Bayer: Rückschlag im Glyphosat-Streit
11. Mai 2022Der Agrar- und Pharmakonzern kann sich weniger Hoffnung machen, seine Berufung im Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken seines glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup vor dem Obersten Gericht der USA voranzutreiben. Gegenwind kommt von der US-Regierung von Präsident Joe Biden. Generalstaatsanwältin Elizabeth Prelogar, die die Regierung vor dem Supreme Court vertritt, riet dem Gericht von der Annahme des Berufungsantrags von Bayer ab.
Die Genehmigung des Unkrautvernichters durch die US-Umweltschutzbehörde EPA ohne eine Warnung vor bestimmten chronischen Risiken "hebt an sich nicht die Verpflichtung auf, solche Warnhinweise zu geben", schrieb Prelongar in der am Dienstag veröffentlichen Stellungnahme. Das Gericht folgt im Allgemeinen den Empfehlungen. Das Verfahren könnte Signalwirkung für viele weitere US-Klagen haben. Für den Leverkusener Dax-Konzern hängen davon milliardenschwere Rechtsrisiken ab.
Konkret geht es um die Überprüfung eines Urteils zugunsten des Klägers Edwin Hardeman, der glyphosathaltige Produkte des von Bayer übernommenen US-Herstellers Monsanto für seine Krebserkrankung verantwortlich macht. Ihm waren 2019 nach einem Gerichtsprozess letztendlich gut 25 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen worden.
Bayer hofft weiterhin
Bayer hofft, dass der Supreme Court die Entscheidung kippt. Doch ob das oberste US-Gericht sich mit dem Fall befasst, ist bislang unklar. Im Dezember hatten die Richter angekündigt, die Meinung der US-Regierung dazu einzuholen, was zunächst als Zeichen des Interesses und somit positiv für Bayer schien. Doch nun liegt die Empfehlung des Justizministeriums vor - es schlägt sich auf die Seite des Klägers.
"Wir sind weiterhin überzeugt, dass es gute rechtliche Argumente für den Supreme Court gibt, den Fall Hardeman zu überprüfen und das Urteil zu korrigieren", teilte Bayer in einem Statement mit. Dies bestätigten auch zahlreiche Stellungnahmen, die bei Gericht dazu eingereicht worden seien. So habe etwa die US-Umweltschutzbehörde EPA mehrfach festgestellt, dass glyphosatbasierte Herbizide sicher genutzt werden könnten und nicht krebserregend seien.
"Wir haben immer gewusst, dass das Recht auf unserer Seite ist, und nun stimmt die Regierung zu", erklärte die Anwältin von Kläger Hardeman, Jennifer Moore, gegenüber US-Medien. "Es ist ein sehr guter Tag für Krebsopfer in diesem Land, die versuchen, Täter wie Monsanto zur Rechenschaft zu ziehen".
Milliarden stehen auf dem Spiel
Für den Fall, dass das Gericht den Fall nicht annimmt oder im Sinne der Kläger urteilt, hatte Bayer bereits vor einem Jahr vorgesorgt und zusätzliche Rückstellungen von 4,5 Milliarden Dollar gebildet und einen umfassenden Plan zur Beilegung der Rechtsstreitigkeiten aufgelegt. Für ein Urteil des Gerichts zugunsten Bayers hatte Vorstandschef Werner Baumann aber gute Gründe gesehen, da die EPA selbst Warnhinweise vor möglichen Krebsgefahren verboten hat. Eine Entscheidung des Supreme Courts zugunsten Bayers würde nach Baumanns Einschätzung mögliche künftige Rechtsstreitigkeiten im Grunde beenden. Die Chancen dafür sehen nun aber schlecht aus.
Die Klagewelle in den USA hat sich Bayer mit der milliardenschweren Übernahme des Glyphosat- und Roundup-Entwicklers Monsanto ins Haus geholt. Bislang hat Bayer drei Prozesse in erster Instanz mit millionenschweren Schadenersatzzahlungen verloren und in allen bisherigen Berufungsverfahren Niederlagen erlitten. In einem dieser Fälle - dem des Klägers Edwin Hardeman, der seine Krebserkrankung auf die Verwendung von Roundup zurückführte - zogen die Leverkusener vor den Obersten Gerichtshof der USA und reichten dort im vergangenen August den Berufungsantrag ein.
2021 hatte Bayer erstmals auch zwei Glyphosat-Fälle vor Geschworenengerichten gewonnen, die in dem Herbizid nicht die Ursache der Krebserkrankungen der Kläger sahen.
dk/hb(dpa, afp, rtr)