"Berlin Alexanderplatz"
15. Juli 2010Berlin in den ausgehenden 1920er Jahren. Franz Biberkopf, ein Arbeiter, hat mehrere Jahre im Zuchthaus verbracht. Er hat im Affekt seine Geliebte erschlagen, jetzt ist die Haftzeit vorbei und das Gefängnis spuckt Biberkopf zurück in die Straßen Berlins. Hier findet sich der Ex-Häftling kaum mehr zurecht. Dabei will der Mann nur eines: ein guter, ein ehrlicher Mensch werden. Franz Biberkopf wird scheitern, ganz so, wie die Demokratie in Deutschland kurze Zeit später ebenfalls scheitern wird.
Berlin aus Münchner Studios
Gewaltige 13 Millionen D-Mark hatte der Fernseh-Mehrteiler "Berlin Alexanderplatz" 1980 gekostet. Fassbinder, für den Alfred Döblins Text immer ein Schlüsselroman gewesen war, schrieb 13 einstündige Folgen plus Epilog. Fast 100 Schauspieler, darunter Günter Lamprecht, Gottfried John, Brigitte Mira und natürlich seine Muse Hanna Schygulla, wurden engagiert. Fassbinder drehte ausschließlich in der Münchner Bavaria, keine einzige Szene wurde je in Berlin inszeniert.
"Berlin Alexanderplatz" wird weltweit als Meisterwerk gefeiert, manchmal, wie in New York oder während der Berlinale beispielsweise, gibt es Kinovorführungen des kompletten Werks. Aber in Deutschland scheiterte die Serie bei der Erstausstrahlung im Fernsehen zunächst spektakulär. Kritiker wie Publikum beschwerten sich über die "zu dunklen Bilder", etwas mehr Action und Tempo vermisste man auch. Wieder einmal war Rainer Werner Fassbinder künstlerisch seiner Zeit weit voraus, zu weit voraus für biedere, nette Unterhaltungsfilmchen gewohnte Zuschauer.
Menschliche Tragödie in 13 Folgen
Ein fünfzehneinhalbstündiges Serienmonster, das ist "Berlin Alexanderplatz". Der Zuschauer wird in eine packende, menschliche Tragödie hineingesogen, atemlos folgt man der Odyssee des Franz Biberkopf durch die damalige Zeit. Es wird klar, was für ein überragender Stilist und Künstler Rainer Werner Fassbinder doch war. "Berlin Alexanderplatz" ist sein Vermächtnis.
Autor: Robert Bales
Redaktion: Jochen Kürten