Banksy ist der erfolgreichste Streetart-Künstler der Welt. Doch er hat kein Urheberrecht an seinen Bildern. Eine Ausstellung geht dem Phänomen auf den Grund.
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Ganz neu ist die Frage nicht: Wer ist eigentlichBanksy? Ist er eine Einzelperson, ein Mann, eine Frau oder verbirgt sich hinter dem Namen gar ein Kollektiv? Trotz einiger vermeintlich bekannter biografischer Daten über Herkunft und Alter kennen wir von Banksy mit einiger Sicherheit nur eines: seine Arbeiten. 25 dieser Werke zeigt ab dem 26. September das Rosenhang Museum im hessischen Weilburg unter dem Titel "Who the fuck is Banksy?".
"Nicht die Kunst wird im Mittelpunkt stehen, sondern die Figur Banksy", sagt Co-Kurator Michael Schulz im DW-Gespräch. "Dabei ist es unwesentlich, ob Banksy eine Gruppe ist oder eine Frau, er ist ein Phänomen, damit muss man es belassen." Unter den ausgestellten Exponaten sind Plattencover wie das Popart-Bildnis von Kate Moss für den Elektro-Produzenten Dirty Funker, aber auch ein Druck der Banksy-Ikone "Girl with Balloon".
Der Komponist Lutz Fahrenkrog-Petersen erarbeitete zudem für einen "Kunstkäfig" die musikalische Untermalung, zu der auch Musik von einer Band aus Banksys Heimatstadt Bristol zählt, deren Mitglied der Künstler gewesen sein soll. Viel Wirbel um ein Phänomen, das selbst die Ausstellung seiner Werke in Museen ablehnt, weil Leute dort für die Betrachtung seiner Kunst Eintritt zahlen müssen.
"Unheimlicher Kommerz"
"Banksy nutzt im öffentlichen Raum einfache Mittel, eine plakative Kunst, die die Menschheit aufrüttelt", sagt Michael Schulz. Natürlich sei mit der Popularität ein "unheimlicher Kommerz entstanden, den Banksy im tiefsten Inneren ablehnt".
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Zur schwierigen Beantwortung der Frage, wer Banksy ist und wie er tickt, gehört auch die Diskrepanz zwischen Kapitalismuskritik und Millionenerlösen, die seine Werke erzielen. Zum Hype beigetragen hat zunächst mal der Streetart-Künstler selbst. Seine geheime Identität macht die Figur ohnehin spannend, 2010 fügte er als Regisseur des als Dokumentarfilm getarnten "Exit Through the Gift Shop" dem eigenen Mysterium ein Kapitel hinzu. Banksy weiß durchaus, wie er sich selbst vermarktet.
Das Bohei gipfelte im Oktober 2019 bei der Auktion von Banksys Bild "Devolved Parliament" im Erlös in Höhe von rund elf Millionen Euro. Damit lag der Zuschlag beim Fünffachen des eigentlich geschätzten Wertes. Es ist also nicht so, dass Banksy selbst nicht von seinem Ruhm profitieren würde. Auch das nach einer Auktion sich selbst zerschreddernde "Girl with Balloon" stieg nach der als Kritik am Kunstzirkus bezeichneten Aktion im Wert.
Der Kurator sieht darin kein Missverhältnis. "Was macht er denn mit seinem Geld?", fragt Michael Schulz mit Blick auf das private Rettungsboot "Louise Michel", das Geflüchtete im Mittelmeer aus Seenot befreit und finanziell von Banksy unterstützt wird. An eine Schiffswand hat der Künstler ein Mädchen mit Schwimmweste und einen herzförmigen Rettungsring gemalt.
zur Verfügung zu stellen und außerdem Hilfsmittel für die Reha von Kindern zu finanzieren.
Das Triptychon hing zuvor im Bethlehemer Hotel "Walled Off", das spöttisch mit seinem Ausblick auf das umkämpfte Westjordanland wirbt und von Banksy mitgegründet wurde. Zum vergangenen Weihnachtsfest schuf Banksy dort eine Krippe vor einer zerschossenen Betonwand.
Auch auf die Corona-Pandemie hat Banksy reagiert: Mit einem Rattenbild in der Londoner U-Bahn warb er für das Tragen von Masken. Und im Mai hinterließ er in einem Krankenhaus in Southampton ein Kunstwerk als Dank an die Pflegekräfte. Das Bild soll im Herbst für einen guten Zweck versteigert werden.
Urheber ohne Recht?
"Copyright is for losers" - "Urheberrecht ist für Verlierer", so lautete lange Zeit eine Devise des Künstlers. 2014 hatte er sein bekanntes Motiv "Flower Thrower" dennoch in der EU als Marke eintragen lassen. Weil eine britische Firma Postkarten mit diesem Motiv verkaufte, beantragte sie die Löschung dieser Markenrechte - mit Erfolg.
