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39. Baunormen sind keine Gesetze

3. Februar 2022

Für Menschen, die unseren Podcast nicht hören können, stellen wir hier ein Transkript zur Verfügung: Wir haben einen Architekten gefragt, wie man sich in den Wirren des barrierefreien Bauens zurechtfindet

Zum Podcast geht es hier. 

Jingle: DW. "Echt behindert!

Moderator, Matthias Klaus: Herzlich willkommen zu "Echt behindert!" Mein Name ist Matthias Klaus.

Wie breit muss eine Tür sein, damit ein Rollstuhl hindurch passt? Wie markiert man eigentlich Treppenstufen? Und woher weiß ein blinder Mensch, auf welchem Stockwerk er aussteigen muss, wenn er den Aufzug verlässt? Wer ein Gebäude oder Haus plant, muss sich mit solchen Fragen beschäftigen. Wobei: Muss man das überhaupt? Und was passiert, wenn man das einfach alles viel zu umständlich findet?

Heute zu Gast ist Dieter Pfannenstiel. Er ist Mitglied der Architektenkammer Berlin und er ist Spezialist für barrierefreies Bauen.

Schönen guten Tag, Herr Pfannenstiel.

Dieter Pfannenstiel: Schön, dass ich bei Ihnen sein darf.

Matthias Klaus: Wie kommen Sie als Architekt dazu, sich mit barrierefreiem Bauen zu beschäftigen, sich darauf zu spezialisieren?

Dieter Pfannenstiel: Wie bin ich dazu gekommen? Es ist viele Jahre her, 12-13 Jahre, dass die Architektenkammer einen Fortbildungskurs,  einen Sachverständigen- bzw. Sachkundigen-Lehrgang angeboten hat. Und das fand ich interessant und spannend. Daran habe ich dann teilgenommen und mich so zum Sachkundigen zertifizieren lassen. Dann bin ich in der Architektenkammer gefragt worden, ob ich an einem Arbeitskreis teilnehmen möchte, der sich "Universal Design, Barrierefreiheit, Demografie" nennt. Ich denke zu allen drei Stichpunkten werden wir dann auch später noch kommen.

In diesem Arbeitskreis sind wir ein illustrer Kreis von sechs Architekten, die sich mit dem Thema Barrierefreiheit auseinandersetzen und verschiedene Themen dort anpacken. Wir unterstützen bei den Kommentaren zu DIN-Normen. Wir beschäftigen uns mit Einzelthemen wie barrierefreie Bäder, haben verschiedene Informationsblätter für die Kollegen herausgegeben und setzen uns so einmal im Monat zusammen und tauschen uns gemeinsam aus.

Matthias Klaus: Haben Sie eine eigene Betroffenheit? Ist Barrierefreiheit für Sie irgendwo im Leben wichtig?

Dieter Pfannenstiel: Bin ich behindert? Ja, ein wenig! Ich habe Probleme durch eine beidseitige Netzhaut-Ablösung. Dadurch habe ich Probleme mit dem Sehen und stoße da auch, ja, immer wieder auf gewisse Barrieren und Schwierigkeiten im Alltag.

Matthias Klaus: Es heißt so eine Frage wie: "Wie sieht eine schöne Stufen-Markierung aus, damit man nicht die Treppe runterfällt?" ist für sie durchaus von Bedeutung.

Dieter Pfannenstiel: Das ist schwer von Bedeutung! Ich merke das immer wieder, wie vorsichtig ich auf Treppen zugehe - jetzt seit zwei Jahren, seitdem ich die zweite Netzhaut Ablösung hatte. Ich kann einfach die Entfernung nicht richtig abschätzen. Und wenn dann auf einer Treppe die Stufen-Markierung fehlt, dann werde ich einfach unsicher und ich denke: Für andere Menschen, die noch viel größere Einschränkungen haben, ist das noch schwieriger als für mich, der eigentlich gut sehen kann, aber Probleme mit den Bildern habe, die nicht übereinander kommen.

Matthias Klaus: Reden wir noch mal über die anderen Menschen. Für wen ist denn barrierefreies Bauen überhaupt von Bedeutung? Also welche Formen von Behinderung betrifft das denn eigentlich?

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, es betrifft nicht nur die Menschen mit Behinderung, sondern es betrifft eigentlich jeden. Denn barrierefreies Bauen und Planen für Gebäude, für Wohnungen, für öffentliche Orte sollten barrierefrei sein, weil das natürlich ein Zugewinn für jeden ist.

