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Ende der Regierungskrise

19. Dezember 2007

Belgien wird bald wieder regiert: Ein halbes Jahr nach der Parlamentswahl bekommt das Land nun wohl immerhin eine Übergangsregierung. Deren Chef: der abgewählte Ministerpräsident Guy Verhofstadt.

Der belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt (Archiv, Quelle: DPA)
Wird Übergangs-Regierungschef: der abgewählte Ministerpräsident Guy VerhofstadtBild: picture-alliance/ dpa

In Belgien deutet sich ein Ende der seit Monaten anhaltende Regierungskrise an. Gut ein halbes Jahr nach der Parlamentswahl gelang dem geschäftsführenden Ministerpräsident Guy Verhofstadt bei den Bemühungen um eine Übergangsregierung ein Durchbruch. Die französischsprachigen Christdemokraten sagten ihren Beitritt zu einer Koalition zu. "Der Ministerpräsident hat die festgefahrene Situation überwunden", sagte ein Sprecher Verhofstadts. Medien berichteten, eine Regierung könne möglicherweise bereits bis Ende der Woche stehen. Am Montag hatte Verhofstadt von König Albert den Auftrag zur Bildung der Übergangsregierung angenommen.

Hat die Regierungsbildung aufgegeben: Wahlsieger Yves LetermeBild: AP

Die französischsprachige Zentrumspartei CDH habe Verhofstadts jüngste Vorschläge angenommen, so der Sprecher. Damit sei der Weg frei für eine Übergangsregierung unter ihrer Beteiligung, derjenigen der flämischen Christdemokraten (CDV) und Liberalen (Open LVD) sowie der französischsprachigen Sozialisten und Liberalen.

Nur drei Monate im Amt

Diese vom kommissarisch amtierenden Ministerpräsidenten Verhofstadt von der liberalen Partei Open LVD geführte Interimsregierung könne ihr Amt schon in wenigen Tagen antreten. Nach Verhofstadts Vorstellungen soll sie längstens bis Ende März amtieren und in dieser Zeit die Weichen stellen für die Übernahme der Regierungsverantwortung durch das endgültige Kabinett unter der Leitung des flämischen Christdemokraten Yves Leterme. Als Schlüssel für die Regierungsbildung gilt neben der Bewältigung wirtschaftlicher und sozialer Probleme die Staatsreform.

Der liberale Regierungschef Verhofstadt hatte bei der Parlamentswahl am 10. Juni eine deutliche Niederlage erlitten. Der zunächst mit der Regierungsbildung beauftragte Christdemokrat Yves Leterme gab sein Mandat jedoch Anfang Dezember nach monatelangen ergebnislosen Sondierungen bereits zum zweiten Mal zurück. Eine Einigung der flämischen und wallonischen Christdemokraten und Liberalen war zuvor am Streit über die Staatsreform gescheitert. Die Parteien im flämischen Norden des Landes, wo etwa 60 Prozent der Bevölkerung leben, verlangen dabei mehr Autonomie und mehr Kompetenzen für die Regionen, so auch bei der Sozialgesetzgebung und bei der Unternehmensbesteuerung. Die frankophonen Parteien lehnen dies entschieden ab.

Drängende Entscheidungen bei Justiz und Sicherheit

Eine Übergangsregierung muss vom Parlament bestätigt werden und wäre dann höchstens bis zum 23. März im Amt. Voraussichtlich würde sie einen Haushalt für das kommende Jahr vorschlagen und dringende Entscheidungen in den Bereichen Justiz und Sicherheit treffen. Die Bildung einer Regierung stünde jedoch weiterhin aus, entsprechende Gespräche müssten bereits bald beginnen. König Albert II. hatte Verhofstadt erst vor wenigen Tagen offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt.

Unrühmlicher Rekord

Unter dem neuen Vermittler Verhofstadt zogen insbesondere die frankophonen Parteien die Verhandlungen in die Länge. Der Chef der liberalen französischsprachigen Partei MR, Finanzminister Didier Reynders, wollte nur einen frankophonen Koalitionspartner, entweder die Sozialisten (PS) oder die Zentrumspartei CDH, aber nicht beide auf einmal. Schließlich setzte sich die Fünf-Parteien-Koalition unter Einschluss beider Parteien als Übergangsregierung durch. Verhofstadt setzt alles daran, nicht den unrühmlichen Europa-Rekord einzustellen, den 1977 die Niederlande aufstellten. Das Land blieb damals 208 Tage ohne neue Regierung. (mg)

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