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Belgien macht Atomausstieg rückgängig

16. Mai 2025

Das belgische Parlament hat sich für eine Kehrtwende in der Atompolitik entschieden: Alte Meiler sollen länger laufen, neue Reaktoren gebaut werden. Auf diesem Weg möchte das Land auch die Klimaziele der EU erfüllen.

Im Vordergrund eine Windmühle, im Hintergrund ein Kühlturm des Atomkraftwerks Doel, aus dem Dampf aufsteigt
Das belgische Kernkraftwerk Doel in der Nähe der niederländischen GrenzeBild: Jochen Tack/picture alliance

Das belgische Parlament hat mit großer Mehrheit einem Gesetz zugestimmt, das den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken ermöglicht. 102 Abgeordnete votierten für die Laufzeitverlängerung bestehender Reaktoren, nur acht dagegen, 31 enthielten sich. Die Regierung unter dem rechtsnationalen Premierminister Bart De Wever will darüber hinaus neue Atomreaktoren bauen lassen.

Atomausstieg vor 22 Jahren beschlossen

In Belgien gibt es zwei aktive Atomkraftwerke: Doel, nahe der Stadt Antwerpen an der Grenze zu den Niederlanden, und Tihange, rund 50 Kilometer westlich der deutschen Grenze bei Lüttich. Beide Standorte verfügen über insgesamt sieben Reaktoren, von denen aktuell vier in Betrieb sind - zwei in Doel und zwei in Tihange.

Setzt auf Kernkraft: Belgiens Regierungschef Bart De Wever (Archivbild)Bild: FREDERIC SIERAKOWSKI/EPA

Ursprünglich hatte Belgien den Atomausstieg bereits 2003 gesetzlich beschlossen. Geplant war, die verbleibenden Reaktoren bis 2025 abzuschalten. Doch die Diskussion zog sich über Jahre. 2022 - infolge der Energiekrise durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine - beschloss die damalige Regierung eine Laufzeitverlängerung um zehn Jahre für je einen Reaktor in Doel und Tihange. Diese beiden Reaktoren waren 1985 ans Netz gegangen.

Weitere Reaktoren könnten folgen

Mit dem neuen Gesetz wird nun auch ein Weiterbetrieb von zwei weiteren älteren Meilern rechtlich ermöglicht. Beide sind seit knapp 50 Jahren in Betrieb und sollten eigentlich bis Ende 2025 vom Netz gehen. Ob sie tatsächlich weiterlaufen, hängt von neuen Vertragsverhandlungen ab. Energieminister Mathieu Bihet kündigte Gespräche mit dem französischen Konzern Engie an, räumte aber ein, dass Engie dem Thema Atomkraft eher kritisch gegenübersteht. Ein Konzernsprecher sagte, Atomenergie sei "nicht mehr Teil der Strategie der Engie-Gruppe".

Energiewende in Deutschland

03:02

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Die belgische Regierung begründet ihre Entscheidung auch mit dem Klimaschutz. Kernenergie soll helfen, CO2-freien Strom zu erzeugen und die EU-Klimaziele zu erreichen. "Wir müssen den Anteil der Atomkraft in unserem Energiemix erhöhen", erklärte Minister Bihet im Radiosender Bel-RTL. Ähnliche Entwicklungen gibt es derzeit in anderen EU-Staaten wie Frankreich, Schweden und Italien.

Sicherheitsbedenken in Deutschland

In Deutschland sorgt die belgische Atompolitik seit Jahren für Unverständnis. Insbesondere das Kraftwerk Tihange steht wegen seiner Nähe zur deutschen Grenze und früherer technischer Mängel in der Kritik. So wurden unter anderem poröse Betonteile festgestellt. Die Stadt Aachen sowie die Bundesregierung haben in der Vergangenheit wiederholt die Stilllegung gefordert.

Deutschland selbst hat seinen Atomausstieg bereits vollzogen: Die letzten Atomkraftwerke wurden 2023 abgeschaltet.

pgr/wa (afp, dpa)

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