Vor drei Jahren ging der NSU-Prozess um zehn überwiegend rassistische Morde zu Ende. Doch die Hauptangeklagte Beate Zschäpe hat ihre Strafe nie akzeptiert. Jetzt hat der Bundesgerichtshof ihre Revision verworfen.
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Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, muss lebenslang in Haft bleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision gegen ihre Verurteilung wegen zehnfachen Mordes und weiterer schwerer Straftaten in allen wesentlichen Punkten als offensichtlich unbegründet zurück, wie das Karlsruher Gericht mitteilte. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Keine Entlassung nach 15 Jahren
Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest, so dass eine Entlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen ist.
Auch die Verurteilung von zwei Mitangeklagten, Ralf W. und Holger G., zu mehrjährigen Freiheitsstrafen wegen Beihilfe zu den Morden beziehungsweise Unterstützung des rechtsextremistischen NSU bestätigte der BGH.
Die Mordopfer des NSU
Der Nationalsozialistische Untergrund ermordete von 2000 bis 2007 mindestens zehn Menschen. Im Prozess gegen die mutmaßlichen Helfer richten sich die Blicke vor allem auf Beate Zschäpe. Aber wer waren die Opfer des NSU?
Bild: picture-alliance/dpa/N.Försterling
Zehn Opfer, zehn Tragödien
Neun der Opfer hatten ausländische Wurzeln, sie lebten jedoch alle zur Zeit ihres Todes in Deutschland. Außerdem wurde eine deutsche Polizistin von der Terrorbande getötet. Alle Opfer wurden kaltblütig erschossen.
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Enver Şimşek
Am 9. September 2000 wurde der 38-jährige Blumenhändler Enver Şimşek in Nürnberg erschossen - auf dem Bild mit seiner Ehefrau. Er verkaufte Blumen auf einem kleinen Parkplatz etwas außerhalb der Stadt. Der Vater von zwei Kindern starb durch acht Schüsse. Şimşek war 1986 aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Er gilt als das erste Opfer der rassistischen NSU-Mordserie.
Bild: privat/Ufuk Ucta
Abdurrahim Özüdoğru
Am 13. Juni 2001 wurde der türkischstämmige Schneider Abdurrahim Özüdoğru in seiner Änderungsschneiderei in Nürnberg getötet. Er war 49 Jahre alt, geschieden und hinterließ eine Tochter, damals 19 Jahre.
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Süleyman Tasköprü
Am 27. Juni 2001 wurde der Obst- und Gemüsehändler Süleyman Tasköprü in Hamburg im Laden seines Vaters durch drei Kopfschüsse ermordet. Er war 31 Jahre alt und hatte eine dreijährige Tochter.
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Habil Kiliç
In München wurde am 29. August 2001 der 38 Jahre alte Obst- und Gemüsehändler Habil Kiliç in seinem Geschäft getötet. Auch er wurde in den Kopf getroffen. Seine Frau und die damals zwölfjährige Tochter verließen danach Deutschland. Habil Kiliç ist das vierte Opfer der Neonazi-Mordserie.
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Mehmet Turgut
In Rostock wurde Mehmet Turgut am 25. Februar 2004 in einem Döner-Imbiss mit drei Kopfschüssen getötet. Er war dort zu Besuch bei einem Freund, für den er am Tag des Mordes im Imbiss arbeitete. Vor seiner Ermordung hatte der 25-Jährige in Hamburg gelebt.
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İsmail Yaşar
In seinem Döner-Imbiss in Nürnberg wurde am 9. Juni 2005 der 50-jährige İsmail Yaşar ermordet. Ein Kunde fand ihn hinter der Theke. Fünf Schüsse hatten Yaşar getroffen. Er hinterließ drei Kinder.
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Theodoros Boulgarides
In München wurde am 15. Juni 2005 Theodoros Boulgarides in seinem Schlüsseldienst-Laden erschossen. Er stammt als einziges Opfer der Mordserie aus Griechenland. Der 41-jährige Vater von zwei Kindern ist das siebte Todesopfer.
Bild: DW/I. Anastassopoulou
Mehmet Kubaşik
In Dortmund (Nordrhein-Westfalen) wurde am 4. April 2006 der türkischstämmige Kioskbesitzer Mehmet Kubaşik mit mehreren Kopfschüssen getötet - in den Mittagsstunden an einer vielbefahrenen Straße. Der 39-Jährige hinterließ eine Frau und drei Kinder.
Bild: picture alliance/dpa
Halit Yozgat
Ebenfalls mit Kopfschüssen wurde Halit Yozgat am 6. April 2006 in Kassel in Hessen getötet. Der Mord ereignete sich in seinem Internet-Café, das er mit seinem Vater führte. Zudem besuchte er eine Abendschule, um sein Abitur nachzuholen. Halit war 21 Jahre alt und Deutscher türkischer Abstammung.
Bild: picture alliance / dpa
Michèle Kiesewetter
Die aus Thüringen stammende Polizistin Michèle Kiesewetter war 22 Jahre alt, als sie am 25. April 2007 in Heilbronn (Baden-Württemberg) mit einem gezielten Kopfschuss getötet wurde. Kiesewetter ist das zehnte und wohl letzte Opfer des NSU-Terror-Trios.
Bild: picture-alliance/dpa/N.Försterling
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Beate Zschäpe hatte fast 14 Jahre mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die Männer acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. 2011 nahmen sie sich das Leben, um der drohenden Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an, verschickte ein Bekennervideo und stellte sich.
NSU-Prozess dauerte fünf Jahre
Das Mammutverfahren um die Morde und Anschläge der Neonazi-Terrorzelle NSU war am 11. Juli 2018 nach mehr als fünf Jahren und über 400 Verhandlungstagen zu Ende gegangen. Das Oberlandesgericht (OLG) München verurteilte Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, als Mittäterin zu lebenslanger Haft - auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem der Tatorte war.
Der BGH prüft Urteile ausschließlich auf Rechtsfehler. Er hört also keine Zeugen mehr. Hält das Urteil der Überprüfung stand, wird es rechtskräftig. Haben die Revisionen Erfolg, heben die Richter das Urteil ganz oder teilweise auf.