1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Beirut will Finanznot mit IWF-Hilfe überwinden

1. Mai 2020

Der Libanon erlebt derzeit eine der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Nun zieht die Regierung die Reißleine und bittet den Internationalen Währungsfonds um Hilfe.

Libanons Ministerpräsident Hassan Diab bei seiner Fernsehansprache (Foto: AFP/DALATI AND NOHRA)
Libanons Ministerpräsident Hassan Diab bei seiner Fernsehansprache Bild: AFP/DALATI AND NOHRA

Ministerpräsident Hassan Diab habe ein entsprechendes Gesuch an den Internationalen Währungsfonds (IWF) unterschrieben, meldet die staatliche Nachrichtenagentur NNA. "Das ist ein Wendepunkt in der Geschichte des Libanons", sagte Diab demnach. "Wir haben einen ersten Schritt gemacht, um den Libanon aus dem finanziellen Abgrund zu retten."

Im März musste die Regierung erstmals erklären, dass sie  fällige Staatsanleihen nicht zurückzahlen kann. Die libanesische Lira hat im Vergleich zum Dollar in den vergangenen Monaten mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren. Der IWF erwartet, dass die libanesische Wirtschaft in diesem Jahr um zwölf Prozent schrumpft. Offiziellen Angaben zufolge leben inzwischen 45 Prozent der Libanesen unter der Armutsgrenze.Die Corona-Pandemie verschärft die Krise noch weiter. Viele Libanesen klagen, dass sie wegen der hohen Preissteigerung ihre Familien nicht mehr ernähren können.

Immer wieder gerate Polizisten und Regierungsgegner heftig aneinander - ob in der Hauptstadt Beirut...Bild: picture-alliance/AP Photo/H. Malla

Kritiker werfen der Führungselite in dem Mittelmeerland vor, sie sei reformunwillig. Sie hoffen, dass der IWF als Gegenleistung für Hilfe weitreichende Reformen verlangt. Diab hatte am Donnerstag einen Rettungsplan vorgestellt, zu dem auch zusätzliche ausländische Unterstützung in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar (etwa neun Milliarden Euro) zählt. Bereits 2018 hatten internationale Geber dem krisengeschüttelten Libanon Finanzhilfen in Höhe von insgesamt elf Milliarden US-Dollar zugesagt.

Korruption als "Staat im Staat"

"Wir sind auf dem richtigen Weg, um den Libanon aus der tiefen Finanzkrise zu führen", erklärte der Ministerpräsident. Ziel sei es, die Staatsverschuldung von 170 Prozent auf weniger als hundert Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, sagte Diab. Zugleich kritisierte er die Korruption, die im Libanon weit verbreitet ist. Das Problem liege darin, dass es sich bei der Korruption um "einen Staat im Staate" handele, sagte Diab. Er versprach weitreichende Reformen, unter anderem im Finanzsektor.

Präsident Michel Aoun begrüßte die einstimmige Bewilligung des Reform-Plans durch das Kabinett. Erstmals habe die Regierung einem Wirtschaftsplan zugestimmt, "nachdem das Land wegen fehlender Planung fast in den Ruin getrieben worden wäre", betonte Aoun. Auch der UN-Gesandte im Libanon, Jan Kubis, lobte das Vorhaben und sprach von einem "wichtigen Schritt in Richtung Reformen". Der Libanon sei in einer "existenziellen Krise".

..oder in der nördlich gelegenen Stadt Tripoli. Ein Ende ist derzeit nicht in Sicht Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Hussein

Bankfilialen in Flammen

Bereits im Oktober 2019 hatten Massendemonstrationen gegen die politische Führung, die Korruption und die schlechte wirtschaftliche Lage begonnen. In der Nacht zum Donnerstag hatte es den dritten Tag in Folge heftige Proteste im Norden des Libanon gegeben. Aufgebrachte Demonstranten attackierten erneut Bankfilialen an und zündeten sie an. An mehreren Orten kam es zu Zusammenstößen zwischen Protestteilnehmern und Soldaten. Ein 26-Jähriger kam bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften uns Leben. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur NNA wurden 42 Menschen verletzt, darunter 19 Soldaten.

kle/sti (afp, dpa)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen