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Politik

Beredtes Berliner Schweigen zu US-Abzugsplan

8. Juni 2020

Verteidigungsministerin und Regierungssprecher achten peinlichst darauf, die Pläne zu einem Abzug von 9500 US-Soldaten aus Deutschland nicht zu kommentieren. Einzig der Transatlantik-Koordinator darf Kritik wagen.

Ein US-Militärkonvoi unterwegs in Brandenburg (Foto: picture-alliance/dpa-Zentralbild/R. Hirschberger)
Ein US-Militärkonvoi unterwegs in Brandenburg (Archivfoto)Bild: picture-alliance/dpa-Zentralbild/R. Hirschberger

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt sich zurückhaltend zu Gedankenspielen der US-Regierung, Tausende Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Es gebe dazu keine offizielle Bestätigung der amerikanischen Stellen, sagte sie in Berlin. Die Bundesregierung habe von derartigen Überlegungen nur aus der Presse erfahren. Kramp-Karrenbauer betonte, die in Deutschland stationierten US-Truppen dienten auch der Sicherheit der Vereinigten Staaten im Rahmen des NATO-Bündnisses und spielten dabei eine wichtige Rolle. Mehr sei zu dem Thema derzeit nicht zu sagen, ergänzte die CDU-Vorsitzende nach einer Videokonferenz des Präsidiums ihrer Partei.

Nach Informationen aus der US-Regierung hat Präsident Donald Trump angeordnet, dass 9500 der in Deutschland stationierten rund 34.500 US-Soldaten bis September abgezogen werden. Ein Teil von ihnen werde nach Polen und in andere Staaten von Verbündeten verlegt, ein anderer Teil kehre in die USA zurück, hatte ein Regierungsmitarbeiter gesagt. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat die Bundesregierung trotz Anfragen auf verschiedenen diplomatischen Wegen keine Antwort von der US-Regierung erhalten, ob die Berichte zutreffen. "Dies deutet auf eine kontroverse Diskussion innerhalb der US-Regierung hin", hieß es im Kabinett. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, dass die Bundesregierung "unbestätigte Berichte" nicht kommentiere.

Regierungssprecher Steffen Seibert will "unbestätigte Berichte" nicht kommentierenBild: picture-alliance/dpa/C. Soeder

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, sprach von einem deutlich gestörten deutsch-amerikanischen Verhältnis. "Bei einer Scheidung sind wir noch nicht. Aber wir sind schon bei einer deutlich schlechteren Qualität des Miteinanders als früher." Ein Teilabzug sei weder im deutschen, noch europäischen noch amerikanischen Interesse. Der Westen stehe in einem Wettbewerb mit China. "Das westliche Bündnis hat aber nur eine starke Zukunft, wenn es zusammensteht." Ähnlich kritisch hatten sich bereits am Wochenende Politiker aus Unionsparteien, SPD, FDP und den Grünen geäußert.

Beyer: Zweifel an Bündnisverlässlichkeit der USA

Allein die Ankündigung eines Abzugs sei von großer Symbolkraft, weil sie Zweifel an der Bündnisverlässlichkeit des wichtigsten NATO-Landes aufkommen lasse, sagte Beyer. Er rate dem NATO-Partner Polen, nicht über eine mögliche Verlegung von US-Soldaten nach Osten zu "frohlocken". Hintergrund sind Äußerungen aus Polen, dass man sich über eine Verlagerung von US-Soldaten aus Deutschland nach Polen freuen würde.

Die US-Airbase Ramstein in Rheinland-PfalzBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Stoltenberg will schweigen, redet dann aber doch 

Unterdessen meldete sich auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Wort. In einer Online-Debatte betonte Stoltenberg, er könne Spekulationen niemals kommentieren. Er könne nur sagen, dass man mit den USA und allen anderen Alliierten ständig über die Militärpräsenz in Europa berate. Stoltenberg wies zudem darauf hin, dass die USA ihre Präsenz auf dem Kontinent zuletzt sogar wieder ausgebaut hatten. So gebe es mehr rotierende Truppen in den baltischen Staaten und in Rumänien sowie mehr US-Präsenz auf der spanischen Marinebasis Rota und in Norwegen. Zudem hätten die USA unter anderem die Führung der NATO-Kampftruppe in Polen übernommen. "Europäische Alliierte und die Vereinigten Staaten machen derzeit mehr zusammen als in vielen Jahren davor", so Stoltenbergs Resümee.

sti/uh (afp, dpa, rtr)

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