Es war kein leichtes Jahr für Siemens. Dennoch steht am Ende ein Milliardengewinn, und im neuen Geschäftsjahr soll die Kasse noch lauter klingeln. Zudem baut der Konzern eine geplante Ausgliederung deutlich aus.
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Der Technologiekonzern Siemens hat das von Ukrainekrieg und hohen Abschreibungen auf das ehemalige Energiegeschäft geprägte Geschäftsjahr mit einem Milliardengewinn abgeschlossen. Nach einem starken vierten Quartal steht unter dem Strich ein Plus von 4,4 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag in München mitteilte. Im seit Oktober laufenden neuen Geschäftsjahr will Siemens wieder deutlich mehr verdienen.
Eigentlich liefen die Geschäfte gut: Das zentrale industrielle Geschäft war bei Siemens sogar auf Rekordniveau gelaufen. Dass der Konzerngewinn unter dem Strich um 34 Prozent sank, lag vor allem an einer bereits im Sommer angefallenen Milliardenabschreibung auf die verbliebenen Anteile am an die Börse gebrachten ehemaligen Energiegeschäft Siemens Energy. Sie hatte dem Konzern sogar das erste Verlustquartal seit mehr als einem Jahrzehnt beschert. Aber auch der Rückzug aus Russland hatte das Geschäft belastet.
Freude bei den Aktionären
Der Umsatz legte dennoch nominal um knapp 16 Prozent auf 72 Milliarden Euro zu. Auch die Aktionäre bekommen vom Gewinnrückgang nichts zu spüren: Die Dividende soll um 25 Cent auf 4,25 Euro pro Aktie steigen.
Die aktuellen Kursgewinne des Index-Schwergewichtes Siemens haben den Dax, der am Morgen knapp ein Prozent im Plus lag, zum Handelsstart gestützt. Siemens war mit einem Plus von sieben Prozent der mit Abstand größte Gewinner im Vormittagsgeschäft.
Die Welt scheint wieder in Ordnung
Siemens-Chef Roland Busch sprach von einem "extrem herausfordernden Jahr" und einer "hervorragenden Leistung". Siemens habe Marktanteile gewonnen und die hohe Nachfrage nach den Hard- und Softwareangeboten des Konzerns halte an, betonte er. Im vierten Geschäftsquartal war die Welt bei Siemens mit einem satten Gewinn von 2,9 Milliarden Euro auch bereits wieder in Ordnung. Dazu hatte allerdings auch ein deutlicher Gewinn aus dem Verkauf des Post- und Paketgeschäfts beigetragen.
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Käufer gesucht
Beim Verkauf seiner Beteiligung an der ehemaligen Tochter Siemens Energy drängt der Konzern auf einen guten Preis. Der Technologiekonzern bleibe dabei, dass er das Paket von 35 Prozent nach und nach abstoßen wolle, egal ob über die Börse oder an einen Investor, sagte Vorstandschef Roland Busch: "Wir wollen die Aktien primär zu einem guten Wert verkaufen."
Finanzvorstand Ralf Thomas machte klar, dass Siemens Energy dafür bessere Ergebnisse zeigen müsse: "Die einen wünschen sich einen anderen Ankeraktionär, die anderen eine bessere Performance." Siemens-Energy-Vorstandschef Christian Bruch hatte am Mittwoch gesagt, er wünsche sich einen anderen Ankeraktionär. Es gebe Interessenten für das Aktienpaket von Siemens.
Die nächsten möglichen Verkäufe werden bereits vorbereitet. Siemens arbeitet seit einiger Zeit daran, sein Geschäft mit großen Antrieben (LDA) auszugliedern. Hier soll es jetzt ein noch größerer Wurf werden: Siemens will nun auch Niederspannungs- und Getriebemotoren aus dem Bereich Motion Control, die Fertigungstechnik-Tochter Sykatec und das Spezialgeschäft Weiss Spindeltechnologie mit einbringen.