Aber es sollte natürlich für Menschen mit Beeinträchtigungen eine Unterstützung sein: seien es körperliche Beeinträchtigungen, seien es kognitive Beeinträchtigungen. Es geht darum, im Leben besser zurechtzukommen und in dem gesellschaftlichen Leben völlig inkludiert daran teilhaben zu können.

Matthias Klaus: Welche Arten von Einschränkungen sind denn wichtig, so bei der Planung? An was müssen Sie so alles denken, wenn Sie jetzt mal nicht einfach nur die Norm abarbeiten, sondern wirklich: "Ich muss daran denken, dass der und der das und das bekommt!" Was wäre das zum Beispiel?

Dieter Pfannenstiel: Zum Beispiel für Rollstuhlbenutzer muss ich schauen, dass ein Rollstuhlbenutzer ins Gebäude hineinkommt, dass da die Tür breit genug ist. Es gibt gewisse Vorgaben, die in der Norm, in Gesetzen stehen, dass eine Tür 90 Zentimeter breit sein sollte: eine Haus-Eingangstür. Der Rollstuhlnutzer muss in den Aufzug reinkommen. Er darf keine Stolperstufen vorfinden, um in den Aufzug oder in die Tür hineinzukommen. Er muss sich in der Wohnung im Bad bewegen können. Er muss einen entsprechenden Bewegungsradius haben. Das nur als ein Beispiele.

Dann wie wir es schon zu Beginn angesprochen haben: Ein Sehbehinderter, ein Blinder braucht, wenn er eine Treppe benutzt, Markierungen, damit er sich dort zurechtfinden kann und eine Treppe wirklich ohne Barrieren nutzen kann.

Für Menschen mit Sehbehinderung, die Farben und Kontraste nicht richtig wahrnehmen können, muss die farbliche Gestaltung innerhalb der Räumlichkeiten entsprechend so sein, dass die Kontraste sichtbar sind. Die Bandbreite ist wirklich vielfältig.

Jingle: [Musik spielt]

Matthias Klaus: Seit wann gibt es denn das Thema "Barrierefreiheit" beim Bauen überhaupt? Ich nehme mal an, dass das ein Qualitätsmerkmal ist. Das war noch nicht immer so.

Dieter Pfannenstiel: Erste Normen zur barrierefreien Planung gab es schon in den 1970er Jahren. Damals ist die DIN 18025 herausgekommen, die sich mit den barrierefreien Wohnungen beschäftigte. Zum einen gab es eine DIN-Norm, die sich nur mit den Wohnungen für Rollstuhlbenutzer beschäftigt hat und eine zweite DIN-Norm, die sich mit Schwerbehinderten und Blinden beschäftigt hat.

Dann gab es auch eine DIN-Norm in der gleichen Zeit, die für den öffentlichen Raum zuständig war. Ich will das jetzt nicht alles auflisten. Diese DIN-Normen sind im Jahr 2011 vereinheitlicht worden. Es gab dann die DIN 18040, die sich in drei Teile aufsplittet: einmal für öffentlich zugängliche Gebäude, im Teil 2 für die Wohnungen und im Teil 3 für den öffentlichen Verkehr und den Freiraum. 

Matthias Klaus: Eine Norm ist aber noch kein Gesetz. Also...

Dieter Pfannenstiel: Nein.

Matthias Klaus: Ich kann niemanden verklagen, dass er die DIN 18040 nicht einhält. Wie verhält sich das denn mit Normen und Gesetzen in Deutschland?

Dieter Pfannenstiel: Die Norm ist nicht gesetzgebend. Die Norm wird erst gesetzgebend, wenn sie in das technische Regelwerk in die technischen Bauvorschriften eines Landes mit aufgenommen wird und dann bekommt sie Gesetzeskraft. Dann muss sich Jeder Planer an diese Regeln halten.

Matthias Klaus: Wo geschieht das in Deutschland? In Ländern oder im Bund?

Dieter Pfannenstiel: Die Baugesetzgebung ist Ländersache und somit ist die Implementierung der Norm auch Ländersache. Und jedes Land geht unterschiedlich damit um. Das ist in meinen Augen ein großer Nachteil. In Nordrhein-Westfalen ist die DIN 18040, Teil 2 in Abwandlung zu einer DIN-Rechtsnorm geworden. In Berlin ist die DIN 18040 Teil 1 öffentliche zugängliche Gebäude rechtskräftig, aber nicht der Teil 2 für Wohnungen. Sondern hier gibt es eine "barrierefrei-Wohnen-Verordnung, die eigentlich eine abgeschwächte Form der DIN-Norm ist.

