Es ist eine Saison der Rekorde für Bayer Leverkusen. Die Meisterschaft hat man schon gewonnen, unbesiegt - das hat es noch nie zuvor gegeben in der Bundesliga. Jetzt soll das Triple her und damit die Unsterblichkeit.
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Und dann war die Meisterschale weg. Bayer Leverkusens Torwart Lukas Hradecky hatte das Objekt der Begierde den Fans in der BayArena überreicht und die feierten ausgelassen die erste Deutsche Meisterschaft. Zum Abschluss einer historischen Bundesliga-Saison hatte die Werkself noch einmal einen Sieg gegen Augsburg geholt - den 28. In dieser Spielzeit. "Sie haben sie besser behandelt als ich den Ball", scherzte der Finne überwältigt von seinen Gefühlen: "Ein Traum ist wahr geworden."
Auch Trainer Xavi Alonso kletterte den auf die Tribüne und ließ sich feiern. Auf dem Zaun reckte der "König von Leverkusen" Arm in Arm mit den Fans die Meisterschale in den Himmel - gleich mit seinem ersten Titel als Trainer hat sich der 42-Jährige ein Denkmal gesetzt. "90 Punkte, ungeschlagen. Ich bin einfach nur stolz, dass diese Mannschaft Bundesliga-Geschichte geschrieben hat", sagte Alonso sichtlich gerührt über seine "Invincibles", seine Unbesiegbaren.
Für den früheren Welt- und Europameister Alonso ist das etwas ganz Besonderes. "Diese Mannschaft hat sich in der Geschichte verewigt. So etwas ist nicht nur in Deutschland eine Ausnahme, sondern in Europa", sagte der Spanier: "In Spanien gab es noch nie eine Mannschaft, die ungeschlagen geblieben ist. Wir erinnern uns an Arsenal vor 20 Jahren. Und in 20 Jahren werden wir zurückschauen und sagen: Wir haben es damals geschafft." Team-Leader Granit Xhaka stellte die Frage, "ob das irgendwann noch mal wer schaffen wird? Mal schauen."
Eine einzigartige Woche
Doch schon kurz nach der ausgelassenen Feier am letzten Bundesliga-Spieltag wurde dem Traum vom Triple an diesem geschichtsträchtigen 18. Mai alles untergeordnet. "Wir brauchen mehr Zeit, um das zu realisieren. Und jetzt haben wir die nicht", sagte Alonso. Die nächste Woche werde einfach nur "einzigartig".
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Leverkusen kann einer ohnehin schon historischen Saison in den kommenden Tagen die Krone aufsetzen. Das Team von Alonso steht im Europa-League-Finale und auch im DFB-Pokalfinale und kann noch zwei weitere Titel holen. Vor den beiden Endspielen in Dublin und Berlin traten deshalb die Verantwortlichen, aber auch die Spieler, etwas auf die Bremse: keine typischen Bierduschen, keine exzessive Kabinenparty, sondern "nur" eine organisierte Feier mit Familien und Freunden.
Man würde schon "zwei bis drei Getränke haben, im Fußball sollte man den Moment genießen", meinte Xhaka: "Aber wir wissen natürlich auch, dass Mittwoch ein großes Spiel auf uns wartet."
Bleibt die Werkself unbezwungen?
Mit nun 51 Pflichtspielen ohne Niederlage vom Saisonstart weg haben sie den europäischen Rekord von Benfica Lissabon, das 1965 40 Mal in Folge unbesiegt blieb, verbessert. Zwei weitere Siege fehlen dem Alonso-Team noch zur Unsterblichkeit. "Wenn wir jetzt noch zwei Trophäen holen, müssen wir schauen, welcher Flieger uns noch mitnimmt, damit es nicht so schwer wird", scherzte Xhaka.
Vom Europa-League-Finale gegen Atalanta Bergamo am Mittwoch geht es für die Mannschaft direkt weiter in die deutsche Hauptstadt, wo im Berliner Olympiastadion das letzte Spiel der Saison stattfinden wird. Im Pokalfinale wartet dann Zweitligist 1. FC Kaiserslautern.
Und mit dem Pokal im Gepäck soll dann am Sonntag bei der geplanten großen Titelparty in der BayArena auch endlich ohne Rücksicht gefeiert werden. "Mit dieser Stimmung, mit dieser Energie gibt es Gründe, optimistisch zu sein", betonte Alonso. "Wir haben ein nächstes großes Ziel", sagte der Meistertrainer und ergänzte: "Die nächste Woche wird einzigartig."