Siemens spürt keinen Zeitdruck
Insgesamt soll so im Laufe des Geschäftsjahres eine neue Einheit mit rund drei Milliarden Euro Umsatz und 14 000 Beschäftigten entstehen. Das ist etwa doppelt so groß wie der Bereich LDA, wie Busch bestätigte. "Die neue Firma wird äußerst wettbewerbsfähig sein", sagte er.
Angesichts der Vergrößerung erwartet Finanzvorstand Ralph P. Thomas den Abschluss allerdings wahrscheinlich nicht mehr im laufenden Geschäftsjahr. Das sei aber auch nicht nötig, betonte er. Man stehe nicht unter Zeitdruck.
Unterstützung trotz Skepsis
Der bei der IG Metall für Siemens zuständige Hagen Reimer merkt zwar an: "Wir sind nach wie vor äußerst skeptisch gegenüber der Ausgliederung an sich." Wenn sie aber nicht zu verhindern sei, "dann halten wir sie in der jetzt erweiterten Form für die günstigste Perspektive. So ist das künftige Unternehmen am stabilsten und breitesten aufgestellt."
Für das laufende Jahr erwartet Siemens einen deutlichen Anstieg beim Gewinn. Bereinigt um gewisse Kaufpreiseffekte soll er auf 8,70 bis 9,20 Euro je Aktie steigen. Das wäre ein Anstieg um 59 bis 68 Prozent. Grob gerechnet wären das für den Konzern insgesamt um die 7,2 Milliarden Euro.
Siemens: Vom Zeigertelegrafen zum Internet der Dinge
Vor 200 Jahren wurde der Siemens-Gründer Werner von Siemens geboren. Von Industrierobotern und vernetzten Autos hat der Erfinder damals wohl kaum geträumt. Eine Zeitreise durch die Unternehmensgeschichte in Bildern.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte
Alles begann mit dem Zeigertelegrafen
Hiermit fing alles an: 1846 und 1847 baut Werner Siemens seinen ersten Zeigertelegrafen, gewissermaßen der Vorläufer des Faxgeräts. Um ihn in Serie herstellen zu können, gründet der Erfinder zusammen mit dem Feinmechaniker Johann Georg Halske die "Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske". In einer Berliner Hinterhauswerkstatt fertigen zehn Handwerker die ersten Zeigertelegrafen.
Bild: Siemens AG
Aus der Werkstatt in die Fabrik
In den folgenden Jahrzehnten wird aus dem Handwerksbetrieb eine Fabrik mit normierter Serienfertigung. Siemens & Halske baut Dampfmaschinen und entwickelt den ersten Generator. Die Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips gilt als eine der wichtigsten Leistungen Siemens: Er schuf damit die Voraussetzung, Strom in größerem Umfang zu erzeugen.
Bild: Siemens AG
Ferngespräche in die USA
1864 scheitert die Verlegung eines Seekabels durch das Mittelmeer, was dem Unternehmen empfindliche Verluste beschert. 1874/75 verlegen die Siemens-Brüder Werner, William und Carl mit Hilfe des eigens gebauten Kabeldampfers Faraday dann aber erfolgreich ein Telegrafenkabel zwischen Europa und den USA - weitere Transatlantik-Kabel folgen.
Bild: Siemens AG
Vorreiter bei der E-Mobilität
Auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 präsentiert Siemens & Halske die erste elektrische Eisenbahn der Welt mit Fremdstromversorgung. Es folgt die erste elektrische Straßenbahn (Bild), die im Jahr 1881 in Lichterfelde bei Berlin den Betrieb aufnimmt. Auch der erste Vorläufer des modernen Oberleitungsbusses stammt von Siemens.
Bild: picture alliance/akg-images
Unternehmer mit sozialer Agenda
Neben seinen technischen Innovationen und seinem Unternehmergeist macht sich Werner Siemens (seit 1888 "von Siemens") auch mit sozialpolitischen Initiativen einen Namen. 1872 etabliert er eine Pension-, Witwen- und Waisenkasse als betriebliche Altersversorgung. 1890 scheidet er offiziell aus dem Geschäft aus. Zwei Jahre später erliegt von Siemens im Alter von 75 Jahren einer Lungenentzündung.
