrieb er auf Instagram, besann sich dann aber: "Warum sollte ich das tun? Es ist nicht ihr Problem. Es ist meins." People of Color würden vom "weißen System" im Stich gelassen.
Bild: Reuters/Instagram/@banksy
Dank an die Helden der Corona-Krise
Spiderman und Batman sind die Helden von gestern, dieser kleine Junge spielt lieber mit einer Krankenschwester im Superman-Umhang. Mit diesem Bild bedankte sich Banksy Anfang Mai 2020 bei den Ärzten, Pflegern und Schwestern, die im völlig unterfinanzierten Gesundheitssystem von Großbritannien jeden Tag mit der Corona-Pandemie zu kämpfen haben.
Bild: Reuters/Banksy Imstagram
Würdigung von Obdachlosen
Für Gesprächsstoff sorgte dieses weihnachtliche Graffiti: Es soll auf die Lage von Obdachlosen aufmerksam machen. Zwei fliegende Rentiere scheinen eine Parkbank zu ziehen. Auf einem Video, das Banksy im Internet postete, liegt ein offenbar obdachloser Mann auf der Bank. Fans feierten Banksy für das sozialkritische Kunstwerk. Mittlerweile haben Unbekannte bei den Rentieren rote Nasen hinzugefügt.
Bild: Getty Images/C. Furlong
Affentheater - Made in Britain
Das politische Chaos, in dem sich das britische Parlament durch die Brexit-Debatte bis vor kurzem befand, konnte der berühmte Streetart-Künstler Banksy nicht voraussehen. 2009 entstand sein Gemälde "Devolved Parliament" auf dieser riesigen Leinwand (2,8 x 4,5 Meter) Das Bild ist am 3. Oktober 2019 in London versteigert worden - für 9,8 Millionen Pfund (rund 11 Mio Euro).
Bild: picture-alliance/NurPhoto/G. Alexopoulos
Laden ohne Käufer
Die Millionensumme, zu der das Gemälde "Devolved Parliament" (2009) jetzt versteigert wurde, löste auch Kritik aus. Zum Käufer gab es keine Angaben. Banksy selbst, der in London als aktuelles Statement diesen verschlossenen Laden mit Kunst eingerichtet hat, postete nach der Auktion, Kunstwerke seien zum Eigentum der Reichen geworden, statt "das gemeinschaftliche Eigentum der Menschheit zu sein."
Bild: Getty Images/P. Summers
The World of Banksy
Banksy ist einer der berühmtesten Streetart-Künstler der Welt. Seine wahre Identität ist nach wie vor ungeklärt, zumindest gibt es keine eindeutige Biografie über ihn. Gemälde oder Zeichnungen auf Papier sind bei ihm selten. Die meisten seiner Bilder sprayt der britische Künstler anonym auf Häuserwände, Mauern und Abbruch-Ruinen. Verkäuflich sind diese Arbeiten nicht.
Bild: picture-alliance/dpa/MAXPPP/A. Marchi
Steve Jobs
Ein immer wiederkehrendes Thema seiner Bilderwelten ist der globale Raubtier-Kapitalismus. Dieses Wandbild sprayte Banksy im Eingangsbereich des Flüchtlingslagers in Calais. Zu sehen ist der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs, im Gepäck seinen legendären ersten Mac-Computer. Der Vater des Apple-Managers stammte aus Syrien.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Spingler
EU-Missklang
Schon mit dieser Arbeit mischte sich Banksy 2017 in die Brexit-Debatte in Großbritannien ein. Über Nacht tauchte dieses meterhohe Bild an einer Häuserwand unweit des Fährhafens Dover auf: Ein Mann steht auf einer Leiter und versucht mit Hammer und Meißel einen der EU-Sterne zu entfernen. Inzwischen ist das Bild von der Wand verschwunden. Jemand hat es weiß übertüncht.
Bild: Reuters/H. McKay
Israelisch-Palästinensischer Schlagabtausch
Auch den israelisch-palästinensischen Konflikt hat sich der britische Streetart-Künstler vorgenommen. 2017 eröffnete Banksy in Bethlehem direkt an der Sperrmauer ein Hotel, das er mit seiner Kunst ausstattete, Damit wollte er ein "Zeichen des gewaltlosen Widerstandes" setzen. Seit 2005 hat er viele Werke in dem historischen Ort hinterlassen. Es gibt bereits eine "Banksy-Tour" für Touristen.
Bild: Getty Images/I. Yefimovich
Krieg ist kein Kinderspiel
Die Identität von Banksy gibt bis heute Rätsel auf. Bekannt ist nur, dass der inzwischen weltberühmte Künstler aus dem südenglischen Bristol stammt. Ende der 1990er Jahre kam er nach London und begann gezielt an speziellen Orten seine Bild-Botschaften auf die Wände zu sprayen, wie hier 2016 in einer englischen Grundschule in Withchurch.
Bild: picture-alliance/dpa/N.Munns
Globale Klimakrise
Auf seine künstlerische Art ist Banksy immer schon ein Visionär. Er thematisierte in seinen Wandarbeiten häufig die politischen Probleme der Zukunft, wie hier die Klimaerwärmung. Diese gesprayte Botschaft, die allerdings nicht eindeutig Banksy zugeordnet werden konnte, schuf er 2009 in London - lange bevor US-Präsident Trump diesen Satz in vollem Ernst verkündete.
Bild: picture-alliance/empics/Zak Hussein
Medienkritik
Auch die Verrohung der Medienwelt, die sich sensationsgierig auf Opfer von Kriegen und Terroranschlägen stürzen, prangert Banksy an. Diese Arbeit war 2018 in einer Londoner Galerie ausgestellt und nicht an eine Hauswand gesprayt. Auch sein Gemälde "Devolved Parliament" ist gerahmt und wurde für die Auktion bei Sotheby's auf einen Schätzwert von 1,8 bis 2 Millionen Euro taxiert.