1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Benedikt XVI. und die Deutschen

Clemens Finzer18. August 2005

"Der Prophet im eigenen Land - er gilt nichts und seine Worte haben kein Gewicht." Das trifft auch auf den deutschen Papst Benedikt XVI., vormals Kardinal Joseph Ratzinger, und sein Heimatland Deutschland zu.

Der Papst hat es nicht leicht in seinem HeimatlandBild: dpa - Bildfunk

Er hat sein Image als "Panzerkardinal" abgelegt - das ist bundesweit einhellige Meinung oder zumindest gemeinsame Hoffnung. Dennoch ist unklar, ob das entspannte und lockere Auftreten Benedikts auch tatsächlich neuen Schwung in die katholische Kirche bringen wird. Immerhin zieht sogar die kirchenkritische Organisation "Wir sind Kirche" einen vorläufigen Schlussstrich unter die Ära des Glaubenswächters und Panzerkardinals Joseph Ratzinger.

Christian Weisner, Mitglied des Bundesteams "Wir sind Kirche", erklärt dazu: "Die Schwangerenkonfliktberatung, die harten Eingriffe von Rom in den letzten Jahrzehnten und die Lehrverbote sind nicht vergessen, aber ich denke auch nicht, dass die Menschen ihm das allzu lange nachtragen werden. Sie werden aber genau hinhören auf jedes Wort und ich denke, dass sie ihn immer wieder mit seinen eigenen theologischen Werk konfrontieren werden."

Benedikt will Geschichte schreiben

Der junge Ratzinger galt einst als progressiver Theologe, der die Kirche geradezu modernisieren wollte. Doch das ist lange her. Geblieben ist der brillante Theologe Ratzinger, der nun als Papst Benedikt gefordert ist. "Benedikt ist sicher ein großer Theologe, er ist aber nicht mehr gefragt als jemand, der die wahre Theologie verteidigt und Diskurse mit Habermas führt. Wird es ihm gelingen, Antworten zu finden auf die pastoralen Nöte und Problemsituationen in der Welt von heute, um die Kirche am Leben zu erhalten", sagt Weisner.

Ob Priestermangel, Mitgliederschwund oder Einheit der Christen - die Probleme sind vielfältig und drängend, auch in Deutschland. Benedikts langjähriger theologischer Weggefährte, der Münchner Religionsphilosoph Eugen Biser, glaubt, dass der Pontifex Maximus aus Deutschland die Kirche verändern muss und auch verändern wird. Denn da ist sich Biser sicher: Benedikt will Papstgeschichte schreiben. "Gemessen an diesem Ziel wird er sich zu wirklichen Innovationen durchringen müssen, denn anders ist die gegenwärtige Weltlage nicht zu bewältigen. Er hat nie aufgetrumpft, ist sehr bescheiden aufgetreten, deshalb darf man aber nicht auf eine kleine Zielsetzung rückschließen", betont Biser.

Große Hoffnungen

Gerade im Geburtsland des Protestantismus liegt ein besonderer Augenmerk auf der Ökumene, der Einheit der Christen. Deshalb reagiert man in Deutschland empfindlich auf die offensichtliche Öffnung Benedikts und der katholischen Kirche hin zur Orthodoxie. Eifersucht sei aber nicht angebracht, glaubt Biser: "Er hat mit dem Begriff des "spirituellen Ökumenismus" eine Lehrformel vorgegeben, die nach Erfüllung schreit. Wenn das geschieht, dann sind Wege beschritten, die in einer weiteren Zukunft in die volle Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft hineinführen werden."

Noch ist aus deutscher Sicht aber wenig zu erkennen, wie und wohin Benedikt seine Katholiken, auch seine deutschen Glaubenskinder führen wird. Auch die erste Bischofsernennung in Augsburg gab kein deutliches Zeichen. Mit Spannung erwarten daher Laien wie Theologen das erste Lehrschreiben des Papstes, das für den Herbst 2005 angekündigt ist und seinen ersten Deutschlandbesuch in diesen Tagen zum Weltjugendtreffen. Die Hoffnungen und Erwartungen sind groß.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen