1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Berlin: Deutsche sollen den Iran verlassen

3. November 2022

Das Auswärtige Amt fordert deutsche Staatsbürger auf, den Iran zu verlassen. Es drohten willkürliche Festnahmen und lange Haftstrafen. Eine besondere Warnung betrifft diejenigen mit doppelter Staatsangehörigkeit.

Bereitschaftspolizei-Pickup im Verkehr, auf der Ladefläche ein Polizist
Mit massiver Polizeipräsenz - hier in der Hauptstadt Teheran - versucht die Staatsführung, Proteste im Keim zu ersticken (Archivbild) Bild: Wana News Agency via REUTERS

Angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen die systemkritischen Proteste im Iran hat die Bundesregierung deutsche Staatsbürger ein weiteres Mal zur Ausreise aus dem Land aufgefordert. "Für deutsche Staatsangehörige besteht die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden", heißt es auf der Internetseite des Auswärtigen Amts (AA) in Berlin. "Vor allem Doppelstaater, die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet", warnt die Behörde. In jüngster Vergangenheit habe es eine Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger gegeben.

Proteste und Menschenansammlungen meiden

Wer sich noch in dem Land aufhalte, solle sich sehr umsichtig verhalten. Demonstrationen und Menschenansammlungen sollten großräumig gemieden werden. Kommunikationsdienste seien weitgehend eingeschränkt, dies sei auch künftig zu erwarten, so das AA.

Fast täglich gibt es Proteste - hier Ende Oktober in der kurdisch geprägten Stadt Mahabad in der Provinz West-Aserbaidschan Bild: SalamPix/abaca/picture alliance

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begründete die Aufforderung auch damit, dass man seit Wochen erlebe, "mit welcher brutalen Gewalt" das iranische Regime gegenüber seinen eigenen Staatsbürgern vorgehe, "wie es auf seine Jugend, auf seine Gesellschaft einprügelt, Menschen dabei zu Tode kommen".

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Teheran seien von dem Aufruf nicht betroffen. Die diplomatische Vertretung setze ihre Arbeit im Land fort.

Hoher geistlicher Würdenträger erschossen

Die regierungskritischen Kundgebungen dauern derweil an. In Karadsch im Westen der Hauptstadt Teheran gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, wie im Internet verbreitete Videos zeigen. In der Stadt Sahedan wurde nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA das geistliche Oberhaupt einer schiitischen Moschee erschossen. "Eine Sondereinheit wurde gebildet, um die Täter zu identifizieren und zu verhaften", sagte der Polizeikommandant der Provinz Sistan-Balutschistan, Ahmad Taheri.

In Sahedan hatte es in den vergangenen Wochen schwere Zusammenstöße von Sicherheitskräften und Demonstranten gegeben. Nach Angaben von Amnesty International töteten Sicherheitskräfte dort am im September mindestens 66 Menschen. Sahedan ist mehrheitlich von Sunniten geprägt, während Schiiten landesweit die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung stellen. Ein hochrangiger sunnitischer Geistlicher hatte das Vorgehen gegen Demonstranten kritisiert und erklärt, Verantwortliche des Staates und das geistliche Oberhaupt Irans, Ajatollah Ali Chamenei, würden sich dafür vor Gott verantworten müssen.

 Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat, hatte die Proteste kürzlich als "hybriden Krieg" bezeichnet und "heimtückische und böswillige europäische Mächte" dafür verantwortlich gemacht.

Ajatollah Ali Chamenei vor Kommandeuren der Revolutionsgarden, einer Eliteeinheit der Streitkräfte (Archivbild) Bild: khamenei.ir

Auslöser der Demonstrationen, die die Regierung oftmals mit großer Brutalität niederschlagen lässt, war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie war am 16. September in einem Krankenhaus für tot erklärt worden, nachdem die sogenannte Sittenpolizei sie einige Tage zuvor festgenommen hatte. Seither protestieren Zehntausende von Menschen im Iran gegen die repressive Politik und den autoritären Kurs der Islamischen Republik. Mehr als 280 Menschen wurden nach Angaben von Menschenrechtlern bisher getötet, mehr als 14.000 festgenommen.

se/fab/jj (dpa, rtr, afp, AA)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen