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Bekämpfung von Menschenhandel in Tadschikistan

5. August 2004

– Erste Strafverfahren eingeleitet

Bonn, 4.8.2004, DW-RADIO / Russisch

In Tadschikistan ist ein Weg, über den Frauen in den Nahen Osten verkauft wurden, versperrt worden. Die Ermittler der Abteilung des Innenministeriums in Duschanbe haben ihre Untersuchungen im Fall der 33jährigen Schachon Chilolowa abgeschlossen. Ihr wird vorgeworfen, gegen sieben Artikel des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben, die unter anderem Strafen für Menschenhandel, Kuppelei, Förderung von Prostitution, Beihilfe zur Vergewaltigung, Dokumentenfälschung und illegalen Grenzübertritt vorsehen. Es berichtet Nigora Buchari-sade:

Vor zwei Jahren adoptierte Chilolowa die 13jährige Sarina. Das Mädchen war ein Waisenkind, das in einem Internat der Hauptstadt lebte. Schon wenige Monate später brachte die Adoptivmutter Sarina nach Dubai. Dort setzte sie das Mädchen mehr als ein halbes Jahr der Prostitution aus. Innerhalb eines halben Jahres verdiente Chilolowa auf diese Weise fast 5000 US-Dollar. Danach wurde das Mädchen nach Istanbul gebracht, wo es von ihrer "Mutter" ebenfalls zur Prostitution gezwungen wurde.

Im Laufe der Ermittlungen wurde deutlich, dass Chilolowa nur ein Mosaiksteinchen eines komplexen Netzwerkes ist, über das Frauen aus Tadschikistan verkauft werden. Den Tipp, ein junges Mädchen zu adoptieren, gab Chilolowa einer ihrer Komplizen in den Arabischen Emiraten, wo sie vor vier Jahren selbst Prostituierte war. Die Sache Chilolowa wird in den nächsten Tagen einem Gericht vorgelegt. Die Ermittler werden unterdessen nach weiteren Mitgliedern der grenzüberschreitend operierenden Gruppierung suchen, der vermutlich zehn bis 12 Personen angehören. Einige ihrer Namen sind bereits bekannt.

Mittlerweile hat die Vertretung der Internationalen Organisation für Migration in Tadschikistan die Kosten für Sarinas vorübergehende Unterkunft und Ausbildung übernommen. Die Assistentin des Programms der Internationalen Organisation für Migration zur Bekämpfung von Menschenhandel, Nigina Mamadschanowa, sagte der Deutschen Welle, das Mädchen benötige immer noch psychologische Betreuung:

"Das war für das Mädchen natürlich ein gewaltiges Trauma, wenn man ihr Alter berücksichtigt. Als sie zu uns kam, war sie sehr verschrocken und sie hatte hysterische Anfälle. Im dem Alter ist ihrer Gesundheit großer Schaden zugefügt worden. Sie sagte, sie habe in einer Nacht bis zu sechs Kunden gehabt."

Über die kriminelle Betätigung Chilolowas wurde die Miliz von Sarina selbst informiert, die nach ihrer Ankunft in Duschanbe von zuhause geflüchtet war. Nigina Mamadschanowa zufolge ist dies der erste Fall, seitdem die Internationale Organisation für Migration in Tadschikistan tätig ist, in dem ein Opfer von Menschenhandel selbst über das, was mit ihm geschah, berichtet:

"Bei der Internationalen Organisation für Migration ist dies der erste Fall, in dem ein Opfer Täter anzeigt. Wir geben gewöhnlich die Namen von Opfern nicht bekannt, weil diese Angst haben und auch meist selbst ihre Namen nicht preisgeben wollen. Wir hoffen nun, dass das Gericht ein gerechtes Urteil sprechen wird. Davon wird unsere künftige Unterstützung der Opfer abhängen. Wenn andere Opfer erfahren, dass in Tadschikistan ein Fall erfolgreich ausgegangen ist und eine Person, die sich mit Menschenhandel befasst hat, bestraft wurde, dann werden sich vielleicht mehr Menschen an internationale Organisationen und die Rechtsschutzorgane wenden."

Dieser Fall ist auch deswegen beachtenswert, weil erstmals Anklage wegen Menschenhandels gemäß dem neuen Artikel im Strafgesetzbuch erhoben wird, der vor einem Jahr in den Kodex aufgenommen wurde. Nigina Mamadschanowa ist der Meinung, dass in Tadschikistan im vergangenen Jahr alle rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine effektive Bekämpfung von Menschenhandel geschaffen wurden. Aber das Wichtigste sei, dass die Führung des Landes zugegeben habe, dass dieses Problem bestehe, und sich entschieden habe, es offen zu bekämpfen:

"Eingerichtet wurde eine Abteilung zur Bekämpfung von Menschenhandel. Verabschiedet wurde jener Artikel, ein Gesetz zur Bekämpfung von Menschenhandel, aber auch zahlreiche andere Dokumente. Viele fragen uns: Ist dies Augenwischerei des Staates? Wir können schon jetzt sagen, dass dem nicht so ist und dass alle Maßnahmen schon tatsächlich greifen. Früher wurde immer behauptet, dass es in Tadschikistan keine Fälle von Menschenhandel gebe. Und heute laufen bereits konkrete Verfahren, die wegen Menschenhandels eingeleitet wurden." (MO)