Künstliche Intelligenz im Vertrauenstest
14. März 2025
Selten war das Wort "Vertrauen" so oft zu hören wie beim HumanX-Kongress im amerikanischen Las Vegas. Rund 3000 Besucher und 350 Sprecher diskutierten fünf Tage bis zum 13. März über das Thema Künstliche Intelligenz. Und immer wieder über das Vertrauen in sie: Stefan Weitz, der Mann, der die Veranstaltung in diesem Jahr aus der Taufe gehoben hat, forderte von den KI-Ingenieuren, Vertrauen in ihre Modelle zu schaffen.
Die anwesenden Firmen versprachen, sich das Vertrauen bei den "Usern" mit den Anwendungen, die sie verkaufen wollen, zu verdienen. Sogar die ehemalige amerikanische Vizepräsidentin Kamala Harris, Ehrengast der Veranstaltung, sprach bei der Eröffnung im feinen Fontainebleau-Hotelresort von einem Gleichgewicht zwischen Innovation und Sicherheit, also Vertrauen, das gefunden werden müsse.
DeepSeek und der "Sputnik-Moment"
Dabei gibt es im Bereich Künstliche Intelligenz einiges, das ganz und gar nicht vertrauenserweckend scheint: Zunächst einmal das chinesische KI-Modell DeepSeek, das so ziemlich alles, was die anderen können, ebenfalls kann – nur viel billiger und mit viel geringerem Aufwand. Wenn auch wahrscheinlich von der Kommunistischen Partei Chinas überwacht und kontrolliert, was nicht gerade Vertrauen schafft.
Einen "Sputnik-Moment" nennt Pedro Bizarro von der KI-Sicherheitsfirma Feedzai, einer der Sponsoren des Kongresses, dennoch die Veröffentlichung der chinesischen Open-Source-Konkurrenz. Da hätten die Chinesen gezeigt, dass sie bei weitem nicht so weit zurückliegen, so Bizarro im DW-Gespräch.
Statt eines Vorsprungs von Jahren hätten die großen amerikanischen Firmen der chinesischen Konkurrenz wohl nur wenige Monate voraus. Obendrein hätten die Chinesen wegen amerikanischer Exportbeschränkungen für Superprozessoren einen anderen Weg beschreiten müssen: klein, fein und billig statt – wie in den USA – immer größere Rechner mit immer mehr Rechenleistung. "Wir werden da noch weitere Überraschungen erleben", garantiert Bizarro, der bei Feedzai für den Forschungsbereich zuständig ist. "Es ist offensichtlich geworden, dass das Unternehmen OpenAI nicht so isoliert an der Weltspitze steht, wie angenommen."
Open-Source-KI für Afrika
Das mache die chinesische Technologie vor allem für Märkte wie Afrika interessant, erklärt HumanX-Gründer Stefan Weitz gegenüber der DW: "Afrika wird auf Open-Source-Modelle wie DeepSeek setzen. Die sind einerseits billiger, andererseits wachsen die afrikanischen Märkte mit der sich entwickelnden Mittelschicht."
Weitz, der früher bei Microsoft gearbeitet hat, meint, der Kontinent werde ganz einfach einen Entwicklungsschritt überspringen und statt teurer amerikanischer Modelle die billige chinesische Variante und ihre Anwendungen wählen: "Die neue Informatik-Seidenstraße, sozusagen." In Zeiten, in denen obendrein der amerikanische Präsident immer wieder "America first" verkündet, eigentlich eine logische und folgerichtige Entwicklung. Denn – so war ja immer wieder zu hören – bei KI geht es eben um ganz viel Vertrauen.
Auch, was die Regulierung betrifft: Da stehen harte europäische Regelwerke den Bestrebungen des amerikanischen Präsidenten gegenüber, alle Vorschriften zu streichen. "Trump hat zwar die Vorschriften, die Präsident Biden erlassen hat, aufgehoben," sagt Daniela Braga zur DW. "Aber in vielen Staaten der USA gibt es durchaus harte Vorschriften, die weiterbestehen." Braga hat Ex-Präsident Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris in Sachen KI beraten und hofft auf eine weltweite Regulierung, selbst wenn diese noch in weiter Ferne liegt.
Was den häufig zitierten "Krieg der KI-Systeme" betrifft, sieht sie keine so große Gefahr aus China. Die amerikanischen Systeme seien zumindest im großen Binnenmarkt stark verwurzelt. Und was den Weltmarkt betrifft, erklärt Braga: "Zunächst sollte Amerika dafür sorgen, dass seine Freunde und Alliierten auf seiner Seite bleiben. Das erreicht man aber nur mit einer Politik der konstruktiven Zusammenarbeit." Also wieder einmal mit Vertrauen. Man werde sich eben zusammenraufen müssen, was die Regulierung künstlicher Intelligenz betrifft, findet Stefan Weitz. Die beiden Hauptakteure USA und Europa sollten sich um einen Mittelweg bemühen – vertrauensvoll natürlich.
Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen
Um Vertrauen buhlten auch die Aussteller bei HumanX. Ob ChatGPT oder DeepSeek spielte dabei nicht einmal die große Rolle. Denn zum Kauf standen Anwendungen, die die KI-Modelle vor allem sicherer machen sollen: "Unsere Plattform macht Finanzgeschäfte sicherer und deckt sogar Geldwäscheversuche auf," versichert Pedro Bizarro von Feedzai.
Daniela Braga verkauft copyrightgeschütztes Material, mit dem man KI trainieren kann – egal ob chinesisches Open-Source-Modell oder ein geschlossenes System, das aus Amerika kommt. Das Wichtigste sei eben, so predigt es HumanX-Gründer Stefan Weitz immer wieder, dass die Verbraucher Vertrauen in die Anwendungen haben. Und damit das kräftig wächst, wird es auch 2026 wieder einen HumanX-Kongress geben. Dann allerdings in Los Angeles.
Der Artikel enthielt ursprünglich Fehler in der Berufsbezeichnung und -erfahrung von Pedro Bizarro. Wir haben sie am 24.03.2025 korrigiert und bitten um Entschuldigung.