Vor wenigen Tagen begründete die zuständige EU-Behörde für geistiges Eigentum die Entscheidung damit, Banksy halte seine Identität geheim und habe sich in der Vergangenheit wiederholt selbst gegen das Urheberrecht ausgesprochen, habe sogar selbst in seiner Kunst das Eigentum anderer Menschen ohne Erlaubnis benutzt - etwa beim Besprühen von Häusern oder Werbetafeln. "Er hat seine Meinung sicher nicht geändert", mutmaßt Kurator Michael Schulz. "Banksy wollte einfach vermeiden, dass jemand mit seiner Arbeit Geld verdient."
Banksys Kunst soll allen gehören. Im Titel der Ausstellung "Who the fuck is Banksy" schwingt deshalb auch mit, dass für die Kunst kaum relevant ist, wer oder was Banksy ist; dass jeder die Möglichkeit hätte, sich auf diese Weise auszudrücken und gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen - und deshalb jede und jeder von uns Banksy sein könnte. Die ernüchternde Erkenntnis: Die meisten von uns sind es nicht.
Rekord: Banksy-Werk erzielt 21,8 Millionen Euro
Es war ein Clou, als Banksy nach einer Auktion dafür sorgte, dass sein Bild sich selbst zerstörte. "Girl with Balloon" erzielte jetzt 21,8 Millionen Euro.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Die Liebe ist im Eimer
Im Jahr 2018 hatte das Auktionshaus Sotheby's Banksys "Girl with Balloon" versteigert. Wenige Augenblicke nach dem Verkauf begann ein Schredder, es zu zerstören. Nun kam es in London erneut unter den Hammer und erzielte umgerechnet 21,8 Millionen Euro - ein neuer Rekord für ein Banksy-Werk. Der Hype um den Street-Art-Künstler bricht nicht ab. Immer wieder tauchen über Nacht neue Kunstwerke auf.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck
Wir sitzen alle im selben Boot
Seit dem 7. August schmückt dieses Werk eine Wand im Nicholas Everitt Park in Lowestoft, England. Das Graffito zeigt drei Kinder, die in einem Boot stehen: Eines von ihnen blickt zurück, eines sucht den Horizont ab und eines lehnt sich mit einem Eimer über den Rand des Bootes. Wenige Tage später bestätigte Banksy seine Urheberschaft an diesem und weiteren Werken an der englischen Nordseeküste.
Bild: Justin Tallis/AFP/Getty Images
Mann mit Schreibmaschine bricht aus
Ein am 4. März 2021 auf Instagram veröffentlichtes Video zeigt die Entstehung dieses Bildes auf dem Gebäude im britischen Reading. Über die Zukunft der ehemaligen Haftanstalt, in der einmal der Schriftsteller Oscar Wilde einsaß, ist noch nicht entscheiden, es steht zum Verkauf. Banksy macht mit seinem Bild ein eindeutiges Statement für die Umwandlung des Ex-Knastes in einen Ort der Kunst.
Bild: Ben Stansall/AFP/Getty Images
Ein herzförmiger Rettungsring
Ein Mädchen mit Schwimmweste und einem herzförmigen Rettungsring ziert die Bordwand der "Louise Michel". Der Streetart-Künstler Banksy hat das Rettungsschiff gesponsort, bemalt und der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch zur Verfügung gestellt. Das Schiff habe bereits 89 Geflüchtete im Mittelmeer gerettet, twitterte die Organisation. "Wir sind begeistert über die rosa Verstärkung!"
Bild: Reuters/MV Louise Michel
Die USA stehen in Flammen
Nicht nur Schwarze sollen nach dem Tod von George Floyd gegen Rassimus kämpfen, findet Banksy. Zuerst habe er gedacht, dass er bei diesem Thema einfach die Klappe halten und den Schwarzen zuhören solle, schrieb er auf Instagram, besann sich dann aber: "Warum sollte ich das tun? Es ist nicht ihr Problem. Es ist meins." People of Color würden vom "weißen System" im Stich gelassen.
Bild: Reuters/Instagram/@banksy
Dank an die Helden der Corona-Krise
Spiderman und Batman sind die Helden von gestern, dieser kleine Junge spielt lieber mit einer Krankenschwester im Superman-Umhang. Mit diesem Bild bedankte sich Banksy Anfang Mai 2020 bei den Ärzten, Pflegern und Schwestern, die im völlig unterfinanzierten Gesundheitssystem von Großbritannien jeden Tag mit der Corona-Pandemie zu kämpfen haben.
Bild: Reuters/Banksy Imstagram
Würdigung von Obdachlosen
Für Gesprächsstoff sorgte dieses weihnachtliche Graffiti: Es soll auf die Lage von Obdachlosen aufmerksam machen. Zwei fliegende Rentiere scheinen eine Parkbank zu ziehen. Auf einem Video, das Banksy im Internet postete, liegt ein offenbar obdachloser Mann auf der Bank. Fans feierten Banksy für das sozialkritische Kunstwerk. Mittlerweile haben Unbekannte bei den Rentieren rote Nasen hinzugefügt.
