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Politik

Bannons Brutstätte

Megan Williams ni
4. April 2019

Ex-Trump-Berater Steve Bannon will ein italienisches Kloster in den Apenninen in einen Hort für Klerikale und Rechtspopulisten verwandeln - als Basis, um Europa zu übernehmen. Von Megan Williams, Collepardo.

Kloster Trisulti, Collepardo
Bild: DW/M. Williams

Es ist ein Leben mit Entbehrungen: Benjamin Harnwell residiert in einem Kloster aus dem 13. Jahrhundert, auf einem Berg, in einem fremden Land, ohne Handyempfang - in Gesellschaft eines Hausmeisters, eines achtzigjährigen Mönchs und von 19 Wildkatzen. Obwohl zum katholischen Glauben übergetreten, ist der 43-Jährige hier offenbar nicht willkommen. Das haben ihm Einheimische und Aktivisten durch Proteste deutlich gemacht.

Aber Harnwell scheint das nichts auszumachen. Der ehemalige britische Parlamentsassistent ist vor einem Jahr in die Trisulti-Kartause zwei Autostunden südöstlich von Rom einzogen, um aus dem Kloster eine "Gladiatorenschule für kulturelle Krieger" zu machen. So will es Steve Bannon, Donald Trumps Ex-Chefstratege, der Harnwell zum Leiter des Zentrums auserkoren hat. Er habe seinen Traumjob gefunden, sagt Harnwell. "Das klingt wirklich kitschig, aber ich sage, Gott hat mir hier etwas zu tun gegeben, und ich muss es tun."

Vergangenes Jahr gewann Harnwells ultra-konservatives "Institut für Menschenwürde" (DHI) mit Unterstützung von Bannon eine öffentliche Ausschreibung für die Nutzung des Klosters - 19 Jahre lang zu einer jährlichen Pacht von 100.000 Euro.

Wahre Männerfreundschaft

"Steve sagt ständig, man müsse sich darüber klar werden, dass diejenigen, die den Westen regieren, vollkommen inkompetent sind", sagt Harnwell in einem spärlich eingerichteten, schwach beleuchteten, kalten Raum im hinteren Eck des riesigen Klosterkomplexes. "Man geht immer davon aus, dass das großartige Staatsmänner sind, weil sie sich elegant kleiden, ihre Haare zu kämmen wissen und sich gewählt ausdrücken."

Zentrumsleiter Harnwell: "Keiner ist perfekt"Bild: DW/M. Williams

Harnwell selbst frisiert sich wie Bannon, kleidet sich wie Bannon, denkt wie Bannon. Der konservative Katholizismus, die Feindseligkeit gegenüber der EU und die Unterstützung nationalistischer Bewegungen sind ihr gemeinsamer Nenner. Beide verbindet eine innige Männerfreundschaft. Harnwell nennt Bannon "einen der ganz großen Menschen, die heute auf dem Planeten wandeln". Bannon bezeichnet Harnwell als den "klügsten Mann Roms".

Auf die Frage nach den Werten des Instituts zitiert Harnwell das erste Kapitel der Genesis in der Bibel: "Dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen und jede einzelne Person ohne Ausnahme von unendlichem Wert ist".

Und welche Meinungen vertreten Harnwell und sein Institut zum Beispiel zur Todesstrafe? "Schauen Sie, das DHI hat keine Meinung zur Todesstrafe. Ich persönlich bin nicht dagegen." Ehe? "Nur zwischen Mann und Frau." Und die Scheidung? "Kein Konzept, das mit dem Sakrament der Ehe vereinbar ist."

Kloster Trisulti: "Gladiatorenschule für kulturelle Krieger"Bild: picture-alliance/dpa/A. Armellini

Was ist mit Bannons drei Scheidungen? "Technisch gesehen ist das nicht wahr", relativiert Harnwell mit einem Lächeln. "Soweit ich weiß, wurde seine erste Ehe annulliert, seine zweite endete in einer Scheidung und den Zustand seiner dritten Ehe kenne ich nicht." Inzwischen, denke er, würde Bannon ein Leben nach den Lehren der Kirche führen, aber darüber hätten sie nicht gesprochen. "Keiner von uns ist perfekt."

Die Rechnung geht nicht auf

Neben der Verteidigung einer "jüdisch-christlichen" Tradition ist Harnwells zweites Hauptanliegen der Widerstand gegen eine EU, die "militant-ideologisch" grenzenlos sei. Damit meint er offenbar die Migration nach Europa. Dann zitiert er eine Studie des Pew Research Centers - laut Harnwell Grundlage für ein Katastrophenszenario: Demnach würden zwei Drittel der Afrikaner, sprich 800 Millionen Menschen, planen, in den kommenden Jahren nach Europa oder in die USA einzuwandern.

Eine Vorhersage, welche in der Pew-Studie aber gar nicht vorkommt. Darin wird nämlich nur die erste Hälfte dieses Jahrzehnts analysiert, wonach zwischen 2010 und 2017 eine Million Afrikaner in die Europäische Union eingewandert sind und von 2010 bis 2016 400.000 in die USA. Konfrontiert mit diesen Zahlen senkt Harnwell kurzerhand seine Prognose auf immer noch astronomische 400 Millionen afrikanische Einwanderer in den kommenden Jahren.

Wo bleibt der Plan?

In der Trisulti-Kartause zeigt Benjamin Harnwell seinen Besuchern gern die atemberaubende Klosteranlage, den lichtdurchfluteten Speisesaal und ein Juwel: den Kreuzgang, der dem einer von Michelangelo in Rom konzipierten Kirche nachempfunden ist.

Partner Bannon und Harnwell: Pläne sehr vageBild: picture-alliance/abaca/E. Vandeville

Abgesehen von ein paar älteren Pilgern, die zum Kloster emporgestiegen sind, um an diesem Tag den Altar der "Madonna delle Cese" zu besuchen, gibt es nur einen weiteren Gast: eine Organistin aus Großbritannien, deren zweiwöchiger Aufenthalt im Kloster Trisulti sich dem Ende zuneigt.

Sie sei aus religiösen Gründen hier, sagt sie leise und erzählt von einem Internetvideo, das sie gesehen hat. Darin werden angeblich muslimische Gangs gezeigt, die Frauen in Deutschland und Schweden vergewaltigen. Seitdem sei sie extrem besorgt wegen der viel männlichen Migranten, die nach Europa gekommen sind. Sie sei sehr in Angst um ihre beiden erwachsenen Töchter und begrüße Bannons Positionen.

Institutsleiter Harnwell gibt sich überzeugt von seinem Projekt, ein Vorzeigeweiterbildungszentrum aufzubauen: Die Kurse würden zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt und viel Beifall finden. Doch trotz der Ambitionen eine "Gladiatorenschule für kulturelle Krieger" zu werden, erscheinen die Pläne sehr vage, das Kloster sehr verschlafen und die Verbindungen zu echten politischen Parteien unbedeutend. Italiens Rechtspopulisten Matteo Salvini hat Harnwell bisher nicht getroffen und er hat es auch nicht vor. Weil er ihn ja von hier aus unterstützen könne.

Harnwell muss los. Auf ihn warten E-Mails und Dutzende von Interviewanfragen: "Das hat nichts mit mir zu tun, ich habe nur zufällig mit einem sehr gefragten Mann zu tun", sagt er, immer noch verwundert über den plötzlichen Rummel um ihn. Früher habe sich nicht einmal die Lokalzeitung für ihn interessiert. "Nun kommt die internationale Presse hierher und hängt an meinen Lippen."