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Politik

Belarus: Weiterer Regimegegner abgeführt

9. September 2020

Maxim Snak war einer der letzten Anführer der Opposition, der sich in Belarus auf freiem Fuß befand. Nun rückt die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch ins Zentrum: Sie forderte Lukaschenko zum Dialog auf.

Weißrussland | Jurist Maxim Snak in Minsk während Pressekonferenz
Bild: picture-alliance/dpa/U. Mauder

In Belarus ist ein weiterer Anführer der Opposition festgesetzt worden: "Maskierte Männer" haben den Anwalt Maxim Snak (Artikelbild) laut dessen Unterstützern abgeführt. Er hätte demnach eigentlich an einer Online-Konferenz teilnehmen sollen, war dort aber nicht aufgetaucht. Stattdessen habe er das Wort "Masken" an seine Mitstreiter versandt. Augenzeugen berichteten, mehrere Männer in Zivil hätten den 39-Jährigen abgeführt, die Opposition veröffentlichte ein Foto des Vorgangs. Auch das Büro des inhaftierten Oppositionspolitikers Viktor Babariko werde durchsucht, hieß es.

Literatin Alexijewitsch fordert Dialog

Der Opposition bleiben nunmehr kaum Führungskräfte, die sich in Belarus aufhalten und weiterhin auf freiem Fuß sind. Das letzte verbliebene Mitglied des sogenannten Koordinierungsrats der Zivilgesellschaft für einen friedlichen Machtwechsel ist die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Sie sagte Journalisten, Unbekannte in Zivilkleidung versuchten sie einzuschüchtern, indem sie vor ihrem Haus lauerten und Sturm klingelten. "Sie nutzten ohne Unterbrechung die Sprechanlage." Auch der litauische Außenminister Linas Linkevicius schrieb auf Twitter über den Vorfall.

Alexijewitsch forderte den amtierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko zum Dialog auf: "Lukaschenko sagt, dass er nicht mit der Straße sprechen wird. Aber die Straße, das sind Hunderttausende Menschen, die jeden Sonntag und jeden Tag auf die Straße gehen", sagte die 72-Jährige laut einer Mitteilung, die das Schriftstellerzentrum Pen verbreitete. "Es ist nicht die Straße, es ist das Volk".

Die Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch demonstriert, wie viele Belarussinnen, mit BlumenBild: picture-alliance/dpa/N. Fedosenko

Tichanowskaja zieht historischen Vergleich

Die Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja, die sich nach der Präsidentenwahl zur Siegerin erklärt hatte, verglich in einem Auftritt vor Studenten der Universität Warschau die Proteste in Belarus mit jenen in Polen zum Ende der Sowjet-Ära: "Es war ein langer Weg für Solidarnosc, und ich hoffe unserer wird sehr viel kürzer." Sie sagte, ihr Land sei in einer Lage, in der es seine Probleme nicht mehr alleine lösen könne, sondern auf ausländische Unterstützung angewiesen sei.

Berlin: "Wildwestmanier" im Fall Kolesnikowa

Seit der Wahl vor einem Monat gehen regelmäßig Hunderttausende Belarussen gegen Präsident Alexander Lukaschenko auf die Straße; sie werfen ihm massive Wahlfälschung vor. Nach mehreren Wellen von Gewalt durch Sicherheitskräfte, Festnahmen von Zivilisten und Einschüchterungen von Berichterstattung waren zuletzt die führenden Köpfe der Opposition zum Ziel geworden. Maria Kolesnikowa, eine der bisherigen Anführerinnen der Bewegung, war am Montag in Minsk auf offener Straße verschleppt worden. Behörden setzten eine Mitteilung ab, wonach sie in die Ukraine hätte ausreisen wollen. Sie soll sich, wie auch ihr Mitstreiter Snak, in einem Gefängnis in der Hauptstadt Minsk befinden. Laut ihrem Anwalt erfolgte die Festnahme wegen des Vorwurfs der versuchten  Machtübernahme. Kolesnikowas Anwältin fügte hinzu: "Sie bestätigt, dass sie ihren Reisepass zerrissen hat, um in Belarus bleiben zu können." 

Sowohl Kolesnikowa als auch Snak wird von den ermittelnden Behörden in Minsk die Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen, ebenso der Versuch, das Land destabilisieren zu wollen. Sollten die beiden Oppositionellen dieser Anschuldigungen für schuldig befunden werden, könnten sie jeweils zu bis zu fünf Jahren Haft verurteilt werden.

Die Bundesregierung warf Belarus "Wildwestmanier" vor und forderte Klarheit über den Verbleib Kolesnikowas.

ehl/qu (dpa, rtr, afp)

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