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"Milky Protest" - nicht nur um Pudding

Dana Regev/alu18. Oktober 2014

"Milky Protest" - so heißt die erfolgreichste Online-Initiative der vergangenen Jahre in Israel. Es geht dabei um viel mehr als nur den Preis eines sehr beliebten und altmodischen Schokopuddings.

Israelischer Pudding "Milky"
Bild: Publid domain

"Wir leben nicht unter einer Käseglocke. Wir bekommen mit, was woanders passiert. Und ich sage euch: wir werden missachtet. Aber wenn der Kunde nicht zufrieden ist, dann kann er gehen – das sollte unsere Regierung langsam kapieren."

So der Betreiber einer neuen Facebook-Seite in Israel mit dem Titel "Moving to Berlin" (Umziehen nach Berlin).

In nur drei Wochen hat es diese Seite auf fast 20.000 Likes gebracht und wird im ganzen Land wahrgenommen. Als der Betreiber dann noch das Bild eines Schokopuddings mit Preisauszeichnung aus einem Berliner Supermarkt postete, da wurde die Seite ein Riesenerfolg. Das Bild verdeutlicht den Israelis, wie viel günstiger das Leben in der deutschen Hauptstadt ist als in Israel. Unter dem Namen "Milky Protest" startete - nach dem Namen einer beliebten israelischen Puddingmarke - ein Online Protest.

"Die Regierung bevorzugt die Reichen"

Der Erfolg war so groß, dass der Betreiber erst mal entschied, seine Identität nicht preiszugeben. "Die Anonymität erlaubt mir, weiterhin das Sprachrohr all dieser Menschen zu sein," erklärte er der Deutschen Welle. "Wenn die Regierung erst meinen Namen hat, dann wird es ein leichtes für sie sein, mich persönlich anzugreifen. Denn das ist viel einfacher, als die Probleme in der israelischen Gesellschaft zu lösen."

Erfolg auf Facebook: "Milky Protest"Bild: facebook.com

In den Medien wird viel über die Seite geschrieben und die Frage nach den hohen Lebenshaltungskosten in Israel diskutiert. Und am Freitag (17.10.2014) veröffentlichten die Medien auch den Namen des Betreibers von "Milky Protest": Es ist der 25-jährige Naor Narkis.

"Selbst, wenn Millionen auf die Straße gingen, es würde nicht helfen," sagt er. "Die Regierung bevorzugt die Reichen." Die israelischen Behörden zeigen sich wenig begeistert über seine Aussagen und nennen ihn einen Anti-Zionisten, einen Verräter und eine Schande für sein Land. In israelischen Medien wird behauptet, er sei ein Immobilienmakler - oder auch, dass es sich um eine gesponserte Kampagne von Interessengruppen handele oder dass gar die deutsche Regierung dahinterstecke.

Doch Narkis ist ganz einfach ein Israeli, der in Ramat Gan, einer Vorstadt von Tel Aviv aufwuchs. Er hat Wirtschaft studiert und war Offizier der israelischen Streitkräfte. Seit einigen Monaten lebt er in Berlin.

Zieht viele junge Israelis an: BerlinBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Ausweg Berlin

Narkis neuester Post, das Bild eines Berliner Mietvertrages, erreichte nach seiner Aussage in den ersten 24 Stunden bereits 160.000 Menschen. Beim "Milky“"Post waren es "nur" 86.000. "Das zeigt," so Narkis, "dass es bei dem Protest nicht um den Preis von Schokopudding geht - sondern darum, wie die wirtschaftlichen Probleme in Israel die Menschen dazu bringen, das Land zu verlassen. Ich verstehe nicht, warum ein Apartment einen Land unter ständigem Raketenbeschuss gute 1,5 Mio Schekel (etwa 315.000 Euro) kostet und in einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder Europas weniger als die Hälfte? Unsere Politiker sollten darüber nochmal ernsthaft nachdenken, denn sonst treiben sie eine ganze Generation ins Ausland", fürchtet Narkis.

Mehr als 11.000 Zuschriften haben ihn bereits erreicht. "Ich bekam einen Brief von einer 69-Jährigen, die kein Wort Deutsch spricht. Sie schrieb, dass sie bereit ist, alles zu tun, um das Land zu verlassen. Wie schlecht muss es jemandem in ihrem Alter gehen, wenn sie so etwas schreibt?"

Teuer: Immobilienangebote in IsraelBild: DW/J. Talee

Reaktionen von Holocaust-Opfern

Berlin ist die neue Heimat von immer mehr israelischen Auswanderern - deren Weggang zwei sehr heikle Themen in Israel berührt: Es geht um die Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, in das Land, in dem Juden noch vor 70 Jahren verfolgt und ermordet wurden - oder in Israel zu bleiben, dem Land, dass die Juden aufgenommen und seither beschützt hat.

"Einige Reaktionen von Holocaust-Überlebenden auf meine Posts haben mich erschüttert", sagt Narkis. "Ich verstehe sie, aber ich habe einen anderen Standpunkt." Narkis meint, dass sich die Israelis nicht mit den wirtschaftspolitischen Fehlern ihrer Regierung abfinden sollten. Seine Facebook-Seite, davon ist Narkis überzeugt, macht der israelischen Öffentlichkeit klar, dass nicht seine Generation, die das Land verlässt, das Problem ist - sondern die Menschen, die für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich sind. Und das sei der Grund für seine Aktion.