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Baumwolle vom Experimentierfeld

Klaudia Pape / arn12. März 2005

Burkina Faso, eines der ärmsten Länder der Welt, hat als erster Staat Westafrikas Versuche mit gentechnisch veränderter Baumwolle zugelassen. Klaudia Pape hat Gegner und Befürworter der Grünen Gentechnik besucht.

Auf dem Land in Burkina FasoBild: Arsenijevic


Wenn die afrikanische Sonne glühend im Staub Houndés untergeht und alles in ein rötlich warmes Licht taucht, dann kommt auch Francois Tani manchmal zur Ruhe. Seit er acht Jahre alt ist, arbeitet er auf den Baumwollfeldern. Als Kind, erinnert sich der große, stattliche Mann, sei er einer der besten Schüler seiner Klasse gewesen. Aber sein Vater hatte kein Geld, um ihn weiter zur Schule zu schicken. "Es gibt immer viel zu tun: düngen, säen, spritzen, ernten, verkaufen - das heißt: ein Baumwollbauer arbeitet zwölf Monate im Jahr, ohne auszuruhen." Im Mai wird es extrem heiß, in der Regenzeit droht Malaria, die Insektizide tun ein Übriges, denn Schutzkleidung kann sich kaum jemand leisten.

Der Baumwollanbau geht zwar an die Substanz, aber er lohnt sich, meint Francois Tani. Der 40-Jährige hat sich im Laufe der Jahre einiges erarbeitet: Tani besitzt ein Fahrrad, hat zwei Frauen geheiratet, kann alle seine fünf Kinder zur Schule schicken und er konnte sich - vor fünf Jahren - auf Kredit einen kleinen Traktor leisten. Allerdings ist dieser bescheidene Wohlstand seit einiger Zeit gefährdet. Denn die Preise für Saatgut, Dünger, Pestizide und Landtechnik steigen, während die Baumwollpreise immer weiter fallen. In dieser Situation sieht er nur eine Rettung: die grüne Gentechnik. SOFITEX, die mächtige Baumwollgesellschaft des Landes, bei der er - wie alle Bauern der Region - sein Saatgut kauft, und seine Ernte abliefert, hat ihn darüber informiert. "Der Landwirtschaftsminister hat es gesagt: Wer genmanipulierte Baumwolle anbaut, dem wird es besser gehen", sagt Tani.

Baumwolle - die Gentechnik sieht man ihr nicht anBild: dpa

Die Erfolge der Wissenschaft

Im Westen Burkina Fasos liegt - wie eine Oase - Farakouba, die Station des nationalen Forschungsinstituts INERA. Hier leben bunte Vögel, seltene Insekten und glückliche Kühe; Die Luft ist klar und die Vegetation üppig. Zwischen Maniok-, Mais- und Hirsefeldern war hier bis vor kurzem Gentest-Sperrgebiet: Ein Feld war komplett abgeriegelt und zugehängt. Inzwischen ist die genmanipulierte Baumwolle geerntet und befindet sich - zur Analyse - in den Forschungslabors. "Vielleicht haben Sie ja erwartet, hier Tiere zu finden mit drei Köpfen oder mit sechs Füßen. Aber es ist ein Feld wie alle anderen", sagt Dr. Oula Traoré von INERA. Er lacht und scherzt gerne - obwohl ihm die Baumwollgesellschaft SOFITEX und die Agromultis Monsanto und Syngenta einen Auftrag erteilt haben, der es in sich hat.

Wo ist der Unterschied?Bild: AP

Traoré und sein Team sollen alles über die genmanipulierte Baumwolle herausbekommen: ob die Gene tatsächlich den gefräßigen Schädlingen den Garaus machen, ob die Erträge verbessert werden können, ob die Qualität stimmt, wie weit die Pollen fliegen, ob andere Pflanzen kontaminiert werden können, in welche lokalen Baumwoll-Sorten das Gen am besten eingekreuzt werden sollte. Die erste Versuchsphase liegt bereits hinter ihm. "Nach zwei Jahren Forschung konnten wir feststellen: Das Gen wirkt gut gegen die wichtigsten Schädlinge. Und die Erträge sind gestiegen, zwischen 20 und 28 Prozent." Außerdem hat Traoré herausgefunden, dass in 10 bis 15 Metern Abstand vom Genfeld keine transgenen Anteile in anderen Pflanzen mehr nachweisbar sind.

