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Kunst

Benin-Bronzen - Afrika hofft auf mehr

Michael Oti
3. Juli 2022

In ganz Afrika ist die Freude groß, dass Deutschland mehr als 1000 Benin-Bronzen an Nigeria zurückgeben will. Aber es werden auch Rufe nach finanzieller Entschädigung laut.

Skulptur eines Tieres auf einem Stab
Frankreich machte den Anfang: Diese Benin-Skulptur wurde schon restituiert Bild: Gao Jing/Xinhua/imago images

Vom "vielleicht bedeutendsten Abkommen, das eine europäische Nation mit Nigeria im Rahmen der Kulturdiplomatie je unterzeichnet hat" spricht der nigerianische Botschafters in Deutschland, Yusuf Tuggar. Seit Freitag ist das Abkommen unterschrieben, das die Rückführung der Benin-Bronzen in ihre Heimat besiegelt. "Es ist ein sehr bedeutendes Ereignis, ein Meilenstein, und wir hoffen, dass dies nicht nur zur Rückgabe der Benin-Bronzen führt, sondern auch weitere gestohlene Kulturgüter aus anderen Ländern zurückgegeben werden", sagte Tuggar der DW.

Allein deutsche Museen besitzen rund 1130 dieser Artefakte: Sie befinden sich im Linden-Museum in Stuttgart, im Berliner Humboldt-Forum, im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum, im Hamburger Museum für Weltkulturen und in den Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen.

Fon Sikam Happi V., das Oberhaupt des Bana-Volkes in Kamerun, hebt im DW-Gespräch die essenzielle Bedeutung der Entscheidung hervor, die Benin-Bronzen ihren rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben. "Das ist eine sehr gute Sache. So kann Afrika seine Vergangenheit aufarbeiten und die Objekte zurückfordern, die Afrika nie verlassen hätten, wenn die Kolonisatoren sie nicht entwendet hätten."

Die gestohlene Seele - Raubkunst aus Afrika

42:36

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Die wertvollen Artefakte wurden von den Briten aus dem ehemaligen Königreich Benin gestohlen, als sie 1897 Benin City plünderten. Der Königspalast wurde dem Erdboden gleichgemacht und Benin City, das heute auf dem Gebiet des südnigerianischen Bundesstaat Edo liegt, fast völlig zerstört.

Für viele Bewohner Edos hätte die Kunde von der Rückkehr der Kunstwerke zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. "Wir sind wirklich sehr glücklich darüber", sagt Friday Osaro. "Unser Erbe und unser Vermögen, das vor langer Zeit gestohlen wurde, wird dem rechtmäßigen Eigentümer, dem Königreich Benin, zurückgegeben."

Lancelot Imansuen, der sich aktiv für die Restitution von Kunstwerken einsetzt, glaubt, dass diese Entscheidung auch Künstler inspirieren wird. "Als Bewohner von Edo, als Künstler und Kreativer bin ich sehr erfreut über diesen Schritt der deutschen Regierung, die Kunstwerke zurückzugeben."

In ganz Nigeria sehen viele die Rückgabe als Chance, mehr über ihre eigene Geschichte zu erfahren. "Das ist sozusagen Geschichte zum Anfassen", sagt Samuel Marv. Der Geschichtsstudent und User Interface-Designer betont im DW-Interview: "Jeder kann die Objekte ansehen und sich so vergegenwärtigen, dass unser Volk eine Vergangenheit hat und zivilisiert war. Denn all diese Artefakte sind keine Spielzeuge - sie erzählen eine Geschichte."

Rückführung allein reicht nicht

Trotz der Begeisterung über die Rückgabe von Kulturgütern an Afrika gibt es noch viele offene Fragen. "Die gestohlenen Objekte, die in europäischen Museen ausgestellt wurden, müssen nicht nur zurückgegeben werden, es muss auch eine Entschädigung gezahlt werden", sagt Bana-Oberhaupt Fon Happi. "Das würde Afrika dabei helfen, geeignete Museen zu bauen, um diese Artefakte angemessen unterzubringen."