Matthias Klaus: Wir haben jetzt DIN-Normen für alles Mögliche, die eventuell in Gesetzen drinstehen. Und es gibt auch immer wieder Ausnahmen. Ich habe neulich ein Beispiel gelesen: In Berlin gilt die Norm nicht, dass in jedem öffentlichen Gebäude auf jeder Etage eine Behindertentoilette sein muss. Dieser Teil ist einfach gestrichen worden. Wie kommt so was? Wer hat Interesse daran, die Sachen so abzuschwächen? So schlimm sind die Normen doch jetzt auch nicht.

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, gerade in Berlin, wo es einen irrsinnigen Druck auf den Wohnungsmarkt gibt, ist versucht worden, durch die Abschwächung der Vorgaben aus der DIN das Bauen wiederum leichter zu machen und weniger Vorgaben zu setzen, als sie in der DIN gegeben sind.

Matthias Klaus: Das Ganze gilt ja wahrscheinlich nicht für Privathäuser. Wenn ich mir ein Eigenheim baue, dann kann ich ja bauen, wie ich will. Wenn ich aber Vermiete gilt die Norm. Ist das in etwa so?

Dieter Pfannenstiel: Dann gilt die Norm, ja. Besser gesagt: Dann hängt es wieder davon ab, wie viel Geschosse ein Wohngebäude dann hat. Handelt es sich um ein öffentlich genutztes Gebäude, dann hat wiederum die DIN-Norm 18040 Teil 1 Rechtsgültigkeit.

Matthias Klaus: Es gibt ja so verschiedene Begriffe, die in der Luft herumschwirren. Die einen sagen: "Wir bieten barrierefreien Wohnraum an." Die schreiben das dann auch in, sagen wir mal, eine Mietanzeige. Und dann kommt der Rollstuhlfahrer oder die Rollstuhlfahrerin dahin und sieht: "Es ist doch nicht barrierefrei. Da sind Stufen und ich komme nicht durch die Tür!"

Es gibt ja verschiedene Begriffe, z.B. der Begriff "barrierefrei" und der Begriff "rollstuhlgerecht". Der ist ja irgendwie unterschiedlich. Können Sie den Unterschied ein bisschen beschreiben? Und wie kommt sowas?

Dieter Pfannenstiel: In der Norm ist die barrierefreie Gestaltung auf einen Bewegungsradius von einem Meter zwanzig auf einen Meter zwanzig begrenzt. Die Barrierefreiheit-Rollstuhl ist auf ein Meter fünfzig auf ein Meter fünfzig festgelegt. Damit ist natürlich auch ein größerer Raumbedarf vonnöten. 

Matthias Klaus: Was kann ich denn als Rollstuhlnutzender jetzt tun, wenn ich so eine Wohnung dann finde oder mir jemand verspricht: "Es ist rollstuhlgerecht." Und dann möchte ich da gerne einziehen und dann ist sie es nicht? Bin ich dann einfach machtlos und muss mir eine andere Wohnung suchen oder kann man da auch irgendetwas unternehmen? Zumindest mal jetzt vielleicht bei einem Neubau? 

Dieter Pfannenstiel: Entsprechend der Gesetzgebung gibt es eigentlich keine richtige Pflicht, eine barrierefreie Wohnung [anzubieten]. Es gibt [aber je nach Landesrecht] die Pflicht, barrierefreie Wohnungen zu bauen. In Berlin müssen seit 2020, 50 Prozent der [Neubau-] Wohnungen barrierefrei sein. In Nordrhein-Westfalen sind es, meine ich, 100 Prozent. Aber da gibt es auch wieder andere Anforderungen, [wobei einzelne Anforderungen] aus der Din ausgeschlossen sind. Es ist schwierig [zu verstehen], wie dann damit umzugehen ist. Es ist leider so, dass die Anzahl an komplett barrierefreien Wohnungen für Rollstuhlfahrer in Deutschland doch sehr begrenzt ist. 

Jingle: [Musik spielt]

Matthias Klaus: Sie beschäftigen sich mit Universal Design und mit Demografie und mit Barrierefreiheit. Über Barrierefreiheit im engeren Sinne haben wir jetzt eine Weile geredet. Was ist für Sie "Universal Design"? Wie kommt das hier ins Spiel?

Dieter Pfannenstiel: "Universal Design" und "Design for all" bedeutet für mich, dass für Wohnungen, Gebäude und öffentliche Orte so zu planen und zu bauen ist, dass sie barrierefrei für Menschen mit und ohne Behinderung, ohne fremde Hilfen und ohne jegliche Einschränkungen genutzt werden können. 

