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Politik

Barley fordert Härte gegen Ungarn und Polen

11. April 2020

Die Kritik an der Aushöhlung des Rechtsstaates in Ungarn und Polen reißt nicht ab. Nun ruft die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, die EU-Kommission auf, endlich juristische Werkzeuge zu nutzen.

Katarina Barley - Europaabgeordnete
Bild: Getty Images/AFP/I. Fassbender

Nach etlichen anderen europäischen Politikerinnen und Politikern hat sich auch die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, in die Diskussion über gefährlichen Tendenzen beim Umbau der politischen Systeme im östlichen Teil der Europäischen Union eingeschaltet. Die SPD-Politikerin appellierte an die EU-Kommission, juristisch gegen Mitgliedstaaten wie Polen und Ungarn vorzugehen, die unter dem Vorwand der Bekämpfung der Corona-Pandemie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beschneiden.

Wo Regierungen von EU-Staaten "ihre schon vor der Krise ausgelebten autoritären Bestrebungen jetzt weiterdrehen, sollte die Europäische Kommission die jeweiligen Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof auf Verletzung der EU-Verträge verklagen", sagte Barley dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Derzeit sei die Versuchung für Regierungen in manchen Ländern der EU groß, "sich unter dem Deckmantel der Pandemie-Bekämpfung unbegrenzte Machtbefugnisse zu verschaffen", so die SPD-Politikerin.

Für die Zukunft der EU sei es "entscheidend, dass die Bekämpfung der Pandemie im Einklang mit den europäischen Werten einer liberalen Demokratie steht", betonte Barley. Gerade in Zeiten der Krise müsse die Gewaltenteilung weiter funktionieren. In den EU-Verträgen hätten sich alle Mitgliedsstaaten zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und einer parlamentarisch kontrollierten Regierung bekannt. Wo nationale Regierungen dies infrage stellten, müsse die EU-Kommission als Hüterin der Verträge handeln, verlangte die SPD-Politikerin.

Weitreichende Befugnisse für Ministerpräsident OrbanBild: picture-alliance/AP/MTI/Z. Mathe

Fragwürdiger Kurs in Ungarn

Besorgniserregend nannte Barley die Entwicklung in Ungarn, wo Ministerpräsident Viktor Orban mit der offiziellen Begründung der konsequenten Corona-Bekämpfung das Parlament auf unbestimmte Zeit entmachtet habe. Die EU-Kommission kritisierte das Notstandsgesetz zwar, will aber vorerst nur die Anwendung genau beobachten.

Das Parlament in Budapest hatte jüngst dafür gestimmt, den am 11. März wegen der Pandemie verhängten Ausnahmezustand in dem EU-Staat zu verlängern und Orban zu ermächtigen, per Anordnung und ohne Parlament zu regieren - unbefristet. Die Verordnungen sehen unter anderem bis zu fünf Jahre Haft vor, falls sich jemand Anordnungen zur Virus-Eindämmung widersetzt oder "Falschnachrichten" über die Krise verbreitet. Gegner sehen darin vor allem ein Werkzeug der Regierung, gegen unliebsame Journalisten vorgehen zu können. Orbans Regierungspartei Fidesz hat eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Orban wird seit Jahren von seinen Kritikern im Land und aus anderen EU-Staaten vorgeworfen, Prinzipien des Rechtsstaats zu unterlaufen.

In Polen müssen temporäre Kliniken errichtet werdenBild: Reuters/Agencja Gazeta/K. Cwik

Dauerkritik an Polen

Ähnlich besorgniserregend sei die Entwicklung in Polen, wo die regierende rechtsgerichtete PiS-Partei mit aller Macht an der Präsidentenwahl im Mai festhalte, obwohl ein freier und fairer Wahlkampf derzeit unmöglich sei, fügte Barley hinzu. Zu diesem Zweck sei sogar das Wahlgesetz geändert worden - ein Vorgang den viele Juristen als verfassungswidrig werteten.

Die Präsidentschaftswahl in Polen soll wegen der Coronavirus-Pandemie als reine Briefwahl abgehalten werden. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verabschiedete kürzlich mit ihrer Mehrheit im Unterhaus eine entsprechende Änderung des Wahlgesetzes. Die Oppositionsparteien im Sejm hatten vergebens gegen das Vorhaben Front gemacht und eine deutliche Verschiebung der für den 10. Mai geplanten Wahl gefordert.

Die beschlossene Neuregelung erlaubt zwar grundsätzlich eine Verschiebung des Wahltermins wegen der Pandemie. Nach Auslegung von Kommentatoren ist jedoch lediglich eine Verlegung des Wahltermins um maximal eine Woche möglich. Nicht nur die Opposition, auch einige politische Verbündete der PiS lehnen das Abhalten der Wahl mitten in der Corona-Krise ab.

Die meisten Experten sind der Ansicht, eine Abstimmung im Mai erhöhe die Chancen von Präsident Andrzej Duda, der derzeit in den Umfragen führt. Eine Verschiebung auf den Herbst hingegen könnte negative Auswirkungen auf seine Wiederwahl haben. Duda ist eng mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski verbündet.

kle/fab (afp, dpa, DW)

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