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Ein neuer Stadtteil entsteht
Die Firma wird derweil größer und größer: Mit dem Ziel, die Expansion am Traditionsstandort abzusichern, erwirbt Siemens & Halske 1897 ein nahezu unbesiedeltes Gelände nordwestlich von Berlin. Nach und nach werden hier alle betrieblichen Aktivitäten räumlich konzentriert und Werkswohnungen gebaut. Bis 1914 entsteht ein völlig neuer Stadtteil - die "Siemenssstadt".
Bild: Siemens AG
Zwangsarbeit im Siemenswerk
Während des Zweiten Weltkriegs beschäftigt Siemens auch Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in seinen Werken. Im Siemenslager Ravensbrück setzt das Unternehmen tausende weibliche Häftlinge zum Wickeln von Spulen und zum Bau von Telefonen ein. Nach dem Krieg sind die meisten Gebäude und Werksanlagen zerstört, das Firmen-Vermögen wird konfisziert.
Bild: Dr. Karl-Heinz Hochhaus
Umzug nach München
Teile der Unternehmensführung werden noch im Februar 1945 nach München, Mülheim a.d. Ruhr und Hof verlagert. Siemens & Halske bekommt den Hauptsitz in München, Berlin bleibt zweiter Firmensitz. Zum ersten Oktober 1966 wird die Siemens Aktiengesellschaft gegründet.
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Mehr Produkte, mehr Fabriken, mehr Länder
Turbinen, Automatisierungstechnik, Eisenbahnen, Kraftwerke, private Kommunikationssysteme, Medizintechnik, Waschmaschinen - es gibt kaum etwas, das Siemens nicht baut. Anfang der 1980er produziert das Unternehmen bereits in 37 Ländern. In den 1990er-Jahren lag der Anteil der nicht-deutschen Konzernumsätze bei zwei Drittel.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Gust
Untreue, Bestechung, schwarzer Kassen
2006 fliegt ein schwerwiegender Korruptionsskandal bei Siemens auf: Über Jahre sollen rund 1,3 Milliarden Euro in dunkle Kanäle geschleust worden sein, um lukrative Auslandsaufträge zu ergattern. Den Elektrokonzern kostet die Aufarbeitung 2,5 Milliarden Euro. Etliche Beteiligte verlieren ihren Job; auch die Führungsspitze wird ausgetauscht.
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Radikaler Umbau
Im Mai 2014 stellt der neue Konzernchef Joe Kaeser seine Pläne für einen radikalen Konzernumbau vor. Die Aufteilung des Geschäfts in Sektoren wird aufgehoben, um den Konzern schlanker und wettbewerbsfähiger zu machen. Siemens soll auf Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung ausgerichtet werden. Durch den Umbau verlieren Tausende ihren Arbeitsplatz.
Bild: picture-alliance/dpa
Milliardenaufträge und Übernahme-Poker
Mehr als sechs Milliarden Euro zahlt die Deutsche Bahn Siemens für den Bau der neuen ICE-Flotte - der bis dahin größte Auftrag in der Konzerngeschichte. Ähnlich viel Geld gibt es nur von Ägypten, für das Siemens momentan das größte Gaskraftwerk der Welt baut. 2014 will Siemens den französischen Konkurrenten Alstom übernehmen, doch der entscheidet sich für das Angebot von General Electric.
Bild: picture-alliance/dpa
Vernetzt in die Zukunft
Industrie 4.0 und das "Internet der Dinge" versprechen eine intelligentere und weltweite Vernetzung von Maschinen, Lagersystemen und Betriebsmitteln. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung verändert die komplette industrielle Produktionskette - eine neue Herausforderung für den Siemens-Konzern.