Matthias Klaus: Sie haben erzählt, es gab früher verschiedene Normen, zum Beispiel: Wie eine Wohnung zu sein hat, die ein Rollstuhlfahrer nutzt. Die ist aber sozusagen nicht wie eine barrierefreie Wohnung, sondern für Spezialnutzungen. Da gab es auch spezielle Normen. Heute gibt es ja nur noch eine Norm, soweit ich weiß. Das spiegelt sich dann ja auch darin wider. Das heißt, im Grunde genommen soll alles so gebaut werden, dass es für jeden benutzbar ist und nicht nur für spezielle Gruppen.

[Zum Beispiel] erlebe ich es, dass ich in eine Arztpraxis komme. Das ist ein leidiges Thema. Denn gerade bei Arztpraxen denkt man doch: Hier muss nun wirklich jeder mal hin! Jetzt ist es da aber nicht so. Jetzt haben die da irgendwelche Stufen, die ein Rollstuhlfahrer nicht überwinden kann. 

Ich ärgere mich immer, wenn ich in eine Augenklinik komme, ich als Blinder, und dann haben die da Aufzüge, die nicht sprechen. Ich weiß nicht mal, in welcher Etage ich aussteigen muss. So etwas ist extrem ärgerlich. Unterliegen die nicht irgendwie zumindest mal einer etwas strengeren Reglementierung als irgendein Wohnhaus?

Dieter Pfannenstiel: Arztpraxen unterliegen, wenn sie neu eingerichtet werden, den Regularien, ja. Befinden Sie sich [indes] in Bestandsgebäuden und besteht die Arztpraxis schon seit 20 Jahren in dem Gebäude, dann gibt es keine Verpflichtung, dass dort die Barrierefreiheit umzusetzen ist.

Meine Hausärztin ist auch in einem Altbau im zweiten Stock. Da gibt es keinen Fahrstuhl, da gibt es ganz normale Treppen, ohne irgendwelche Stufen-, oder Kantenmarkierungen. Die Ärztin sagt: Ja, das sei gut für sie. Damit hat sie verschiedene Probleme für sich aus dem Weg geschaffen.

Hmmm, ich denke nicht, dass es gut ist. Aber man kann es natürlich nicht ändern, da nicht für jede Arztpraxis eine komplett barrierefreie Örtlichkeit geschaffen werden kann.

Matthias Klaus: Sie arbeiten in einer Beratungsstelle "Barrierefreies Bauen" in Berlin. Was für Menschen kommen denn da zu Ihnen Und was erzählen Sie denen?

Dieter Pfannenstiel: Diese Beratungsstelle ist als ein Pilotprojekt im September dieses Jahres eingerichtet worden. Wir betreiben diese Beratungsstelle gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und sie ist in der Architektenkammer Berlin angesiedelt.

Es ist eine Erstberatung für Entwurfsverfasser und für Bauherren. Es kann sich somit jeder, der mit dem Bauen beschäftigt ist und ein Problem hat, an die verschiedenen Berater wenden. Dies sollte natürlich im frühestmöglichen Zeitpunkt stattfinden, um den weiteren Planungsprozess dann besser gestalten zu können und Fehler/Zielkonflikte zu vermeiden.

Es handelt sich dabei um eine Erstberatung, die maximal eine Stunde dauert. Sie ist kostenfrei für den Ratsuchenden, und wir bezeichnen es immer als Hilfe zur Selbsthilfe, wo nicht im Detail auf Probleme eingegangen wird, sondern den Planenden Hinweise gegeben werden sollen, in welches Regelwerk sie hinein gucken sollen oder wo Problempunkte liegen. 

Matthias Klaus: Wie gut wird das Angebot denn angenommen? Es ist jetzt noch relativ neu.

Dieter Pfannenstiel: Es wird recht gut angenommen. Wir haben bis zum 1. Dezember in Berlin 44 Anfragen gehabt. Das obwohl die Beratungsstelle noch sehr neu ist und wenig publik gemacht wurde. Aber wir gehen davon aus, wenn die Pilotphase im Jahr 2022 hoffentlich beendet wird und die Beratungsstelle sich dann komplett etabliert, dass sich dann auch mehr Ratsuchende an uns wenden werden.

Matthias Klaus: Erleben Sie schon mal, dass jemand zu Ihnen kommt und sagt: "Um Gottes Willen, noch mehr Vorschriften, ich werde verrückt. Muss das denn alles sein?" Und wenn, was sagen Sie dem denn dann?

