Die baskische Untergrundorganisation ETA hat bereits im Vorjahr ihre Waffen abgegeben. Nun erklärte sie in einem Brief, es seien "all ihre Strukturen vollständig aufgelöst" worden.
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In ihrem auf Baskisch verfassten und auf den 16. April datierten Brief, den das Online-Medium eldiario.es veröffentlichte, erklärte die Organisation, dass sie ihre politische Initiative als "beendet" ansehe. "Die ETA hat beschlossen, ihren historischen Zyklus und ihre Funktion als beendet anzusehen und demnach ihren Weg zu beenden."
Die ETA (Euskadi Ta Askatasuna, auf deutsch: Baskenland und Freiheit) war 1959 während der Franco-Diktatur in Spanien von linksnationalistischen, baskischen Studenten gegründet worden. Über Jahrzehnte kämpfte sie gegen den spanischen Zentralstaat und für die Unabhängigkeit des Baskenlandes. In dieser Zeit verübte die Untergrundorganisation zahlreiche Anschläge auch außerhalb des Baskenlandes. Insgesamt kamen bei den Attentaten mehr als 800 Menschen ums Leben. Beim blutigsten ETA-Attentat wurden am 19. Juni 1987 in einem Einkaufszentrum im katalanischen Barcelona 21 Menschen durch eine Autobombe getötet.
Der spanische Zentralstaat ging mit großer Härte gegen die baskischen Separatisten vor. In den 1980er Jahren kamen sogar Todesschwadronen zum Einsatz, die baskische Aktivisten ermordeten. 1979 - nach dem Ende der Franco-Diktatur - erhielt das Baskenland zwar einen Autonomie-Status, doch immer wieder scheiterten Friedensverhandlungen der ETA mit Madrid.
Viele ETA-Anhänger noch immer in Haft
Erst 2011 rief die ETA einen "dauerhaften Waffenstillstand" aus, 2017 erklärte die Organisation dann, ihre Waffen vollständig abzugeben. Damit endete der letzte große bewaffnete Aufstand in Westeuropa. Zahlreiche ETA-Anhänger sitzen aber noch heute in spanischen Gefängnissen.
Ein hoher Vertreter der baskischen Regionalregierung sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die endgültige Auflösung der ETA am Donnerstag erfolgen werde - mittels eines Videos an den britischen Sender BBC. Nach anderen Berichten soll die Auflösung am Freitag im Rahmen einer "internationalen Konferenz" in Cambo-les-Bains im französischen Teil des Baskenlandes offiziell gemacht werden.
ETA: Spuren des Terrors in der spanischen Gesellschaft
Fast 60 Jahre lang waren bei der baskischen ETA Morde und Entführungen an der Tagesordnung - jetzt ist die Terrororganisation Geschichte. Einige Ereignisse hinterließen tiefe Wunden in der spanischen Gesellschaft.
Bild: picture-alliance/dpa/epa/J. Diges
Die ETA löst sich auf
In einem offenen Brief, der an mehrere Institutionen gesendet wurde, gab die baskische Terrororganisation ETA am 2. Mai offiziell ihre Auslösung bekannt. In dem Schreiben verkündet sie das Ende "ihres historischen Zyklus und ihrer Funktion" und gibt an, "alle Strukturen komplett aufgelöst" zu haben.
Bild: picture-alliance/dpa/epa/J. Diges
Überraschungsschlag
Die Organisation ETA wurde Ende der 1950er Jahre gegründet. In den 60ern gab es die ersten Todesopfer zu beklagen, doch der erste große Anschlag fand am 20. Dezember 1973 statt. In Madrid sprengten die Freiheitskämpfer das Auto des Militärs Luis Carrera Blanco in die Luft. Das Opfer war ein enger Vertrauter von Diktator Francisco Franco, der ihn zum spanischen Regierungschef ernannt hatte.
Bild: picture-alliance/dpa
Attentat im Supermarkt
Am 19. Juni 1987 gab es einen Anschlag auf ein Einkaufscenter des Unternehmens Hipercor in Barcelona, 21 Menschen starben, 45 wurden verletzt. Obwohl die ETA das Attentat ankündigte, konnte die Tragödie nicht verhindert werden. Die Explosion zerstörte das erste Stockwerk der Garage und riss ein tiefes Loch in den Boden, durch das sich ein Feuer gnadenlos ausbreitete.
