Explodierende Mieten sind ein Problem, das jeden betrifft. Da ist sich SPD-Justizministerin Barley sicher. Ihre SPD fordert einen Mietenstopp. Kanzlerin Merkel will lieber mehr Geld in neue Wohnungen investieren.
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Kommunen und Länder hätten in den vergangenen Jahren zu viele ihrer Wohnungen verkauft. Justizministerin Katarina Barley (SPD) kritisiert: "Das war falsch. Die fehlen jetzt als bezahlbarer Wohnraum auf dem Markt." Die Mieten könnten dann sinken, wenn mehr bezahlbare Wohnungen gebaut würden: "Dafür unternehmen wir ja bereits enorme Anstrengungen. Aber Bauen braucht nun mal Zeit."
Das Problem steigender Mieten betreffe mittlerweile jeden in der Gesellschaft: "Die Familie, den Polizisten oder die Krankenschwester, die sich plötzlich in der Stadt keine Wohnung mehr leisten können", sagte Barley der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Pause für explodierende Mieten
Sie verteidigte den SPD-Vorschlag für einen Mietenstopp, also die Mieten für fünf Jahre einzufrieren, so dass sie nur noch gemäß der Inflationsrate steigen dürften. "Ein solcher Schritt wäre eine gute Sache, um in die Dynamik der explodierenden Mieten mal eine Pause reinzubringen", sagte die Ministerin. Dies solle sowohl für bestehende Mieten als auch bei Neuvermietungen gelten. Rechtlich sei ein Mietpreisstopp möglich.
Die Koalitionspartner CDU und CSU lehnten den Vorschlag der Sozialdemokraten ab. Das Hauptaugenmerk müsse auf den zügigen Bau neuer Wohnungen gerichtet sein. Der Bund werde bis 2021 fünf Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau investieren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Damit werde man einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, "dass bezahlbarer Wohnraum für untere Einkommen zur Verfügung gestellt wird."
Der für Wohnungsbau zuständige Innenminister Horst Seehofer (CSU) verwies auf die Anfang September verabschiedete Mieterschutznovelle. Es sei eigenartig, dass die SPD kurz danach die eigenen Beschlüsse kritisiere, indem sie noch mehr vorschlage."Jetzt realisieren wir erst einmal das, was die Koalition vereinbart hat", sagte der CSU-Chef in der ARD.
Wie Investoren Mieter vertreiben
05:59
Gipfeltreffen gegen Wohnungsnot
Für die kommende Woche haben Merkel und Seehofer zu einem "Wohngipfel" ins Kanzleramt geladen. Erwartet werden neben Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen auch die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, der Mieterbund, die Gewerkschaften und die Bauwirtschaft. Nach Einschätzung von Immobilienverbänden müssten in Deutschland pro Jahr 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen entstehen, um den Bedarf zu decken.
SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, jetzt komme es auf CDU und CSU an. Erst vor wenigen Wochen hatte das Bundeskabinett einem Gesetzentwurf von Justizministerin Katarina Barley zugestimmt, der eine Verschärfung der sogenannten Mietpreisbremse vorsieht. Nahles sagte, dies sei ein erster guter Erfolg, aber damit dürfe man sich nicht zufrieden geben.
In München gingen unterdessen laut Polizeiangaben rund 10.000 Menschen gegen Luxussanierungen, steigende Mieten und für mehr bezahlbaren Wohnraum auf die Straße. Zu den Protesten unter dem Motto "#ausspekuliert" hatte ein Bündnis aus mehr als 90 Mietergemeinschaften und Parteien aufgerufen.
Die Organisatoren wandten sich rund einen Monat vor der bayerischen Landtagswahl gegen "die zügellose Gier der Investoren". Diese seien für die "explodierenden Mieten" verantwortlich. Zahlreiche Menschen könnten es sich nicht mehr leisten, in München zu wohnen. Die bayerische Landeshauptstadt führt immer wieder auf Ranglisten der teuersten Städte in Deutschland.
pgr/jj/haz (afp, rtr, dpa)
Fluch oder Segen? - Airbnb und Co. verändern die Städte
Für Reisende günstig, für Anwohner zumindest nervig: Online-Wohnungsvermittler wie Airbnb stehen in der Kritik. Berlin ändert ab Mai die Regeln für das Vermieten von Privatwohnungen. Andere Städte haben das schon getan.