Bayer Leverkusen - vom ewigen Zweiten zum deutschen Meister
Bayer Leverkusen sichert sich zum ersten Mal die deutsche Meisterschaft. Lange galt die Werkself als Team, das im entscheidenden Moment versagt. Die Klubgeschichte ist voller bitterer Niederlagen und verpasster Titel.
Bild: Anke Waelischmiller/Sven Simon/picture alliance
Bundesliga-Start beim FC Bayern
Der Klub entsteht 1904 als Sportverein für Arbeiter der "Farbenfabrik vormals Friedrich Bayer Co. Leverkusen", aus der später die heutige Bayer AG wird. Das Fußballteam spielt lange in unteren Klassen. 1979 gelingt als Meister der 2. Bundesliga Nord der Aufstieg in die Bundesliga. Das erste Spiel im Oberhaus bestreitet Leverkusen im August 1979 im Münchener Olympiastadion gegen die Bayern (Foto).
Bild: Ludwig Hamberger/dpa/picture alliance
Top-Spieler aus Südkorea
Erster echter Star der Leverkusener Bundesliga-Mannschaft ist der Südkoreaner Cha Bum-kun. Der Stürmer wechselt 1983 von Eintracht Frankfurt zur Werkself und bleibt sechs Jahre lang bei Bayer 04, bis er seine Karriere 1989 in Leverkusen beendet. Cha ist Publikumsliebling und auch beim ersten Titelgewinn für Bayer 04 dabei.
Bild: Fritz Rust/picture alliance
Starkes Comeback gegen Espanyol Barcelona
Die Werkself gewinnt 1988 gegen Espanyol Barcelona den UEFA-Pokal. Das Finale wird damals noch mit Hin- und Rückspiel ausgetragen. In Barcelona geht Bayer mit 0:3 unter, und auch zu Hause sieht es lange nicht gut aus. Doch in der starken zweiten Halbzeit schießt Leverkusen drei Tore und schafft den Ausgleich. Es geht ins Elfmeterschießen, das Bayer mit 3:2 für sich entscheidet. Leverkusen feiert.
Bild: Eissner/Kicker/IMAGO
Favoritensieg im Berliner Olympiastadion
Fünf Jahre nach dem Erfolg im UEFA-Cup folgt der zweite - und für lange Zeit letzte - Titel für die Leverkusener. Im DFB-Pokalfinale 1993 setzen sich Siegtorschütze Ulf Kirsten (r.) und Co. knapp mit 1:0 gegen die Amateurmannschaft von Hertha BSC durch, die es sensationell bis ins Endspiel geschafft hat. Für die Werkself ist der Sieg in Berlin der Beginn einer langen Durststrecke.
Bild: Liedel/Kicker/IMAGO
Die Macher von "Vizekusen"
Dabei ist Leverkusen Ende der 90er Jahre ein echtes Spitzenteam. Manager Reiner Calmund (r.) verpflichtet damals Trainer Christoph Daum (l.), unter dem Bayer 04 dreimal Zweiter der Bundesliga wird (1997, 1999, 2000). Die spottende Konkurrenz erfindet den Namen "Vizekusen", den sich die Leverkusener später sogar als Marke patentieren lassen. Dramatisch bestätigt wird er in Daums letzter Saison.
Bild: Roland Scheidemann/dpa/picture-alliance
Tiefschlag in Unterhaching
Vor dem letzten Bundesliga-Spieltag der Saison 1999/2000 hat Leverkusen drei Punkte Vorsprung auf den FC Bayern und braucht nur noch einen Punkt bei Aufsteiger Unterhaching, um den Titel klarzumachen. "Uns hält keiner mehr auf", tönt Daum vor dem Spiel, doch ein Eigentor von Michael Ballack (l.) leitet eine 0:2-Niederlage ein. Die Bayern gewinnen und werden Meister, Leverkusen wieder nur "Vize".
Bild: Bernd Weissbrod/dpa/picture alliance
Jede Menge Stars, keine Titel
Der Kader der Werkself ist damals gespickt mit Top-Spielern wie Ballack, Lucio und Ze Roberto (v.r.n.l.). Auch andere brasilianische Nationalspieler wie Paulo Sergio oder Emerson starten ihre internationale Laufbahn bei Bayer 04. Sie alle gewinnen in ihren Karrieren etliche Meisterschaften und Pokale - allerdings erst, nachdem sie Leverkusen verlassen haben.