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Kollateralschäden
Am 17. Oktober 1991 überlebte die 12-jährige Irene Villa nur schwerverletzt einen Anschlag. Auf dem Weg zur Schule ging eine Bombe hoch, die an dem Auto befestigt worden war, in dem sie und ihre Mutter unterwegs waren. Anscheinend hatte die ETA beabsichtigt, den Lebensgefährten der Mutter umzubringen, einen Polizeiinspektor.
Bild: Reuters/P. Sanchez
Die längste Entführung
Am 17. Januar 1996 wurde der Gefängnisaufseher José Antonio Ortega Lara in seiner Garage entführt. Als Gegenleistung für seine Freilassung verlangte die ETA, dass die Gefangenen der Terrororganisation in baskische Gefängnisse verlegt werden sollten. Nach 532 Tagen konnte ihn die Militärpolizei aus seinem Versteck befreien. Dabei wurden die vier Entführer verhaftet.
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Wendepunkt
Die Entführung und anschließende Ermordung des spanischen Abgeordneten Miguel Angel Blanco, am 12. Juli 1997, veränderte die öffentliche Wahrnehmung. Die ETA hatte der Regierung ein 48-Stunden-Ultimatum gestellt, um zu verhindern, dass ihre gefangenen Mitstreiter weiter in verschiedenen Gefängnissen im ganzen Land verteilt würden. Als das scheiterte, brachte sie ihre Geisel um.
Bild: picture-alliance/dpa/J. J. Guill
Der Waffenstillstand wird aufgekündigt
2006 verkündet die ETA einen "ständigen Waffenstillstand". Doch am 30. Dezember tötete die Terrororganisation bei einem Bomben-Anschlag auf den Flughafen in Madrid zwei Ecuadorianer. Auf dem Bild sind die beiden ETA-Mitglieder Igor Portu und Diego Armando Estacio im Gerichtssaal zu sehen. Das Attentat setzte dem Waffenstillstand ein jähes Ende.
Bild: picture alliance/dpa/S. Barrenechea
Ende der bewaffneten Aktivitäten
Am 20. Oktober 2011 gab die ETA das Ende ihrer bewaffneten Aktivitäten bekannt. In einem Schreiben erklärte sich die Organisation bereit, die bewaffnete Auseinandersetzung überwinden zu wollen und bat die Regierungen Spaniens und Frankreichs gleichzeitig um einen "direkten Dialog", um eine "Lösung" des Konfliktes zu finden.
Bild: picture-alliance/AP Photo
Symbolische Waffenabgabe
Im April 2017 inszenierte die ETA eine umstrittene Waffenabgabe in der französischen Stadt Bayonne, die von Madrid nicht anerkannt wurde. Die Terrororganisation übergab den französischen Behörden eine Liste mit acht geheimen Waffenlagern. Die Abgabe fand unter der Aufsicht der Internationalen Verifikationskommission (CIV) statt, die 2011 nach Ende der bewaffneten Aktivitäten gegründet worden war.
Bild: Getty Images/AFP/I. Gaizka
Halbherzige Entschuldigung
In einer Erklärung vom 20. April 2018 übernahm die ETA die direkte Verantwortung für das "maßlose Leid", das die baskische Bevölkerung ertragen musste. Der Text wurde heftig kritisiert, da die Organisation nur jene Opfer um Vergebung bittet, die "nicht direkt am Konflikt beteiligt waren". Gegenüber allen anderen drückte ETA ihren "Respekt" aus und versicherte, den Schmerz nachvollziehen zu können.
Bild: Reuters/V. West
Die Anzahl der Opfer
Laut dem spanischen Innenministerium fielen dem Terror der ETA 7265 Menschen zum Opfer, sowohl Verletzte als auch Todesopfer. Von den 864 Ermordeten sollen fast 40 Prozent aus der Zivilbevölkerung stammen. Die große Mehrheit der Opfer entstand in Zeiten der Demokratie.