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Politik

Bayern und Sachsen schränken das Leben ein

19. November 2021

Wegen stark steigender Coronazahlen ziehen die Freistaaten Sachsen und Bayern die Reißleine: Sämtliche Weihnachtsmärkte sind abgesagt worden. Auch Bars, Clubs und Diskotheken werden dichtgemacht.

Coronavirus in Bayern | PK Staatsregierung
Der Ministerpräsident Bayerns glaubt nicht, dass man um eine allgemeine Impfpflicht herumkommen werde Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Bayern verhängt in der vierten Welle der Coronavirus-Pandemie ab kommender Woche einen Lockdown für Ungeimpfte und in Hotspots sogar für alle Bürger. "Wir müssen handeln", sagte Ministerpräsident Markus Söder in München unter Verweis auf die hohen Infektionen im Freistaat, wo die Impfquote deutlich niedriger als in anderen Bundesländern ist. Es werde wieder Kontaktbeschränkungen geben - "ein De-facto-Lockdown für Ungeimpfte im ganzen Land".

Bars, Clubs und Diskotheken machen dicht

Maximal fünf Ungeimpfte aus zwei Haushalten dürften sich dann noch treffen. Besonders gefährdete Bereiche würden wieder dichtgemacht - darunter Bars, Clubs und Diskotheken. Auch Weihnachtsmärkte seien davon betroffen, würden aber Wirtschaftshilfen erhalten.

Weihnachtsmärkte vor dem Corona-Aus

02:24

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Bayern begründete die Maßnahmen, die zunächst bis Mitte Dezember gelten sollen, mit dem drohenden Kollaps des Gesundheitssystems. Die 2G- und 2G-Plus-Regeln, die Ungeimpfte bereits ausschließen, sollen nochmal verschärft werden. In der Gastronomie sei eine Sperrstunde von 22 Uhr geplant, im Handel dürfe es nur einen Kunden pro zehn Quadratmeter geben. Dafür werde die epidemische Notlage festgestellt.

Söder diskutiert Impfpflicht

In Hotspots mit einer Inzidenz von mindestens 1000 - derzeit sind das acht Landkreise in Bayern - sollen für drei Wochen noch umfangreichere Beschränkungen für alle Bürger gelten. "Hier reichen die vorhandenen Maßnahmen nicht aus. Hier braucht es eine harte Notbremse", sagte Söder. Das bedeute Schließungen für Hotels, Gastronomie, Frisöre, Kultur- und Sportveranstaltungen. Er forderte alle Bürger erneut auf, sich impfen zu lassen. In Bayern liege die Inzidenz bei Ungeimpften bei 1500, bei Geimpften bei 110. "Ich glaube, dass wir am Ende um eine allgemeine Impfpflicht nicht herumkommen werden", sagte Söder. Dies könne eine langfristige Lösung sein. Die Lage werde sonst nicht besser.

In Bayern werden die Kapazitäten knapper - das Klinikum in Fürth kann wegen Personalmangels nicht alle Betten nutzenBild: picture alliance/dpa

In Bayern werden in einigen Regionen auch die Intensivbetten knapp. Wie der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands mitteilte, müssen Patienten wegen überfüllter Stationen mittlerweile nach Italien verlegt werden. Verbandspräsident Michael Weber sagte der Nachrichtenagentur Reuters, innerhalb der kommenden drei Wochen könnte sich die Zahl der Intensivpatienten verdoppeln.

Sachsen kündigt Ausgangsbeschränkung an

Auch das Bundesland Sachsen schränkt das Leben seiner Bürger ein: Alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Diskotheken, Klubs und Bars werden geschlossen, auch Großveranstaltungen wie Weihnachtmärkte und Messen werden abgesagt, wie Landessozialministerin Petra Köpping in Dresden sagte. Für Ungeimpfte in den sächsischen Corona-Hotspots mit einer Inzidenz von über tausend gilt ab Montag eine nächtliche Ausgangsbeschränkung zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr.

Auch Sachsens Sozialministerin Petra Köpping kann Corona-mäßig nur Unerfreuliches bekanntgebenBild: Matthias Rietschel/dpa/picture alliance

Zudem ist jeglicher Alkoholausschank untersagt. Der Tourismus wird heruntergefahren - Urlauber können vorerst nicht mehr in sächsischen Hotels und Ferienwohnungen übernachten. Die Schulen und Kindergärten sollen offen bleiben, Vereinssport ist für Kinder bis 16 Jahren weiterhin möglich.

Frankreich nicht mehr Hochrisikogebiet

Zuvor hatte das Auswärtige Amt in Berlin mitgeteilt, dass Belgien, die Niederlande, Irland und Griechenland ab Sonntag als Hochrisikogebiete eingestuft werden. Damit müssen ungeimpfte Rückkehrer aus diesen Ländern in Deutschland in Quarantäne. Zugleich wird Frankreich ab Sonntag nicht mehr als Hochrisikogebiet gelistet.

"Wir sind in einer nationalen Notlage": Bundesgesundheitsminister Jens SpahnBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte in der Bundespressekonferenz: "Wir sind in einer nationalen Notlage, die auch eine gemeinsame nationale Kraftanstrengung braucht." Auf die Frage, ob in Deutschland für Ungeimpfte wieder ein Lockdown drohe, antwortete Spahn, man könne derzeit "nichts ausschließen". "Allein mit Impfen werden wir das Brechen der Welle nicht mehr erreichen." Das Testen, die Einhaltung der AHA-Regeln und das Tragen von Schutzmasken spielten weiterhin eine große Rolle.

Wieler: Massive Kontaktreduktion

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sagte, mehr als ein Viertel der deutschen Landkreise habe inzwischen eine Sieben-Tage-Inzidenz über 500. "Wir müssen jetzt die Notbremse ziehen." Von allen bundesweit betreibbaren Intensivbetten seien im Durchschnitt 15 Prozent mit COVID-19-Patienten belegt. Er rechne damit, dass sich die Situation weiter zuspitze.

Wieler rief erneut zu "massiver Kontaktreduktion" auf, sowohl mit Blick auf Großveranstaltungen, die abgesagt werden sollten, als auch im privaten Bereich. Hotspots wie "schlecht belüftete Bars und Clubs" sollten geschlossen werden.

Bundesrat lässt Ampel-Paket passieren

Der Bundesrat billigte derweil einstimmig die von der möglichen künftigen Ampel-Koalition beschlossenen Corona-Maßnahmen. Sie umfassen die 3G-Regel am Arbeitsplatz, in Bussen und Zügen. Für Pflegeheime und Kliniken sind Testpflichten für Beschäftigte und Besucher vorgesehen. Außerdem kehrt die Homeoffice-Pflicht zurück. Wer Impfpässe fälscht, kann härter bestraft werden. Weiterhin möglich sind Kontaktbeschränkungen, Abstandsvorschriften, eine Maskenpflicht und Zutrittsverbote für Ungeimpfte. Dagegen sind flächendeckende Schließungen von Schulen, Kitas, Betrieben und Geschäften nicht mehr möglich.

Das Gesetz, das der Bundestag mit der Mehrheit von SPD, Grünen und FDP beschlossen hatte, soll bereits in drei Wochen evaluiert und gegebenenfalls nachgebessert werden. Vor der Entscheidung hatte mehrere Unions-Ministerpräsidenten ihre Kritik am Vorgehen der Ampel-Parteien bekräftigt. Ihnen gehen die vorgesehenen Maßnahmen nicht weit genug.

nob/sti (afp, dpa, rtr)

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