Dieter Pfannenstiel: So ist das noch nicht vorgekommen, dass jemand so ankommt. Es ist eher so, dass es Kollegen sind, in der Mehrzahl sind es Kollegen, die sich an uns wenden. Die kennen sich leider nicht genau mit dem Regelwerk aus. Und da muss halt wirklich ein Anstoß gegeben werden, wo die Kollegen auf den richtigen Weg geführt werden und gesagt wird: "Ja, schaut da mal in die Gesetze rein." Das ist der Anstoß, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Matthias Klaus: Sie kennen ja Ihre Kollegen vielleicht ganz gut und Sie beschäftigen sich schon eine Weile damit. Können Sie da eine Änderung in der Wahrnehmung feststellen? Eine Änderung in der Meinung zu Barrierefreiheit? Wird es inzwischen akzeptiert? Gerade von den Menschen, die Häuser bauen, von den Architekten und Bauingenieuren? Oder ist es für viele immer noch ein Fremdwort?

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, ein Fremdwort ist es nicht mehr. Akzeptiert ist es auch, aber es fehlt noch zu sehr das Wissen.  Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist für viele doch oft noch Neuland und da muss mehr Anstoß gegeben werden.

Matthias Klaus: Wie ist das denn in der Ausbildung? Inzwischen lernt man das an der Uni oder an der Fachhochschule, wo auch immer man dann studiert?

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, es gibt Kurse für barrierefreies Bauen und auch Entwurfsseminare müssen belegt werden. Ich bin aber der Meinung, dass es noch zu wenig in die Lehre Einzug gehalten hat. Es hängt mit Sicherheit auch von Hochschule zu Hochschule ab und ob es eine ehemalige Fachhochschule ist oder eine Universität der Künste. Ich denke, da gibt es schon Unterschiede, wie das Thema betrachtet wird: Ob es jetzt eine mehr entwurfsorientierte, sehr gestalterisch ausgebildete Universität ist oder eine mehr technisch orientierte.

Matthias Klaus: Ist barrierefreies Bauen eigentlich teurer als nicht barrierefreies Bauen?

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, in dem Sinne ist es vielleicht an manchen Stellen teurer, aber dadurch, dass es ein Mehrgewinn und Zugewinn auch der Nachhaltigkeit in der Planung und im Bauen ist, denke ich, dass es langfristig nicht teurer ist.

Matthias Klaus: Sie arbeiten in einem Architekturbüro, das seinen Hauptsitz oder seine Zentrale in England hat. Kriegen Sie da was mit? Läuft es bei den englischen Kollegen besser als in Deutschland? Kann man das vergleichen?

Dieter Pfannenstiel: Ich denke, in England ist die Planung schon viel mehr angekommen bei den Architekten, als es das in Deutschland noch ist. In England wurden schon viel früher die Gesetze und spezielle Regularien erlassen, als hier in Deutschland. Und barrierefreies Planen und Bauen ist dort zu einer größeren Selbstverständlichkeit geworden, als es das in Deutschland leider noch ist.

Matthias Klaus: Herr Pfannenstiel, ich danke Ihnen sehr herzlich, dass Sie mir hier Auskunft gegeben haben, zum Thema Barrierefreiheit und Bauen. 

Dieter Pfannenstiel: Sehr gerne.

Matthias Klaus: Und ich wünsche Ihnen, dass Sie gut beraten... Oder ich wünsche Ihnen, dass Sie Erfolg haben mit Ihren Beratungen, dass Sie Menschen davon überzeugen können, Barrierefreiheit auch im Wohnungsbau umzusetzen und den Menschen erklären können, dass das alles gar nicht so schlimm ist, dass es aber sehr vielen Menschen nützt.

Vielen Dank, Herr Pfannenstiel, dass Sie Zeit für mich hatten.

Dieter Pfannenstiel: Sehr gerne. Wiederhören, Herr Klaus.

Matthias Klaus: Auf Wiederhören. Das war "Echt behindert!" Mein Name ist Matthias Klaus.

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Hinweis der Redaktion: Dieses Transkript wurde unter Nutzung einer automatisierten Spracherkennungs-Software erstellt. Danach wurde es auf offensichtliche Fehler hin redaktionell bearbeitet. Der Text gibt das gesprochene Wort wieder, erfüllt aber nicht unsere Ansprüche an ein umfassend redigiertes Interview. Wir danken unseren Leserinnen und Lesern für das Verständnis.