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Musik

Bayreuther Festspiele starten in neue Saison

Rick Fulker
24. Juli 2019

Auf dem Grünen Hügel gibt es einen Generationswechsel. Der "Ring" erlebt im Jahr 2020 eine Verjüngung. Die Ankündigung des Produktionsteams schlug ein wie eine Bombe.

Bayreuth - Das Richard-Wagner-Festspielhaus
Bild: picture-alliance/dpa/M. Merz

Zum Auftakt der Bayreuther Festspiele am 25. Juli geht eine Neuinszenierung von Richard Wagners Oper "Tannhäuser" über die Bretter des Bayreuther Festspielhauses. Doch einen Tag vorher überragt eine andere Nachricht alles andere. Bei der Pressekonferenz kündigt Festspielleiterin Katherina Wagner einen Generationswechsel am "Grünen Hügel" an: Der österreichische Regisseur Valentin Schwarz, der in diesem Jahr 30 Jahre alt wird, übernimmt die Regie des vierteiligen Opernzyklus von Richard Wagners "Ring des Nibelungen". Der Dirigent der Produktion, der Finne Pietari Inkinen, ist nur neun Jahre älter.

Die Überraschung war groß: Schmunzelnd bedankte sich Katharina Wagner für die vielen Vorschläge zum Produktionsteam, stellte aber auch fest, dass wohl keiner diese beiden Namen auf dem Schirm gehabt habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Ehemann Joachim Sauer sind regelmäßige Festspielbesucher (Aufnahme aus dem Jahr 2017)Bild: picture alliance/dpa/T. Hase

Valentin Schwarz gewann den internationalen Regiewettbewerb Ring Award 2017. Er inszenierte bereits Mozarts "Così fan tutte" am Theater an der Wien und Maurizio Kagels "Mare Nostrum" an der Oper Köln, ist bisher jedoch eher in mittelgroßen Städten wie Karlsruhe, Cottbus, Graz und Montpellier tätig und bisher nie mit einer Wagner-Oper in Erscheinung getreten. 

Auch Pietari Inkinen gilt als Geheimtipp. Bisher hat er Chefdirigentenposten beim New Zealand Symphony Orchestra und den Prager Sinfonikern inne gehabt. Oder er hat beim Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele und der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern am Pult gestanden, keines gilt als Top-Orchester.

Maestro-müde?

"Es gibt nur einen Star in Bayreuth, und er heißt Richard Wagner": Der Satz des ehemaligen Festspielleiters Wolfgang Wagner wird noch heute zitiert. Zum 100. Jubiläum seines Geburtstags findet am Vorabend des Festspielbeginns ein Festakt im Festspielhaus statt.

Das soll nicht heißen, dass große Namen vom Grünen Hügel verbannt sind. Zwei kommen dieses Jahr aus Russland: der Dirigent Valery Gergiev und die Sopranistin Anna Netrebko. Letztere kommt erst ein paar Wochen später nach Bayreuth und übernimmt die Rolle der Elsa in "Lohengrin". Dafür tritt Gergiev gleich bei der Eröffnung der Festspiele in Aktion: Er dirigiert beim "Tannhäuser". Ob der für seine plötzlichen Absagen berühmte Dirigent zu allen Proben gekommen sei? Auch hier war die Antwort der Festspielleiterin eine Überraschung: "Ja, er hat alle vertraglich festgelegten Termine wahrgenommen. Auch wenn er zweimal zu spät ankam."

Ein spannender, witziger "Tannhäuser"

Bei all dem Rummel um Namen und Besetzungen könnte man beinahe vergessen, dass es in diesem Jahr eine neue Produktion gibt. "Spannend" und "teilweise sogar witzig" soll die Inszenierung von Tobias Kratzer sein, so Katharina Wagner. Kratzer soll das Bayreuther Festspielhaus und Elemente der langen Geschichte der 1876 gegründeten Festspiele in sein Regiekonzept integriert haben. Statisten werden die Bühne bevölkern und eine Art zweites Publikum darstellen. "Richard Wagner hatte verschiedenen Lebensentwürfe", erklärte Kratzer, "Einerseits war er Anarchist, andererseits wollte er sein Werk kanonisieren. Dieser Widerspruch kommt am klarsten in seiner Oper 'Tannhäuser' zur Geltung." In der Oper gehe es nämlich um einen Künstler, der mit dem Gesellschaftsnorm bricht, sich jedoch nach Heimat, Gemeinschaft und Liebe sehnt.

Neo Rauchs unterkühlte Kulisse ist die eigentliche Sensation bei "Lohengrin"Bild: Bayreuther Festspiele/E.Nawrath

Jährliche Rituale und Abweichungen davon

Überschattet wurde die Premiere von einem Bühnenunfall. Er führte dazu, dass die russische Sopranistin Ekaterina Gubanova die Rolle der Venus an ihrer Landsmännin Elena Zhidkova abgeben musste. Ob Gubanova am Ende der Saison doch noch auftritt, ist zurzeit noch ungewiss.

Weitere vier Opern aus bereits bekannten Produktionen stehen 2019 auf dem Spielplan: "Lohengrin", bei dem der amerikanische Regisseur Yuval Sharon Regie vor der Kulisse des Künstlers Neo Rauch führt; hier hat Christian Thielemann die musikalische Leitung. "Die Meistersinger von Nürnberg" ist in der Regie von Barry Kosky die am meisten gefeierte Produktion in Bayreuth derzeit, der Dirigent ist Philippe Jordan. "Parsifal" (Regisseur: Uwe Eric Laufenberg, Dirigent: Semyon Bychkov) und "Tristan und Isolde" (Regisseurin: Katharina Wagner, Dirigent: Christian Thielemann) runden das Programm ab.

Zum jährlichen Ritual gehören inzwischen die Live-Übertragung der Premiere am Eröffnungstag in circa 100 Kinos im deutschsprachigen Raum und die Inszenierung einer Kinderoper: Diesmal werden die "Meistersinger" in einer Version für Kinder zwischen sechs und 12 Jahren aufgeführt. Für die etwas Älteren finden Meisterkurse im Dirigieren und Singen statt, und im Rahmenprogramm "Diskurs Bayreuth" gibt es neben Diskussionsrunden ein Theaterstück über Siegfried Wagner, den ehemaligen Festspielleiter und Sohn des Komponisten und Festspielgründers Richard Wagner.

"Lohengrin" unter der musikalischen Leitung von Christian Thielmann, Bühne und Kostüme: Neo Rauch und Rosa LoyBild: Bayreuther Festspiele/E.Nawrath

Mit wenigen Ausnahmen wurden ausschließlich Werke Richard Wagners in der 143-jährigen Geschichte der Bayreuther Festspiele aufgeführt. Eine dieser Ausnahmen: Beethovens Neunte Sinfonie, die bei besonderen Anlässen im Festspielhaus erklungen ist. Zum 250. Jubiläum der Geburt Ludwig van Beethovens im Jahr 2020 wird das wieder der Fall sein: Am Ende der Saison spielt das Orchester der Bayreuther Festspiele Beethovens "Neunte" dort –und anschließend in Bonn, auf Anregung der Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner, einer Cousine Katharina Wagners.

Ein weiteres Informationshäppchen gab Katharina Wagner zum Schluss preis: 2021 soll erstmals in der Festspielgeschichte eine Frau in Bayreuth dirigieren. Dann steht "Der Fliegende Holländer" auf dem Plan. Den Namen dieser Maestra verriet die Festspielleiterin nicht. "Schließlich möchte ich, dass Sie auch nächstes Jahr kommen", entschied sie pragmatisch.

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