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Musik

Steven Walter übernimmt Beethovenfest Bonn

5. Mai 2020

Der neue Intendant des Beethovenfestes Bonn ist Mitte 30, Deutschamerikaner, Wahlberliner, Cellist - und Musikvisionär. Die Festival-Jubiläumsausgabe im Beethovenjahr 2020 wird wegen Corona auf 2021 verschoben.

Steven Walter, designierter Intendant des Beethovenfestes Bonn (Foto:Daniel Barth )
Bild: Daniel Barth

Steven Walter wird der neue Intendant des Beethovenfestes Bonn. Walter wird ab dem 1. November 2021 die künstlerische Leitung beim Beethovenfest in Alleinregie übernehmen und 2022 seine erste Festivalausgabe verantworten.

Das Musikfestival aus Beethovens Geburtsstadt präsentiert alljährlich Künstler und Dirigenten von Weltruf. Inhaltlich bilden zwar Beethovens Werke den Mittelpunkt des Festivals, doch sie werden immer wieder in spannungsvolle Beziehung mit zeitgenössischer Musik gesetzt. Das Fest fand erstmalig 1845 in kleinem Rahmen statt, mittlerweile stehen rund 70 Aufführungen auf dem Programm.

Beethovenfest 2020 wird komplett verschoben 

Die Saison 2021 gestaltet die jetzige Chefin Nike Wagner, eine Urenkelin Richard Wagners. 250 Jahre nach Ludwig van Beethovens Geburt hätte es im Beethovenjahr 2020 eigentlich gleich zwei Ausgaben des Musikfestivals geben sollen: eine Jubiläumswoche im März und ein Fest im September. Die Verantwortlichen teilten nun allerdings mit, dass auch das Fest im September wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden wird. Es soll voraussichtlich um ein Jahr, auf den Zeitraum vom 20. August bis zum 10. September 2021 verschoben werden.

Steven Walter: Ein Mann, der die Musik neu lebt

Nike Wagner mit dem Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan - im Jubiliäumsjahr tauften sie gemeinsam den Beethoven-FrachterBild: DW/R. Fulker

Die Entscheidung der Findungskommission, die seit Monaten eine würdige Nachfolge für Nike Wagner suchte und der auch Barbara Massing, die Verwaltungsdirektorin der Deutschen Welle, angehört, war für viele eine Überraschung - aber eine durchweg positive. Das junge Alter des Kandidaten, der 1986 geboren ist und sich im Endspurt gegen neun weitere, hochkarätige Mitbewerber durchsetzte, ist zunächst erwähnenswert. Doch erst sein radikales Bekenntnis zu ungewöhnlichen, innovativen Musikformaten macht seine Wahl zu einer gewagten, womöglich nicht risikofreien, aber auf jeden Fall zukunftsweisenden Entscheidung. Denn: Viele wollen im Musikleben neue Wege gehen - und Steven Walter tut es wirklich.

Der Mitte 30-Jährige wurde in der Nähe von Stuttgart in eine deutsch-amerikanischen Familie geboren. Er ist stolz darauf, "beide Prägungen zu verbinden", wie er in einem ersten Gespräch mit der DW sagte, wobei er sich kulturell "vor allem mit Deutschland" identifiziere. Seine Eltern waren keine Musiker. Ein ambitionierter Lehrer ist daran schuld, dass Walter sich für Musik begeisterte. Er studierte Cello in Oslo und Detmold und gründete 2009 in Esslingen das Festival "Podium", das sich von einem studentischen Projekt, einer Art Musik-Start-up, zu einer Kulteinrichtung der europäischen Musikszene entwickelte.

Und, nicht unwichtig: Walter konnte auch das eher konservativ gestimmte Publikum im Schwäbischen für sich gewinnen. Ungewöhnliche Inszenierungen von klassischer Musik - im Konzertraum wie in der digitalen Welt, neue Präsentations- und Vermittlungsformen und ein radikal verjüngtes Publikum - das alles hat Steven Walter in Esslingen erreicht.

Den jungen Kulturmanager und Musikvisionär macht aus, dass er Internationalität lebt, sensibel und feinsinnig ist im Umgang mit der fragilen Schnittstelle zwischen der digitalen und realen Welt, Neues wagt und doch besonnen agiert. Auch sein Bekenntnis zu Fehlern, wenn sie denn geschehen, spricht für Walter. Als Erfinder und Kurator des 2018 ins Leben gerufenen Fellowship-Programms#bebeethoven gelang es Walter im Beethovenjahr 2020 gemeinsam mit jungen Komponisten, Performern und Musikproduzenten, die mit dem Namen des Jubilars Beethoven verbundene Innovationskraft mit neuer Schubkraft ins 21. Jahrhundert zu bringen.

Die Beethovenhalle in Bonn - eine GroßbaustelleBild: imago images/Rainer Unkel

Musik zum "Fest nach der Pest"

"Ich habe meine Rolle als Musiker und Musikvermittler immer als eine aktive und gestaltende verstanden", sagt Steven Walter im DW-Gespräch. Seine Stärke sieht er unter anderem darin, dass er "kreativ mit ungewöhnlichen Räumen" umgehen kann - ein entscheidendes Moment für das Beethovenfest, das während der Kernsanierung der Beethovenhalle auf andere Spielstätten ausweichen musste. Womöglich zieht sich die Fertigstellung noch über Jahre hin. 

Musiker und Musikmanager: Steven WalterBild: DW/A. Boutsko

Auch das soziale Engagement und die Verantwortung für die zahlreichen, durch die Corona-Pandemie gestrandeten Musikerinnen und Musiker ist für Steven Walter eine "Kernaufgabe": "Wer macht die Musik zum Fest nach der Pest? Wer spielt auf zum erleichterten Tanz, wenn wir alle wieder dürfen? Es müssen jetzt verlässliche Perspektiven für das Musikschaffen aufgezeigt werden, sonst hat sich die Musik ausgespielt und wir werden nicht ermessen können, welcher Schaden an der Substanz der Musiklandschaft entstanden ist", schreibt er auf Facebook.

"Musik existiert nicht, wenn sie nicht stattfindet. Musiker'innen verlieren ihre Existenzgrundlagen, Institutionen und Strukturen kollabieren. Sicher: die Luft, die die Musik zum Schwingen bringt, ist dieselbe, durch die das Virus fliegt. Wir haben in einer Pandemie Verantwortung für unser Publikum. Wir haben aber auch nachhaltige Verantwortung für die Musik. Eine jede Zeit wird auch daran gemessen, wie sie ihre Künstler'innen behandelt."

Na dann: Guten Start, Steven Walter.

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