"Illegale Afrikaner müssen Europa verlassen, afrikanische Objekte müssen bleiben" steht auf dieser Karikatur, die im Rahmen der Ausstellung "I miss you" im Rautenstrauch-Joest-Museum gezeigt wird

Auch Ify James, ein unabhängiger Unternehmer, sieht das so: "Ich denke, dass die Rückgabe der Benin-Bronzen mit einer riesigen Entschädigung einhergehen sollte, denn sie brachten den Museen eine Menge Geld ein, während sie in ihrem Besitz waren."

Besonders auf Facebook wird viel über die Frage des finanziellen Ausgleichs diskutiert. Justin Curtis, ein Nutzer aus Liberia, kommentierte ein DW-Afrika-Video über die Bronzen mit den Worten: "Der Heilungsprozess sollte weiter ausgedehnt werden, um für das zu bezahlen, was Afrika angetan wurde. Das wäre die richtige Herangehensweise: die Afrikaner als Partner zu sehen, um gemeinsam eine globale Lösung für die vielen Herausforderungen zu finden, denen wir als Menschen alle gemeinsam gegenüberstehen."

Harry Koffi, ein weiterer Nutzer auf der Facebook-Seite von DW-Afrika, fügt hinzu: "Sie müssen auch alle Gelder zurückgeben, die bei den Museen aufgelaufen sind, die diese Artefakte beherbergen."

Auch diese Löwen-Skulptur, die im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum lagerte, darf wieder nach Hause Bild: Benjamin Bischof/DW

Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass Deutschland irgendeine finanzielle Entschädigung leisten wird, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock während der offiziellen Zeremonie am Freitag, dass Deutschland "Nigeria beim Aufbau eines neuen Museums in Benin City unterstützt, in dem in Zukunft auch die Benin-Bronzen ausgestellt werden sollen".

Auch andere Länder erheben Ansprüche

Andere afrikanische Länder hatten die Zeremonie genau im Blick und fordern jetzt ihrerseits die Rückgabe weiterer Kunstwerke. Togo, bis 1914 eine deutsche Kolonie, gab bekannt, dass es bald einen formellen Antrag auf Rückgabe seiner Kunstwerke stellen wird. "In deutschen Galerien und Museen sind Forscher unterwegs, die nach Kulturgütern aus Togo suchen", sagte Kossi Gbenyo Lamadokou, Kultur- und Tourismus-Minister des Landes, der DW. "Nachdem die Objekte in Deutschland und Frankreich identifiziert sind, werden wir sagen können, welche von ihnen restituiert werden müssen."

Lamadokou erklärte weiter, dass nicht alle afrikanischen Kunstwerke in europäischen Museen illegal entwendet worden seien und dass Togo speziell auf die Rückgabe gestohlener Kunst abziele.

Der Brachiosaurus im Museum für Naturkunde Berlin ist ein Publikumsmagnet: Darf er zurück nach Togo?Bild: Eventpress HHH/picture alliance

In Tansania wird derzeit intensiv über die Rückgabe der Dinosaurierknochen eines Brachiosaurus diskutiert; 1909 wurden sie von deutschen Paläontologen geborgen. Die Knochen waren an mehr als 100 verschiedenen Stellen in Tendaguru im Süden Tansanias ausgegraben worden. Heute ist das Skelett des Dinosauriers das Hauptexponat des Naturkundemuseums in Berlin.

"Das Dinosaurierfossil ist wichtig für die Forschung im Bereich der Archäologie und Paläontologie. Wenn wir es zurückbekommen sollten, müssen wir auch sicherstellen, dass wir die personellen Ressourcen haben, um es zu erhalten - nicht nur zum Nutzen Tansanias, sondern auch für die Welt", sagte Abdallah Possy, Tansanias Botschafter in Deutschland, gegenüber der DW. Sein Land stehe mit Deutschland in Verhandlungen über die Rückgabe der Fossilien.

Adaption aus dem Englischen: Suzanne Cords.

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