Bei Corona-Testkapazitäten droht ein Engpass
13. Januar 2022Der starke Anstieg der Corona-Neuinfektionen auch in Deutschland und die vorgeschriebenen Tests in vielen Lebensbereichen haben eine Debatte über einen möglichen Mangel an Testkapazitäten ausgelöst. Der Leiter des Corona-Krisenstabes der Bundesregierung, Generalmajor Carsten Breuer, sagte der "Süddeutschen Zeitung", es könne zu Engpässen kommen. "Wir werden mit Sicherheit, wie bei allen knappen Ressourcen, Kapazitäten bündeln müssen, wo es erforderlich ist."
Das Gesundheitsministerium wollte sich dazu bisher nicht äußern. Ein Sprecher verwies aber darauf, dass in der vergangenen Woche 1,4 Millionen PCR-Tests gemacht wurden und die Kapazität in den Laboren in dieser Woche mit 2,6 Millionen angegeben worden sei.
Priorisierung von PCR-Tests gefordert
Um Engpässe zu vermeiden, schlägt Andreas Gerritzen, Geschäftsführer des MVZ Medizinisches Labor Bremen, vor, bei der Analyse auf die Suche nach Virus-Varianten wie Omikron zu verzichten. Dies sei so aufwändig wie zwei normale PCR-Untersuchungen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Vorsitzende des Verbands der Medizinischen Labore (ALM), Michael Müller, hatte der "Rheinischen Post" gesagt, weil derzeit bei PCR-Tests kaum priorisiert werde, stießen die Labore zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Laut einer RKI-Empfehlung sollen bei Knappheit Personen mit Symptomen sowie besonders gefährdete Gruppen bei PCR-Testungen bevorzugt werden.
Ebenfalls für eine Priorisierung knapper Testkapazitäten plädierte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. "Wir sehen sehr deutlich, dass die wöchentliche Kapazität von 2,4 Millionen PCR-Tests, die wir in etwa in Deutschland haben, nun unter Volllast überall gebraucht wird", sagte er dem RBB-Inforadio. Es müsse darauf geachtet werden, Schwerstkranke und das Personal der kritischen Infrastruktur zu bevorzugen - auch wenn dies dann an anderer Stelle, etwa beim Freitesten, zu Verzögerungen führe.
Neben der steigenden Infektionszahl ist der Bedarf an Schnelltests auch wegen der fast flächendeckend eingeführten 2GPlus-Regeln etwa für die Gastronomie gestiegen. Das Gesundheitsministerium hatte wiederholt mitgeteilt, es gebe genügend Schnelltests in Deutschland. Bürger können sich kostenlos testen lassen.
RKI meldet neue Rekordwerte
Das Robert-Koch-Institut meldete mit 81.417 Corona-Neuinfektionen den zweiten Tag in Folge einen neuen Höchstwert. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 427,7 von 407,5 am Vortag. 316 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sagte im Bundestag, eine "Omikron"-Wand" wie in anderen Ländern könne in Deutschland noch abgewendet werden. Mit der Booster-Kampagne schaffe man die Möglichkeit, dass daraus ein "steiler Hügel" werden könne. Die vollständige Impfung rette Menschenleben, weil Krankenhäuser dann nicht auf einmal mit einer großen Zahl an Erkrankten konfrontiert werden.
Experten sehen bei einer Omikron-Infektion im Schnitt einen leichteren Verlauf der Krankheit. Allerdings sind die Infektionszahlen so hoch, dass auch ein geringerer prozentualer Anteil an nötigen Krankenhaus-Überweisungen pro 100.000 Einwohnern zu einem Anstieg der absoluten Zahlen an Patienten führen kann. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten in den Krankenhäusern sank aber weiter auf 2930.
Lauterbach sagte dem Nachrichtenportal "The Pioneer", das von der Ampel-Regierung gesetzte Ziel einer 80-Prozent-Quote bei Erstimpfungen bis Ende Januar sei nur schwer erreichbar. Am Mittwoch ließen sich laut RKI 779.785 Menschen impfen. Das liegt weiter unter dem von Bundeskanzler Olaf Scholz genannten Ziel von einer Million pro Tag. Nur 52.670 Menschen ließen sich am Mittwoch erstmals impfen.
Stiko für Boostern von Jugendlichen
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat sich generell für eine Corona-Auffrischimpfung auch bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren ausgesprochen. Das Gremium empfehle eine sogenannte Boosterimpfung für diese Altersgruppe mit dem mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer "in der altersentsprechenden Dosierung" und mindestens drei Monate nach der vorangegangenen Impfung, teilte das Robert Koch-Institut mit.
Der Beschlussentwurf der Empfehlung muss nun noch in ein sogenanntes Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und beteiligten Fachkreisen, ist also noch keine endgültige Empfehlung.
hf/qu (rtr, afp, dpa)