Baselitz-Kunstwerke entfernt
17. Juli 2015 Das war's! Seit diesem Freitag gehört der Baselitz-Saal im Dresdner Albertinum der Vergangenheit an. Fünf Jahre lang waren dort zehn Werke des Malers und Bildhauers Georg Baselitz in einer Dauerausstellung zu sehen - neun Gemälde und eine Skulptur. Sie seien ins Depot gebracht worden, wo sie auf ihre Abholung warteten, so eine Sprecherin der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD). Zweifellos ein herber Verlust.
Betroffen sind auch die Kunstsammlungen Chemnitz und die Pinakothek der Moderne in München, die ebenfalls Werke von Baselitz zeigen. In Chemnitz sollen zwei Bilder abgehängt werden. Auch hier lässt der Künstler seiner Ankündigung Taten folgen. Ein Termin ist allerdings noch nicht bekannt. Aus der Sicht von Baselitz, der diesen Schritt bereits vor einer Woche angekündigt hatte, eine verständliche Reaktion.
Ausfuhrschutz per Gesetz
Ein wesentlicher Aspekt des geplanten Kulturgutschutzgesetzes der Bundesregierung sieht womöglich vor, Museumssammlungen in ihrer Gesamtheit unter einen Ausfuhrschutz zu stellen. Das würde bedeuten, dass Künstler, Sammler, Galeristen oder Auktionshäuser Kunst im Allgemeinen ausschließlich in Deutschland verkaufen dürften. Bei einem de facto Ausfuhrverbot würden solvente internationale Käufer außer vor bleiben. Fachleute wie der Kunstsammler und Mäzen Peter Raue sprechen von finanziellen Einbußen von bis zu 90 Prozent.
Beschwichtigungsversuch der Ministerin
Erst am vergangenen Donnerstag hatte Monika Grütters, die zuständige Kulturstaatsministerin, die Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes in einer Pressekonferenz verteidigt. Gleichzeitig versuchte sie, die erhitzten Gemüter zu beruhigen. In die Neufassung des Gesetzentwurfs sei ein Absatz eingefügt worden, dass der Schutz nach Kündigung oder Ablauf des Leihvertrags ende. Und dass Leihgeber auf den Schutz ausdrücklich verzichten könnten. "Das kann Herr Baselitz auch tun", betonte die Ministerin.
Baselitz nur der Anfang?
Baselitz jedoch zog es vor, Fakten zu schaffen. Vermutlich werden es ihm andere gleichtun. Auch namhafte Künstler wie Günther Uecker und Gerhard Richter haben bereits damit gedroht, ihre Leihgaben aus Museen zurückzufordern.
Für das Museum der bildenden Künste Leipzig könnte die Novellierung ebenfalls spürbare Konsequenzen haben. Betroffen sind Werke des Künstlers Max Beckmann (1884-1950). Die Enkelin Mayen Beckmann will Bilder aus allen deutschen Museen zurückziehen, darunter auch aus Leipzig. Nach eigenen Angaben hat das Museum allein 360 Zeichnungen des Malers als Dauerleihgaben in seiner Grafischen Sammlung. Das Museum sei mit Mayen Beckmann im Gespräch, sagte eine Sprecherin. Aktuell werde das Museum Beckmanns Werke "erst mal nicht abhängen", hieß es.
Was folgt?
Alle bisherigen verbalen Auseinandersetzungen fußen auf einem Referentenentwurf des Kulturstaatsministeriums. Der sei wegen einer Indiskretion öffentlich geworden und nicht aktuell, hatte Ministerin Grütters am vergangenen Donnerstag betont. Der tatsächliche Gesetzesentwurf soll voraussichtlich in der kommenden Woche online gestellt werden. Damit wäre dann eine Diskussionsgrundlage gelegt.
Für den exklusiven Baselitz-Saal im Dresdner Albertinum zu spät. Die entstandenen Lücken mit hochwertiger Kunst zu füllen, ist für das Museum sicher kein Problem. Nachhaltig öffentlich wirken würde aber vermutlich die spontan entstandene Rauminstallation "Gähnende Leere – das Nichts nach Baselitz".