Bild: dpa

Lesen Sie im zweiten Teil, warum nicht alle - auch nicht alle Wissenschaftler - von der Gentechnik begeistert sind.

Dougoumato ist ein kleines Dorf im westlichen Baumwoll-Anbaugebiet. Die Menschen hier sind so arm, dass sie manchmal nicht wissen, was sie ihren Kinder zu essen geben sollen. Die etwa 300 Baumwollbauern sind alarmiert. Im Radio haben sie Sendungen über die Grüne Gentechnik gehört. Die großen schwarzen Augen ihres Vorkämpfers, Ousmane Tiendrébeogo, funkeln, als er loslegt: Die multinationalen Agrochemiekonzerne Monsanto und Syngenta seien mit ihrem Saatgut nach Burkina gekommen, weil das Land - angesichts seiner Bedürftigkeit - leicht zu überzeugen sei. Er spricht von "Intervention der Amerikaner", von Lizenzgebühren, die das Saatgut unerschwinglich machen werden, von Abhängigkeiten, in die die burkinischen Bauern getrieben würden. "Wir haben keinen Hafen, wir haben keine Wälder, wir haben kaum Bodenschätze", schimpft er. "Deshalb dürfen wir - was unsere Landwirtschaft betrifft - keine Risiken eingehen!"

Bild: AP

Prominenter Gegner wird nicht erhört

Im der Hauptstadt Ouagadougou sind die Menschen mit ihrem alltäglichen Überlebenskampf beschäftigt, von grüner Gentechnik haben sie noch nie etwas gehört. Selbst an der Universität fällt nur wenigen dazu etwas ein - obwohl hier Jean-Didier Zongo unterrichtet, ein international anerkannter Genetiker. Die Universität Straßburg wollte ihn unbedingt für einen Forschungsauftrag nach Frankreich holen, aber Zongo war immer davon überzeugt, das es für ihn in seinem Land genug zu tun gibt. Zur Zeit ist der Professor Vorsitzender einer großen Vereinigung von Nichtregierungsorganisationen zur Aufklärung über die Grüne Gentechnik. Er glaubt, dass es die großen Agro-Konzerne ziemlich eilig damit haben, Westafrika mit ihrem Gen-Saatgut zu beliefern.

Bild: AP

Risiken gibt es für den passionierten Wissenschaftler zu Genüge: Die Verbreitung der Gene zum Beispiel über Wind, Insekten, aber auch die Bauern selbst, die es gewohnt sind, sich von Sorten, die sie interessant finden, einfach ein paar Samen mitzunehmen. Auch die angebliche Reduzierung der Pestizide beurteilt Zongo skeptisch: Wenn die gentechnische Veränderung auf wildwachsende Sorten übergreife, könnten Super-Unkräuter entstehen, die nur noch mit immer größeren Mengen an Agro-Giften bekämpft werden könnten. Außerdem wirke das BT-Gen nur gegen einige Schädlinge, keineswegs gegen alle.

Am meisten beunruhigt Zongo das Problem der Patente. Er geht davon aus, dass die Gensaaten patentgeschützt sein werden. Das heißt, dass Millionen Bauern ihr Saatgut nicht mehr selbst produzieren dürften, sondern jedes Jahr neu kaufen müssten - und damit in die Abhängigkeit der Agromultis geraten würden. Aber hören will das keiner. "Nach und nach werde ich von allen nationalen Debatten zum Thema ausgeschlossen", sagt er. "Man geht sogar so weit zu sagen, dass ich ein 'alter' Genetiker bin - die jungen sind für die Grüne Gentechnik und die alten dagegen."

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