Bild: DW/E. Yorck v. Wartenburg
Berlin: Der Kiez steht auf der Kippe
Privatleute dürfen ab dem 1. Mai ihre Hauptwohnung ohne zeitliche Befristung vermieten. Zweitwohnungen dürfen maximal 90 Tage im Jahr vermietet werden, sofern der Vermieter keine Hauptwohnung oder weitere Wohnungen in Berlin besitzt. Erforderlich ist eine Registrierung beim Bezirksamt. Den angespannten Wohnungsmarkt wird das sicherlich nicht entlasten. Alte Strukturen drohen sich aufzulösen.
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Barcelona: Offene Ablehnung des Massentourismus
Wenn Touristen zur Plage werden, titelte der Schweizer Rundfunk in einem Beitrag über Barcelona. Millionen Touristen strömen jährlich in die katalanische Metropole - viele in Privatunterkünfte. Das treibt die Mietpreise für Einheimische. Da Barcelona kein verlässliches Wohnungsregister besitzt, ist kaum zu ermitteln, welche Wohnungen illegal vermietetet sind.
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Lissabon: Mietpreise drücken aufs Gemüt
Jedes Jahr reisen zahlreiche Touristen in Portugals Metropole und übernachten per Airbnb. Früher ein Geheimtipp, hat sich Lissabon zum Massenziel entwickelt. Die Folge: immer mehr Ferienappartements, immer weniger Wohnraum. Bekommt ein Vermieter im Durchschnitt 900 Euro monatlich von einem ständigen Mieter, so kann er über Airbnb seinen Gewinn locker verdreifachen.
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Mallorca: Partymeile und deutscher Rückzugsort
Die Inselregierung zieht die Reissleine. Privatwohnungen dürfen in der Hauptstadt Palma nicht mehr an Touristen vermietet werden. Ausgenommen von der Maßnahme sind bislang noch Fincas. Mallorca hat schon lange mit den Auswirkungen des Massentourismus zu kämpfen: Wasserknappheit, Partylärm und nun noch extrem steigende Mieten.
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Amsterdam: Europas Vergnügungspark
Allein 2016 soll Airbnb in Amsterdam 1,7 Millionen Buchungen verzeichnet haben. Bürger der niederländischen Hauptstadt sind alarmiert. "Sauftouristen" aus Großbritannien und Deutschland prägen an den Wochenenden das Stadtbild. Amsterdam hat nun Anfang dieses Jahres die Regeln verschärft. Wohnungsinhaber sollen ihre Wohnung ab 2019 nur maximal 30 Tage im Jahr weiter vermieten dürfen.
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Singapur: Wie immer drastisch
Die Gesetzgebung in Singapur ist hart, nicht nur bei Drogenvergehen. Auch ein Versuch, seine Mietwohnung in der asiatischen Megaboomtown unterzuvermieten, kann teuer werden. So verurteilte ein Gericht in Singapur zwei Airbnb-Gastgeber zu einem Bußgeld von umgerechnet 37.200 Euro für unerlaubtes Vermieten. Die Begründung: Mietwohnraum wird in Singapur staatlich gefördert.
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Paris: Weltweiter Touristenmagnet
Frankreichs Hauptstadt hat Airbnb und den zweiten großen Anbieter Wimdu verklagt. Sie wirft den Firmen vor, die Regeln für die kurzzeitige Vermietung an Touristen nicht einzuhalten. Privatvermieter benötigen dazu eine Registrierung. Doch nur 16 Prozent der 60.000 angebotenen Wohnungen sind registriert. In den vergangenen fünf Jahren wurden fast 20.000 Mietwohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt.
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Wien: (Kein) Zimmer frei
Der Wiener Stadtpolitik ist die Untervermietung an Touristen längst ein Dorn im Auge. Mehr als 7500 Wohnungen sind auf Plattformen gelistet. Künftig soll das gewerbliche Vermieten von Appartements in Wohnzonen unmöglich gemacht werden, schreibt die "Kleine Zeitung". Städtische Mitarbeiter durchsuchen nun gezielt das Internet nach gelisteten Wohnungen.
Wenn man von den Fußballfans absieht, ist Dortmund nicht als Touristenmagnet bekannt. Doch auch hier hat Airbnb Fuß gefasst und ist sogar bereit, von den Gästen die 7,5 Prozent Bettensteuer für die Stadt einzutreiben. Dortmund ist damit die erste Stadt in Deutschland, in der ein Online-Anbieter diese Aufgabe übernimmt.