Benedikt XVI. distanziert sich von neuem Buch
14. Januar 2020Wenn im Februar in Los Angeles wieder die Oscars verliehen werden, könnten Anthony Hopkins (82) und Jonathan Pryce (72) für die Verkörperung zweier Männer ausgezeichnet werden, deren Beziehung diese Woche aus kuriosen Gründen Schlagzeilen machte. In dem Netflix-Film "Die zwei Päpste" treffen Benedikt XVI. und der spätere Papst Franziskus in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo und im Vatikan aufeinander - zwei Geistliche, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Hier der Klavier spielende und "Kommissar Rex" liebende Intellektuelle aus Deutschland, dort der joviale Argentinier mit einer Schwäche für Tango und Fußball.
Manch einer mag das eine oder andere Detail der Produktion für überzeichnet halten. Verglichen mit dem Konflikt, der sich derzeit zwischen den beiden realen Päpsten entfaltet, wirkt die Handlung im Filmdrama aber fast einfallslos.
Ein Affront gegen Franziskus?
Zur Erinnerung: Seit Sonntagabend sorgen in der französischen Zeitung "Le Figaro" vorab veröffentlichte Auszüge aus einem von Benedikt und dem erzkonservativen Kardinal Robert Sarah verfassten Buch in der katholischen Kirche für Wirbel. Darin warnen die Autoren vor einer Aufweichung des Zölibats. Das Werk "Des profondeurs de nos cœurs" ("Aus den Tiefen unserer Herzen"), das am Mittwoch erscheinen soll, wurde als Affront des ehemaligen Papstes gegenüber seinem Nachfolger Franziskus gewertet. Dieser will in Kürze ein sogenanntes postsynodales Schreiben veröffentlichen, in dem es auch um die Ehelosigkeit von Priestern gehen soll.
Dass sich der 92-jährige Ex-Pontifex noch vor dem amtierenden Katholiken-Oberhaupt zu so einem heiklen Thema äußert, werteten Theologen und Kirchenexperten als Grenzüberschreitung. Denn Benedikt hatte nach seinem Rücktritt 2013 Zurückhaltung und ein stilles Leben im Gebet gelobt.
"Es handelte sich um ein Missverständnis"
Nun die kuriose Wendung: Benedikt XVI. habe nicht als Co-Autor des Buches auftreten wollen, sagt der Privatsekretär des 2013 als erster Papst seit 700 Jahren zurückgetretenen Ex-Pontifex. Der Verlag solle auf Wunsch Benedikts dessen Unterschrift entfernen und sein Bild nicht auf dem Einband drucken. Benedikt habe weder einer Co-Herausgeberschaft zugestimmt noch den Einband vorab gesehen. Es habe sich "um ein Missverständnis" gehandelt - "ohne dabei die guten Absichten von Kardinal Sarah in Zweifel zu ziehen".
Zwar habe Benedikt den im Sommer 2019 entstandenen Text über den Zölibat tatsächlich verfasst und Sarah auf dessen Bitten zur freien Verfügung gegeben, so Gänswein. Er habe auch gewusst, dass der Text in einem Buch erscheinen solle. Benedikt XVI sei aber nicht über die tatsächliche Form und Aufmachung des geplanten Werks informiert gewesen. Zudem sei die Frage der Rechte an dem Text, der von Benedikt XVI. stammt, nicht geklärt. So hätte der Emeritus als Co-Autor einen Vertrag mit dem Verlag Fayard schließen müssen, den es aber nicht gebe.
Sarah spricht von "Lügen" und "Verleumdung"
Schon am späten Montagabend hatten mehrere Medien Zweifel an Benedikts Co-Autorschaft angemeldet. Kardinal Sarah wehrte sich daraufhin gegen die "außerordentlich schweren Verleumdungen", er habe Benedikt manipuliert. Auf Twitter veröffentlichte er einen Briefwechsel mit dem deutschen Ex-Pontifex.
Später erklärte er, es solle nun nur noch auf dem Titel stehen: "Mit einem Beitrag von Benedikt XVI.". Der 72-jährige Sarah, Präfekt der Gottesdienstkongregation, ist im Vatikan seit längerem als Gegner von Franziskus bekannt.
hk/djo (dpa, kna)