Berggruen übernimmt Karstadt
8. Juni 2010"Wir werden mit Nicolas Berggruen einen notariellen Vertrag schließen", bestätigte der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg am Montagabend (07.06.2010) in Essen die Entscheidung der Gläubiger zugunsten von Berggruen. Um die Gunst der Karstadt-Gläubiger hatten noch drei weitere Bieter gebuhlt: Neben Bergruen auch das Konsortium Highstreet um die US-Bank Goldman Sachs sowie die deutsch-schwedische Beteiligungsgesellschaft Triton.
Gewerkschaft auf der Seite des Siegers
Die Gewerkschaft Verdi hatte angekündigt, sich bei den Beratungen in dem elfköpfigen Gläubiger-Ausschuss für Berggruen auszusprechen. Verdi war mit einer Stimme in dem Gremium vertreten. Für eine Entscheidung war mindestens eine einfache Mehrheit von sechs Stimmen notwendig. Neben Verdi saßen in dem Gremium auch der Betriebsrat sowie Vertreter der anderen Gläubigergruppen wie etwa der Vermieter. Berggruen erhielt schließlich neun der insgesamt elf Stimmen.
Eine Verdi-Sprecherin begründete die Entscheidung mit dem von Berggruen vorgelegten Konzept, das keine Einschnitte bei den rund 25.000 Karstadt-Beschäftigten vorsieht. Berggruen hatte lediglich Mietsenkungen für die 120 Warenhaus-Standorte gefordert. Highstreet und Triton hatten dagegen auch weitere Zugeständnisse der Belegschaft verlangt.
Langfristige Interessen
Nicolas Berggruen ist der Sohn des während der Nazi-Diktatur emigrierten Berliner Kunstsammlers und Mäzens Heinz Berggruen. In den USA wird Nicolas Berggruen als Obdachloser geführt. Der 48-jährige Milliardär (Vermögen laut "Forbes"-Liste 1,8 Milliarden Dollar) verkaufte schon vor Jahren seine Luxuswohnungen in New York, London und Los Angeles. Seither lebt er in Hotels rund um die Welt, allenfalls noch in seinem Flugzeug. Weltweit investiert er in Immobilien und andere Branchen wie etwa erneuerbare Energien - und legt dabei eigenen Angaben zufolge Wert auf langfristige Engagements. Für sein Angebot hatte Berggruen sich als industriellen Partner den weltweit aktiven Textilunternehmer Max Azria ins Boot geholt. Bereits Ende 2007 hatte Berggruen wesentliche Teile des in die Insolvenz gegangenen Möbelherstellers Schieder aus Westfalen übernommen und fortgeführt.
Das Highstreet-Konsortium ist bei zahlreichen Immobilien Vermieter von Karstadt. Der ehemalige Chef der Karstadt-Konzernmutter Arcandor, Thomas Middelhoff, hatte dem Konsortium rund zwei Drittel der 120 Karstadt-Warenhausgebäude verkauft. Mit den Verkaufserlösen hatte Karstadt Schulden abgebaut. Jedoch sind die durch den Verkauf nötig gewordenen Mietzahlungen ein Grund für die Insolvenz der Kette.
Wie geht es weiter?
Nach den bisherigen Planungen soll Berggruen bis spätestens Mittwoch den Kaufvertrag für die Übernahme der Warenhaus-Kette unterschreiben. Einen Tag später soll das Essener Amtsgericht über den Insolvenzplan entscheiden. Falls der Insolvenzplan nicht in Kraft tritt, droht dem Traditionsunternehmen Karstadt nach 129 Jahren die Zerschlagung.
Autor: Martin Schrader (dpa, rtr)
Redaktion: Eleonore Uhlich