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Berlin und Co.: Demos gegen rechts in Deutschland

Marco Müller
2. Februar 2025

Ein Wochenende mit vielen Demonstrationen geht zu Ende. Protestiert wurde gegen die Migrationspläne von CDU/CSU - und gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD.

Die breite Straße zum Brandenburger Tor hin ist voll von Menschen, viele tragen Transparente
Volle Straßen: Rund 160.000 Menschen haben am Sonntag in Berlin demonstriertBild: Annegret Hilse/Reuters

Am Sonntag haben in Berlin nach Schätzungen der Polizei rund 160.000 Menschen unter dem Motto "Aufstand der Anständigen - Demo für die Brandmauer" protestiert. Die Veranstalter sprechen gar von bis zu 250.000 Teilnehmern. Aufgerufen zu der Demonstration hatte die Kampagnen-Organisation Campact, die unter anderem von Fridays for Future und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützt wurde. Mit "Brandmauer" ist eine Trennlinie gemeint, mit der sich andere Parteien von der in Teilen rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) abgrenzen. Es soll verhindert werden, dass andere Parteien mit der AfD zusammenarbeiten oder gar gemeinsam abstimmen.

Hintergrund der Proteste war ein Antrag der konservativen Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) unter ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz und ihrer bayerischen Schwesterpartei Christlich-Soziale Union (CSU) am vergangenen Mittwoch im Deutschen Bundestag für eine drastische Verschärfung der Asylpolitik gewesen, der nur mit den Stimmen der AfD durchkam. Am Freitag ist ein dahingehendes Gesetz, das CDU/CSU eingebracht hatten, im Bundestag gescheitert. Die AfD hatte geschlossen dafür gestimmt, aber nicht alle Abgeordneten von CDU/CSU und von der liberalen Freien Demokratischen Partei (FDP)

Die Spitze des Demonstrationszugs in Berlin mit einer klaren BotschaftBild: Christian Mang/Reuters

"Unentschuldbarer Fehler"

Bei der Auftaktkundgebung der Demonstration in Berlin sprach der jüdische Publizist Michel Friedman, der wegen der jüngsten Ereignisse aus der CDU ausgetreten ist. Er bezeichnete die AfD als "Partei des Hasses" und die gemeinsame Abstimmung von CDU/CSU mit der AfD als "unentschuldbaren Fehler".

Prominenter CDU-Austreter: Michel Friedman bei der Demonstration gegen AfD-ZusammenarbeitBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Vom Reichstagsgebäude, in dem sich der Deutsche Bundestag befindet, zogen die Teilnehmer in Berlin am Sonntagnachmittag zum Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Parteizentrale. Die Demonstranten trieb die Sorge vor einem Rechtsruck in Deutschland um. Eine Demonstrantin sagte der Deutschen Welle: "Ich denke, es ist sehr, sehr wichtig, dass man Friedrich Merz, der CDU und der FDP - also durchaus den Parteien einer demokratischen Mitte - klarmacht, dass sie gerade dabei sind, die demokratische Mitte zu verlassen." Wenn dies den Parteien nicht bewusst sei, müsse man es ihnen bewusst machen. 

"Ich bin Italienerin und weiß, was passiert"

Eine junge Frau sagte der Deutschen Welle, sie müsse an dem Protest teilnehmen, weil sie Italienerin sei und wisse, "was passiert, leider nicht nur in Italien, sondern überall auf der Welt, wenn die extreme Rechte zunimmt". Sie halte es für gefährlich, wenn die CDU den Aufstieg der Rechten unterstütze. Ein anderer Demonstrant sagte: "Ich denke, es ist wichtig zu protestieren, solange wir noch das Recht dazu haben. Und wir sollten nicht vergessen, dass wir uns für eine bessere Zukunft an die Vergangenheit und die damaligen Ereignisse erinnern." Damit spielt er auf das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte, die Zeit der Nationalsozialisten, an, die in den Zweiten Weltkrieg mit Millionen Toten mündete.

Abschlusskundgebung vor der CDU-ZentraleBild: dts-Agentur/picture alliance

DW-Reporter Alexander Gerst hat die Demonstration in Berlin begleitet. Von Kindern bis Senioren sei jedes Alter vertreten gewesen. Die Demo habe er als laut, aber friedlich erlebt. "Ich habe nur einmal gesehen, wie ein CDU-Wahlplakat abgerissen wurde." Ansonsten habe er keine Sachbeschädigungen, geschweige denn körperliche Angriffe wahrgenommen. Bis direkt zum Konrad-Adenauer-Haus, wo die Abschlusskundgebung stattfand, konnten die Demonstranten nicht vordringen. "Da gab es weiträumige Absperrungen und bei der CDU-Zentrale sah auch alles dunkel aus", so DW-Reporter Gerst.

"Fritz, hör auf Mutti" - "Mutti sagt Nein!"

Bei der Demonstration in Berlin war auf einem Transparent zu lesen "Fritz, hör auf Mutti", auf einem anderen "Mutti sagt Nein!". Fritz ist die eine Kurzform von Friedrich. Gemeint ist der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Und "Mutti" ist der nicht selbst gewählte Spitzname von Angela Merkel, die früher CDU-Vorsitzende und von 2005 bis 2021 Bundeskanzlerin war. Merkel und Merz hatten nie ein inniges Verhältnis. Überraschend war es dennoch, dass die ehemals führende Christdemokratin in einer schriftlichen Stellungname am Donnerstag das Vorgehen der Merz-CDU für falsch erklärte, bei der Verschärfung der Migrationspolitik auch auf Stimmen der AfD zu setzen.

Angela Merkel fand es nicht richtig, sich bei der Abstimmung auf die Stimmen der AfD zu stützenBild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance

Denn die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar steht bevor, alle Parteien befinden sich im Wahlkampf und die CDU möchte mit Merz den nächsten Kanzler stellen. Da ist eine öffentliche Rüge der Ex-Kanzlerin und Ex-CDU-Vorsitzenden für den Wahlkampf nicht förderlich.

Demonstrationen im ganzen Land

Die Demonstration in Berlin war die größte, aber nicht die einzige. In Regensburg waren am Sonntag nach Angaben der Polizei rund 20.000 Menschen gegen Rassismus und die Asylpolitik der CDU/CSU auf die Straße gegangen. In vielen anderen Städten gab es ebenfalls Proteste. Auch am Samstag hatte es bereits größere Demonstrationen gegen rechts gegeben. In Hamburg sind zwischen 65.000 und 80.000 Menschen auf die Straße gegangen, in Köln und Stuttgart nach Angaben der Organisatoren fast 45.000 Menschen. 

Weitere Demonstrationen wurden angekündigt. Die Initiativen "Zusammen gegen rechts" und "Fridays for Future" haben für Montagvormittag zu einer Kundgebung in Berlin anlässlich des CDU-Parteitags aufgerufen, der ebenfalls in der Hauptstadt stattfindet. Dort will die CDU ungeachtet der Proteste ein "Sofortprogramm" mit den Migrationsplänen von Friedrich Merz beschließen, die unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Geflüchteten ohne Einreisepapiere an der Grenze beinhalten. Noch ist nicht klar, wie die CDU-Delegierten abstimmen und ob es Kritik an Merz und seinem Kurs geben wird.

Der Artikel wurde am 06.Februar 2025 um die Angabe zum Veranstalter der Demonstrationen ergänzt. 

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