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Kunst

Wer ist eigentlich Banksy?

Torsten Landsberg
25. September 2020

Banksy ist der erfolgreichste Streetart-Künstler der Welt. Doch er hat kein Urheberrecht an seinen Bildern. Eine Ausstellung geht dem Phänomen auf den Grund.

Banksy's "Girl with a balloon"
Alle Welt kennt seine Werke, die wenigsten wissen jedoch, wer sich hinter dem Pseudonym Banksy verstecktBild: picture-alliance/ PYMCA/Photoshot/O. Grove

Ganz neu ist die Frage nicht: Wer ist eigentlichBanksy? Ist er eine Einzelperson, ein Mann, eine Frau oder verbirgt sich hinter dem Namen gar ein Kollektiv? Trotz einiger vermeintlich bekannter biografischer Daten über Herkunft und Alter kennen wir von Banksy mit einiger Sicherheit nur eines: seine Arbeiten. 25 dieser Werke zeigt ab dem 26. September das Rosenhang Museum im hessischen Weilburg unter dem Titel "Who the fuck is Banksy?".

"Nicht die Kunst wird im Mittelpunkt stehen, sondern die Figur Banksy", sagt Co-Kurator Michael Schulz im DW-Gespräch. "Dabei ist es unwesentlich, ob Banksy eine Gruppe ist oder eine Frau, er ist ein Phänomen, damit muss man es belassen." Unter den ausgestellten Exponaten sind Plattencover wie das Popart-Bildnis von Kate Moss für den Elektro-Produzenten Dirty Funker, aber auch ein Druck der Banksy-Ikone "Girl with Balloon".

Der Komponist Lutz Fahrenkrog-Petersen erarbeitete zudem für einen "Kunstkäfig" die musikalische Untermalung, zu der auch Musik von einer Band aus Banksys Heimatstadt Bristol zählt, deren Mitglied der Künstler gewesen sein soll. Viel Wirbel um ein Phänomen, das selbst die Ausstellung seiner Werke in Museen ablehnt, weil Leute dort für die Betrachtung seiner Kunst Eintritt zahlen müssen.

Für den Elektro-Produzenten Dirty Funker entwarf Banksy ein Plattencover im Popart-Stil mit Kate MossBild: Yui Mok/dpa/picture-alliance

"Unheimlicher Kommerz"

"Banksy nutzt im öffentlichen Raum einfache Mittel, eine plakative Kunst, die die Menschheit aufrüttelt", sagt Michael Schulz. Natürlich sei mit der Popularität ein "unheimlicher Kommerz entstanden, den Banksy im tiefsten Inneren ablehnt".

Zur schwierigen Beantwortung der Frage, wer Banksy ist und wie er tickt, gehört auch die Diskrepanz zwischen Kapitalismuskritik und Millionenerlösen, die seine Werke erzielen. Zum Hype beigetragen hat zunächst mal der Streetart-Künstler selbst. Seine geheime Identität macht die Figur ohnehin spannend, 2010 fügte er als Regisseur des als Dokumentarfilm getarnten "Exit Through the Gift Shop" dem eigenen Mysterium ein Kapitel hinzu. Banksy weiß durchaus, wie er sich selbst vermarktet.

Das Bohei gipfelte im Oktober 2019 bei der Auktion von Banksys Bild "Devolved Parliament" im Erlös in Höhe von rund elf Millionen Euro. Damit lag der Zuschlag beim Fünffachen des eigentlich geschätzten Wertes. Es ist also nicht so, dass Banksy selbst nicht von seinem Ruhm profitieren würde. Auch das nach einer Auktion sich selbst zerschreddernde "Girl with Balloon" stieg nach der als Kritik am Kunstzirkus bezeichneten Aktion im Wert.

Der Kurator sieht darin kein Missverhältnis. "Was macht er denn mit seinem Geld?", fragt Michael Schulz mit Blick auf das private Rettungsboot "Louise Michel", das Geflüchtete im Mittelmeer aus Seenot befreit und finanziell von Banksy unterstützt wird. An eine Schiffswand hat der Künstler ein Mädchen mit Schwimmweste und einen herzförmigen Rettungsring gemalt.

Das Rettungsboot "Louise Michel" rettet Geflüchtete aus dem Mittelmeer. Banksy unterstützt das private Projekt finanziell.Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Palacios

Banksy als Wohltäter

Im Juli hatte Banksy zudem ein Triptychon versteigern lassen und angekündigt, den Erlös von knapp 2,5 Millionen Euro für den Aufbau eines Schlaganfall-Zentrums in einem palästinensischen Krankenhaus in Bethlehem

zur Verfügung zu stellen und außerdem Hilfsmittel für die Reha von Kindern zu finanzieren. 

Das Triptychon hing zuvor im Bethlehemer Hotel "Walled Off", das spöttisch mit seinem Ausblick auf das umkämpfte Westjordanland wirbt und von Banksy mitgegründet wurde. Zum vergangenen Weihnachtsfest schuf Banksy dort eine Krippe vor einer zerschossenen Betonwand

Auch auf die Corona-Pandemie hat Banksy reagiert: Mit einem Rattenbild in der Londoner U-Bahn warb er für das Tragen von Masken. Und im Mai hinterließ er in einem Krankenhaus in Southampton ein Kunstwerk als Dank an die Pflegekräfte. Das Bild soll im Herbst für einen guten Zweck versteigert werden.

Für seinen "Flower Thrower" hatte sich Banksy die Urheberrechte eintragen lassen. Die EU erkannte ihm diese Rechte wieder ab.Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Urheber ohne Recht?

"Copyright is for losers" - "Urheberrecht ist für Verlierer", so lautete lange Zeit eine Devise des Künstlers. 2014 hatte er sein bekanntes Motiv "Flower Thrower" dennoch in der EU als Marke eintragen lassen. Weil eine britische Firma Postkarten mit diesem Motiv verkaufte, beantragte sie die Löschung dieser Markenrechte - mit Erfolg.

Vor wenigen Tagen begründete die zuständige EU-Behörde für geistiges Eigentum die Entscheidung damit, Banksy halte seine Identität geheim und habe sich in der Vergangenheit wiederholt selbst gegen das Urheberrecht ausgesprochen, habe sogar selbst in seiner Kunst das Eigentum anderer Menschen ohne Erlaubnis benutzt - etwa beim Besprühen von Häusern oder Werbetafeln. "Er hat seine Meinung sicher nicht geändert", mutmaßt Kurator Michael Schulz. "Banksy wollte einfach vermeiden, dass jemand mit seiner Arbeit Geld verdient." 

Banksys Kunst soll allen gehören. Im Titel der Ausstellung "Who the fuck is Banksy" schwingt deshalb auch mit, dass für die Kunst kaum relevant ist, wer oder was Banksy ist; dass jeder die Möglichkeit hätte, sich auf diese Weise auszudrücken und gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen - und deshalb jede und jeder von uns Banksy sein könnte. Die ernüchternde Erkenntnis: Die meisten von uns sind es nicht.

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