Bild: Getty Images/C. Furlong
Affentheater - Made in Britain
Das politische Chaos, in dem sich das britische Parlament durch die Brexit-Debatte bis vor kurzem befand, konnte der berühmte Streetart-Künstler Banksy nicht voraussehen. 2009 entstand sein Gemälde "Devolved Parliament" auf dieser riesigen Leinwand (2,8 x 4,5 Meter) Das Bild ist am 3. Oktober 2019 in London versteigert worden - für 9,8 Millionen Pfund (rund 11 Mio Euro).
Bild: picture-alliance/NurPhoto/G. Alexopoulos
Laden ohne Käufer
Die Millionensumme, zu der das Gemälde "Devolved Parliament" (2009) jetzt versteigert wurde, löste auch Kritik aus. Zum Käufer gab es keine Angaben. Banksy selbst, der in London als aktuelles Statement diesen verschlossenen Laden mit Kunst eingerichtet hat, postete nach der Auktion, Kunstwerke seien zum Eigentum der Reichen geworden, statt "das gemeinschaftliche Eigentum der Menschheit zu sein."
Bild: Getty Images/P. Summers
The World of Banksy
Banksy ist einer der berühmtesten Streetart-Künstler der Welt. Seine wahre Identität ist nach wie vor ungeklärt, zumindest gibt es keine eindeutige Biografie über ihn. Gemälde oder Zeichnungen auf Papier sind bei ihm selten. Die meisten seiner Bilder sprayt der britische Künstler anonym auf Häuserwände, Mauern und Abbruch-Ruinen. Verkäuflich sind diese Arbeiten nicht.
Bild: picture-alliance/dpa/MAXPPP/A. Marchi
Steve Jobs
Ein immer wiederkehrendes Thema seiner Bilderwelten ist der globale Raubtier-Kapitalismus. Dieses Wandbild sprayte Banksy im Eingangsbereich des Flüchtlingslagers in Calais. Zu sehen ist der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs, im Gepäck seinen legendären ersten Mac-Computer. Der Vater des Apple-Managers stammte aus Syrien.
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Spingler
EU-Missklang
Schon mit dieser Arbeit mischte sich Banksy 2017 in die Brexit-Debatte in Großbritannien ein. Über Nacht tauchte dieses meterhohe Bild an einer Häuserwand unweit des Fährhafens Dover auf: Ein Mann steht auf einer Leiter und versucht mit Hammer und Meißel einen der EU-Sterne zu entfernen. Inzwischen ist das Bild von der Wand verschwunden. Jemand hat es weiß übertüncht.
Bild: Reuters/H. McKay
Israelisch-Palästinensischer Schlagabtausch
Auch den israelisch-palästinensischen Konflikt hat sich der britische Streetart-Künstler vorgenommen. 2017 eröffnete Banksy in Bethlehem direkt an der Sperrmauer ein Hotel, das er mit seiner Kunst ausstattete, Damit wollte er ein "Zeichen des gewaltlosen Widerstandes" setzen. Seit 2005 hat er viele Werke in dem historischen Ort hinterlassen. Es gibt bereits eine "Banksy-Tour" für Touristen.
Bild: Getty Images/I. Yefimovich
Krieg ist kein Kinderspiel
Die Identität von Banksy gibt bis heute Rätsel auf. Bekannt ist nur, dass der inzwischen weltberühmte Künstler aus dem südenglischen Bristol stammt. Ende der 1990er Jahre kam er nach London und begann gezielt an speziellen Orten seine Bild-Botschaften auf die Wände zu sprayen, wie hier 2016 in einer englischen Grundschule in Withchurch.
Bild: picture-alliance/dpa/N.Munns
Globale Klimakrise
Auf seine künstlerische Art ist Banksy immer schon ein Visionär. Er thematisierte in seinen Wandarbeiten häufig die politischen Probleme der Zukunft, wie hier die Klimaerwärmung. Diese gesprayte Botschaft, die allerdings nicht eindeutig Banksy zugeordnet werden konnte, schuf er 2009 in London - lange bevor US-Präsident Trump diesen Satz in vollem Ernst verkündete.
Bild: picture-alliance/empics/Zak Hussein
Medienkritik
Auch die Verrohung der Medienwelt, die sich sensationsgierig auf Opfer von Kriegen und Terroranschlägen stürzen, prangert Banksy an. Diese Arbeit war 2018 in einer Londoner Galerie ausgestellt und nicht an eine Hauswand gesprayt. Auch sein Gemälde "Devolved Parliament" ist gerahmt und wurde für die Auktion bei Sotheby's auf einen Schätzwert von 1,8 bis 2 Millionen Euro taxiert.