Bild: Ulmer/IMAGO
Dreimal nur Zweiter
Im Sommer 2002 treibt die Werkself ihr "Vizekusen"-Syndrom auf die Spitze: Erst gibt das Team unter Trainer Klaus Toppmöller (3.v.l.) in der Bundesliga die Meisterschaft an den letzten Spieltagen aus der Hand und wird nur Zweiter. Dann verlieren die Leverkusener auch im Pokalfinale gegen Schalke 04. Das größte Spiel der Vereinsgeschichte, die dritte Titelchance, steht aber noch bevor...
Bild: Contrast/IMAGO
1:2 gegen Reals "Galacticos"
Doch auch das Champions-League-Finale 2002 in Glasgow gegen Real Madrid kann Bayer nicht gewinnen. Zinedine Zidane (r.) erzielt per Volleyschuss den Siegtreffer. Leverkusen schlägt sich achtbar, wird aber wieder nur Zweiter. Kurz darauf werden fünf deutsche Nationalspieler aus Leverkusen bei der WM zudem auch noch Vize-Weltmeister. Bundestrainer ist mit Rudi Völler, na klar, ein Leverkusener.
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Verdiente Niederlage gegen Werder
Es dauert sieben Jahre, bis die Werkself erneut eine Titelchance bekommt. Im DFB-Pokalfinale 2009 zieht Bayer Leverkusen gegen Werder Bremen allerdings verdient den Kürzeren. Das Ergebnis von 1:0 für die Bremer klingt knapper, als das Spiel sich darstellt. Siegtorschütze ist Mesut Özil. Für Leverkusen steht damals auch der heutige Sportdirektor Simon Rolfes (3.v.l.) auf dem Platz.
Bild: Sven Simon/picture-alliance
Startrekord - aber wieder nur Zweiter
2011 schafft es die Werkself unter Trainer Jupp Heynckes (r.) wieder nur auf Rang zwei. Heynckes und sein Team stellen dabei mit 24 ungeschlagenen Spielen sogar einen Bundesliga-Startrekord auf. Tabellenführer ist Bayer 04 aber nie, und Meister wird am Ende Borussia Dortmund. Heynckes und sein Co-Trainer Peter Hermann (l.) werden vom FC Bayern verpflichtet, mit dem sie 2013 das Triple gewinnen.
Bild: augenklick/firo Sportphoto/picture-alliance
Keine Lust mehr auf "Vizekusen"
Den Namen "Vizekusen" kann bei Bayer mittlerweile niemand mehr hören. "Ich weiß nicht, mit welcher Marketingabteilung das damals ausgedacht wurde", schimpft Rudi Völler im Jahr 2013. "Das habe ich schon immer für Schwachsinn gehalten." Völler ist seit 1994 mit kurzen Unterbrechungen durchgehend im Verein tätig: als Spieler, Sportdirektor und Sport-Geschaftsführer. Einen Titel holt er nie.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Wittek
Keine Chance gegen Bayern
Von A bis Z trostlos verläuft das Pokalfinale 2020 für die Werkself. Wegen der Corona-Pandemie sind im Berliner Olympiastadion keine Zuschauer anwesend. Vor allem aufgrund einer schwachen ersten Halbzeit ist Leverkusen gegen den FC Bayern chancenlos und verliert das Endspiel mit 2:4. Das Warten auf den ersten Titel nach 1993 geht weiter.
Bild: Jürgen Fromme/firo Sportphoto/picture alliance
Neue Mentalität unter Xabi Alonso
In der sportlichen Krise gelingt Sportdirektor Simon Rolfes (l.) und den anderen Bayer-Verantwortlichen im Oktober 2022 ein echter Glücksgriff: Nach der Trennung von Trainer Gerardo Seoane übernimmt Xabi Alonso (r.) die Mannschaft. Er führt sie von Rang 17 auf Platz sechs sowie ins Halbfinale der Europa League. Vor allem aber entwickelt er eine echte Siegermentalität bei den Spielern.
Bild: Thomas Banneyer/dpa/picture alliance
Überlegen zur ersten Meisterschaft
In der aktuellen Saison lassen Alonso und die Werkself nichts anbrennen. Ungeschlagen marschieren sie durch die Liga, gewinnen viele Spiele in letzter Sekunde und werden verdient Meister. Was ist jetzt mit dem alten Spitznamen? "Xabikusen", "Galakusen", vielleicht "Doublekusen"? Nach der Meisterschaft gewinnt Bayer auch den DFB-Pokal. Nur in der Europa League zieht man im Finale den Kürzeren..
Bild: Anke Waelischmiller/Sven Simon/picture alliance